Apple vs. Epic: Darum ist der iPhone-Konzern so zufrieden
30 Tage hat der Prozess im Fall Epic gegen Apple um Bezahlfunktionen im App-Store gedauert. Das Urteil lässt sich durchaus als Teilerfolg für Epic werten, doch als eigentlichen Gewinner sieht sich Apple.
Nicht nur muss Epic Schadenersatz an den iPhone-Konzern zahlen, sondern das Geschäftsmodell Apples blieb in weiten Teilen unberührt. Daher überrascht es wenig, dass Epic bereits angekündigt hat, in Berufung zu gehen. Apple hingegen sieht sich – zumindest öffentlich – als klaren Gewinner. t3n hatte die exklusive Möglichkeit, sich diesen Standpunkt erklären zu lassen.
Im Gespräch mit t3n weist der Konzern darauf hin, dass fast alles, was Apple behauptet habe, vom Gericht bestätigt wurde. Das Gericht habe entschieden, dass iOS kein alleinstehender Markt sei. Es handele sich um einen digitalen und mobilen Markt, in dem Apple keine dominante Position habe. Man würde nicht wie ein Monopolist agieren. Außerdem habe das Gericht entschieden, dass Epic gegenüber Apple vertragsbrüchig geworden sei und Apple das Recht hatte, Fortnite aufgrund dieses Vertragsbruchs aus dem App-Store zu entfernen. Wenn man sich die zehn relevanten Punkte ansehen würde, habe das Gericht in neun davon im Sinne von Apple entschieden.
Laut Apple habe die Richterin – wie die Länge des Urteils von 185 Seiten zeige – jeden der Punkte im Detail betrachtet. Das ist durchaus sinnvoll von der Richterin gewesen, denn auf diese Weise stellt sie sicher, dass ihre Entscheidungen in einer möglichen Berufung nicht gekippt werden. Sie hätte nach Ansicht von Apple beide Seiten betrachtet und sei erst dann zu ihren Ergebnissen gekommen.
Apple gegen Epic: Fortnite-Entwickler scheitert mit Monopolvorwurf
Im Prozess, den Fortnite-Entwickler Epic angestrebt hatte, ging es nicht nur um Apples Kontrolle des eigenen App-Stores, sondern auch darum, ob der iPhone-Konzern damit ein Monopol hat. Richterin Yvonne Gonzalez Rogers entschied fast in allen Punkten für Apple.
Im 185 Seiten umfassenden Urteil in der Sache Epic gegen Apple erklärt die Richterin, dass es sich bei Apples App-Store nicht um ein Monopol handelt und „Apple nicht für seinen Erfolg bestraft werden sollte“. Zwar hat das Gericht verfügt, dass Apple Entwicklern die Möglichkeit geben muss, auf alternative Zahlungsoptionen in Apps hinzuweisen, aber das Geschäftsmodell bleibt bestehen.
In Hinblick auf den Punkt, in dem die Richterin im Sinne von Epic entschieden habe, gehe es laut Apple in erster Linie darum, dass ein kleiner Part der App-Store-Review-Guidelines gestrichen werden müsse. Allerdings habe die Richterin nicht gesagt, was Apple diesbezüglich genau tun darf. Sie habe richtigerweise darauf hingewiesen, dass es nicht die Aufgabe eines Gerichts ist, zu micromanagen und einem Unternehmen vorzuschreiben, wie es bestimmte Dinge umzusetzen hat.
Daran müsse man jetzt arbeiten und verstehen, wie man die Vorgaben für Entwickler am besten umsetzen könne. Apple verfolge das Ziel, dass der App-Store Nutzer in jeder Hinsicht schützt und fair für Entwickler ist. Das Unternehmen zeigte sich gegenüber t3n besorgt, dass mehrere Millionen Apps die Nutzer einfach irgendwohin leiten können, um für Dienste außerhalb des App-Stores zu bezahlen. Man könne dann nicht sicher stellen, dass das für die Nutzer sicher ist. Es sei nicht Apples Job, das Internet zu überwachen. Man sei aber besorgt, dass die eigenen Nutzer Opfer von Betrug oder Datendiebstahl werden könnten, so Apple.
Auf den ersten Blick ein großer Sieg für Apple
Laut Apple habe das Urteil nur einen Satz in den App-Store-Review-Guidelines gestrichen. In Cupertino hofft man, dass das keine großen Auswirkungen auf das eigene Geschäft habe, aber man müsse das Ganze so kurz nach dem Prozess noch im Detail evaluieren. Die Konsequenzen seien wahrscheinlich vergleichbar zu einer Einigung, die Apple kurz zuvor bezüglich Reader-Apps mit der Japan Federal Trade Commission (JFTC) getroffen hatte, sodass sich der Aufwand, die Auflagen aus dem Epic-Urteil umzusetzen, tatsächlich in Grenzen halten werden, denn möchte ein Entwickler auch externe Zahlmethoden anbieten, müssen diese auch extern abgewickelt werden – und eben nicht in der entsprechenden App selbst. Entsprechend äußerte sich Apple gegenüber t3n auch. In Cupertino habe man schon vor dem Prozess gewusst, dass der App-Store nicht gegen Kartellrecht verstoße.
