Lernen vom Design-Urgestein: Warum die 10 Prinzipien des Dieter Rams auch für Apps gelten

Dieter Rams. (Foto: Fastcodesign)
Dieter Rams: Der Mann, der Apple inspirierte
Wenn so etwas wie eine deutsche Design-Ikone gibt, ist es wohl Dieter Rams. 1932 in Wiesbaden geboren, zählt der heute 82-Jährige zu den wohl einflussreichsten Industriedesignern der Welt. Auf ihn gehen die Mitte bis Ende der 90er-Jahre sehr populären Produkte des Elektronikherstellers Braun zurück, dessen Designabteilung er von 1965 bis 1991 leitete. Dazu gehörten unter anderem Plattenspieler, später aber auch Rasierapparate und Möbel.

Es ist belegt, dass sowohl Apple-Gründer Steve Jobs als auch Jony Ive die Designs von Dieter Rams für ihre Produkte adaptiert haben. (Foto: Apple)
Vor allem Apple, der Firma, über die Rams einmal sagte, sie gehöre zu denen, deren Ernsthaftigkeit für gutes Design man an zehn Fingern abzählen könne, wird eine große Vorliebe für die Designformen des Deutschen nachgesagt. So ist belegt, dass sich Apples Design-Chef Jony Ive bei der Gestaltung des iPhones maßgeblich von Rams hat inspirieren lassen. Aus den Kriterien wie der Klarheit der Form, Materialgerechtigkeit und einfacher Bedienbarkeit leiten sich die zehn Design-Prinzipien von Dieter Rams ab.
Was Rams‘ Design-Prinzipien für Apps bedeuten
Wie aber lassen sich diese zehn Gebote auch auf Webdesign und die Gestaltung von Apps übertragen? Antworten darauf hat der Design-Berater Jeremy Santy parat. Er hat schon Apps im Auftrag von Apple und Microsoft entwickelt und auf seinem Blog jetzt erklärt, warum Rams‘ Prinzipien auch für App-Designer gelten.
„Gutes Design für Apps …“
… ist innovativ
Für Santy bedeutet das stellvertretend für alle Webdesigner: Das Design einer App sollte immer einzigartig sein, aber niemals dem Selbstzweck dienen. Es gehe immer einher mit der Optimierung mobiler Technologien und Kapazitäten.
… macht ein Produkt brauchbar
Eine App gut zu gestalten, bedeutet für Santy, sie „unter Berücksichtigung funktionaler, psychologischer und ästhetischer Kriterien für den Nutzer brauchbar“ zu machen. Weil es nach Rams‘ Philosophie vor allem um die Klarheit von Formen geht, sollen alle Elemente, die nichts zum Nutzen eines Produkts beitragen, weggelassen werden.
… ist ästhetisch
Im Unterschied zu einer Bohrmaschine (Es sei denn, ihr seid Handwerker) nutzen wir Apps jeden Tag. Entsprechend hoch sind auch die gestalterischen Ansprüche von Nutzern an eine App. Nach Meinung von Santy ist die Ästhetik einer App ein integraler Bestandteil, um sie überhaupt brauchbar zu machen. Gutes Design wirkt sich Santy zufolge äußerst positiv auf das Wohlbefinden der Nutzer aus.
… macht ein Produkt verständlich
Was für die von Rams gestalteten Rasierapparate gilt, gilt laut Santy auch für Apps: Sie sollten selbsterklärend sein – und zwar in ihrer Funktion genauso wie hinsichtlich der Struktur. Das heißt konkret: Wer Nutzer für das Onboarding nach der Installation einer App zunächst mit vorgeschalteten Infoscreens konfrontieren muss, sollte besser noch mal über das Design nachdenken.
… wirkt nicht aufdringlich
Apps, die ihren Zweck erfüllen, sind nach Ansicht von Santy wie „schöne Werkzeuge“. Sie sehen gut aus und haben eine klare Funktion, ohne jedoch zu viel Aufmerksamkeit zu erregen.
… ist ehrlich
Eine gut designte App steht einerseits zu der Funktion, die sie hat, andererseits aber auch zu dem Versprechen, das sie einem Nutzer gegenüber abgibt. Santy sagt: Gestaltet eure Apps nicht so, dass sie innovativer, stärker oder wertvoller aussieht, als sie es unter der Haube wirklich ist.
… ist langlebig
Ja, auch das müssen sich Webdesigner getreu dem Mantra von Dieter Rams hinter die Ohren schreiben: Design ist nur dann wirklich gut, wenn es langlebig ist. Im Klartext: Wer auf jeden neuen Design-Trend aufspringt, muss seine App ständigen Veränderungen unterwerfen. Santy sagt deshalb: Fokussiert euch auf ein zeitloses Design vor allem hinsichtlich Typographie und Farbgebung.
… versprüht Liebe zum Detail
Das heißt: Man merkt der gesamten Benutzeroberfläche an, dass sie von vorne bis hinten echte Handarbeit ist. Es reicht nicht, nur einen Teil einer App – beispielsweise für die Bewerbung im App-Store – auf schön zu trimmen. Sowohl Design als auch Funktion müssen in jeder Hinsicht aufeinander abgestimmt sein. Das Ergebnis ist Santy zufolge eine „angenehme und intuitive User-Experience“.
… schont die (visuelle) Umwelt
Nach Meinung von Santy kann auch App-Design eine „umweltschonende“ Wirkung haben – dann nämlich, wenn Designer Wert darauf legen, die Anwendung möglichst schlank und unter dem Einsatz möglichst weniger Ressourcen zu entwickeln. „Design to conserve resources and minimize visual pollution throughout the lifecycle of the app“, schreibt Santy. Darüber hinaus sollten Designer bei der Gestaltung von Apps immer auch den Kontext berücksichtigen, in dem sie später eingesetzt werden.
… ist so wenig Design wie möglich
Weniger ist mehr, das gilt auch für die Gestaltung von Apps. Warum? Weil sich extrem gutes Design auf das Wesentliche konzentriert und auf unnötigen Ballast verzichtet. Der Appell von Santy: „Back to purity, back to simplicity.“
Und welche Prinzipien verfolgt ihr beim Gestalten von Apps?
Der iPod wurde nach dem Vorbild von Rams Taschenradio entworfen. Nicht das iPhone ;)
„[Apple] gehöre zu denen, deren Ernsthaftigkeit für gutes Design man an zehn Fingern abzählen“ kann? Das liest dich in der Quelle aber *ganz* anders. :-o
„Die Firmen, die Design wirklich ernst nehmen, können Sie an zehn Fingern abzählen. Apple gehört dazu.“