So funktioniert Apples Design-Pinzip

Lily Kollé auf der Next in Hamburg. (Foto: Next)
Als „idealen Pfad“ bezeichnet die Designerin Lily Kollé auf der Next-Konferenz in Hamburg den Prozess zum perfekten Design für die beste User Experience: Der ideale Pfad ist der geringstmögliche Aufwand, den ein Nutzer aufwenden muss, um an sein Ziel zu gelangen. Diesem Prinzip folgt nicht nur Apple-Chefdesigner Jony Ive, es ist auch das erklärte Ziel seines deutschen Vorbilds Dieter Rams, der als Industriedesigner lange für den Elektrogeräte-Hersteller Braun gearbeitet hat.
Den Kernnutzen feststellen
Beide verfolgten beim Designen einen minimalistischen Ansatz. „Einfachheit beschreibt auf gewisse Art den Zweck und den Ort eines Objekts und Produkts“, hat Ive mal gesagt. Beim Produktdesign sollte die erste Frage im Mittelpunkt stehen: Was will der Nutzer am Ende erreichen – und wie erreicht er es auf dem einfachsten Weg?
„Es geht immer darum, den Kernnutzen festzustellen“, sagt Kollé auf der Next. „Beim iPod war der Kernnutzen, aus 1.000 Songs auszuwählen. Egal, um welches Produkt es sich handelt, für welche Firma du arbeitest oder was bereits existiert: Es geht immer darum, den Kernnutzen zu identifizieren.“ Klingt in der Theorie natürlich leichter, als es in der Praxis ist.
Ein anschauliches Beispiel ist das Ziel, Informationen zu finden. Früher war der Ort dafür die Bibliothek. Doch das Durchstöbern von Bibliothekskatalogen und Heraussuchen von Büchern ist mühsam – ganz zu schweigen vom physischen Besuch der Bibliothek. Ein direkterer Weg zu Informationen führt heute über Suchmaschinen wie Google. Technologie hat den Pfad zu dem Ziel, Informationen zu finden, deutlich vereinfacht.
Doch ist das schon der „ideale Pfad“? „Noch tippen wir in eine Box, was wir suchen – in Zukunft sprechen wir vielleicht einfach mit Computern“, sagt Kollé. Das würde den Weg zur Information noch mehr vereinfachen, die Technologie würde noch weiter in den Hintergrund rücken und damit zunehmend unsichtbar werden.
Unwichtiges weglassen und Wichtiges betonen
Das wäre ganz im Sinne des zweiten Prinzips des Minimalismus im Design. Laut Kollé geht es dabei darum, das Unwichtige wegzulassen, um das Wichtige zu betonen – ein Design-Prinzip, das bereits Rams gepredigt hat. Keine Angst vor dem Weißraum also!
Als drittes Prinzip nennt Kollé das Motto „Ohne Nachdenken.“ Der japanische Industriedesigner Naoto Fukasawa sagt: „Das beste Design löst sich im Verhalten auf“ – gutes Produktdesign funktioniert also dann am besten, wenn der Nutzer so wenig wie möglich darüber nachdenken muss, wie er das Produkt nutzt, und es einfach intuitiv tut. Bereits in den „10 Thesen von Dieter Rams über gutes Produktdesign“ von 1995 heißt es: „Gutes Design ist so wenig Design wie möglich.“
Die Gefahren des Minimalismus
Kollé formuliert dieses Prinzip so: „Technik unterstützt uns, indem sie in den Hintergrund tritt und uns nicht im Weg steht.“ Wer diese Design-Prinzipien verinnerlicht hat, versteht beispielsweise auch, warum das Weglassen von Funktionen eines der großen Verkaufsargumente für Apple-Produkte ist.
Doch ist strikter Minimalismus wirklich in jedem Fall der Königsweg zu gutem Design, das Menschen glücklich macht? „Was ist mit dem Longtail?“, will ein Mann aus dem Publikum in Hamburg beispielsweise wissen und meint Nutzer, die nicht unbedingt das wollen, was alle wollen.
Ein anderer Zuhörer fragt, ob uns mit der Reduzierung auf Minimalismus nicht auch vieles verloren geht. „In der Bibliothek bin ich auch auf Bücher gestoßen, die ich vielleicht gar nicht gesucht habe“, gibt er zu bedenken. Wenn nun beispielsweise Google zunehmend schon weiß, was wir suchen, basierend auf Verhalten der Vergangenheit – droht nicht, dass wir Wege und Informationen links und rechts unserer gewohnten Wege gar nicht mehr zu Gesicht bekommen?
Minimalismus ist eine Stilrichtung im Design.
Apple, Braun, etc… hat in dem Sinne nichts mit Minimalismus zu tun.
Auch ist Minimalismus != Einfachheit. Nur mal so ein Denkansatz – dafür muss man aber die Begriffe richtig interpretieren.