Einer der wohl wichtigsten Punkte im Urteil dürfte für Apple die Feststellung der Richterin sein, dass der iOS-App-Store kein eigener Markt ist, auf dem Apple ein hundertprozentiges Monopol ausübt. Laut der Richterin treten Epic-Apps auf dem Markt für digitale Transaktionen in mobilen Spielen gegen die Konkurrenz an – und das ist ein Bereich, der auch die Android-Plattform von Google umfasst.
Das Gericht zeigte sich auch nicht überzeugt von den Anschuldigungen seitens Epic, dass Apple seine Nutzer mit Regeln und Diensten wie iMessage bindet. Laut Gonzales Rogers scheinen Nutzer aufgrund hoher Zufriedenheit freiwillig im Apple-Kosmos zu bleiben und nicht zu Android zu wechseln.
Mehr eine Niederlage für Epic als ein Sieg für Apple
In ihrem Urteil schreibt Gonzales Rogers: „Das Gericht kann nicht zu dem Schluss kommen, dass Apple ein Monopol hat. Das Gericht schließt allerdings nicht aus, dass es unmöglich wäre, das zu beweisen – nur dass es Epic nicht gelungen ist, zu beweisen, dass Apple ein illegales Monopol ausübt.“ Die Richterin macht also deutlich, dass ihre Entscheidung ausschließlich auf den durch Epic erbrachten Beweisen basiert. Apple wertet das als Gewinn. Auf der anderen Seite könnte man aber auch argumentieren, dass die Richterin damit Tür und Tor für künftige kartellrechtliche Klagen öffnet.
Die Wahrheit liegt wahrscheinlich genau in der Mitte. Es ist klug von der Richterin gewesen, in ihrem Urteil darauf hinzuweisen, dass sich ihre Entscheidungen auf die Anschuldigungen durch Epic beschränken, denn sie wird sich bewusst gewesen sein, dass es durchaus weitere Verfahren geben könnte. Hätte sie darüber hinaus Erklärungen abgegeben, könnte man ihr in künftigen Verfahren den Vorwurf machen, dass sie voreingenommen ist.
Kritik äußerte Gonzales Rodgers an der Provision von 30 Prozent, die Apple von großen Entwicklern einzieht. Sie spricht von „extrem hohen“ Margen, die zeigen, dass Apple „eine große Marktmacht“ ausübt. Wer diese Sätze im Urteil liest und frühere kartellrechtliche Verfahren verfolgt hat, weiß, dass der Vorwurf „großer Marktmacht“ einem angeklagten Unternehmen durchaus gefährlich werden kann. Apple verwies im Gespräch mit t3n auf die Entwicklungen der vergangenen Jahre – beispielsweise mit dem Small-Business-Program. Hier hatte der Konzern die Provision für kleine Entwickler von 30 auf 15 Prozent gesenkt. Auch Google zog daraufhin nach. Man habe das Gefühl, dass lediglich einige wenige große Entwickler unzufrieden seien und die Freiheit einfordern würden, im App-Store tun und lassen zu können, was sie wollen.
Epic vs. Apple: Ende noch nicht in Sicht
Noch ist nicht absehbar, wie sich das Urteil auswirken wird. Epic hat bereits bekannt gegeben, dass das Unternehmen in Berufung geht. Die kartellrechtlichen Kopfschmerzen in Cupertino dürften noch nicht vorbei sein – auch weil noch ähnliche Verfahren zum Beispiel in Europa anstehen.
Der iPhone-Konzern zeigte sich aber im t3n-Gespräch vornehmlich unbesorgt. In Hinblick auf das weltweite Bestreben, Big Tech zu regulieren, habe man das Gefühl, dass Privatsphäre und Sicherheit bei der Regulierung der Tech-Branche nicht die oberste Priorität habe. Apple hätte das iPhone von Anfang an so entwickelt, dass es so sicher wie möglich ist und die Privatsphäre der Nutzer so gut wie möglich schützt. Man habe viele der Systeme und Prozesse vor diesem Hintergrund entwickelt. Das sei der Grund dafür, dass Sideloading unter iOS nicht möglich sei und es offiziell keine Unterstützung alternativer App-Stores gibt. Es sei in kartellrechtlichen Verfahren nicht immer so leicht zu erklären, dass man sich damit von Unternehmen wie Google oder Facebook unterscheide.