Bürokratieabbau beim Arbeitsvertrag: Diese kleine Veränderung könnte einiges vereinfachen

Ist der Job unter Dach und Fach, könnte bald der Vertrag auch papierlos geschlossen werden. (Foto: Baranq/Shutterstock)
Im Rahmen des Bürokratieabbaus, den sich die Bundesregierung auf die Fahnen geschrieben hat, will das Bundesjustizministerium unter Marco Buschmann (FDP) in Zukunft ermöglichen, dass Arbeitsverträge auch digital und papierlos geschlossen werden können. Dazu soll im Gesetz beschlossen werden, dass aus der bisherigen „Schriftform“ die „Textform“ wird.
Doch Ersteres ist schon seit Jahren möglich und nur Letzteres die Neuigkeit. Konkret bedeutet die Neuerung nämlich vor allem eines: In Zukunft werden Arbeitgeber:innen nicht nur mithilfe entsprechender digitaler Signierlösungen (EES, FES oder QES), also via Docusign, Skribble oder Yousign, arbeiten können. Diese Software-Tools protokollieren, dass eine bestimmte Person zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer Absicht gehandelt hat. Sie werden, sobald es dazu kommt, vor allem auch digitale Lösungen wie PDF-Dateien nutzen dürfen. Außerdem müssen die Unterlagen nicht mehr ausdruckt werden, sofern alle Beteiligten jederzeit auf die Dokumente zugreifen können (etwa über eine Cloud).
Interessant ist nämlich, wie weitreichend Buschmann das Gesetz fassen will: „Konkret soll im Nachweisgesetz künftig der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in Textform ermöglicht werden, sofern das Dokument für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- und Empfangsnachweis erhält“, formuliert das Justizministerium gegenüber den Verbänden. Weiterhin soll es übrigens auch möglich werden, dass Arbeitnehmer:innenüberlassung in dieser papierlosen Form geregelt wird.
EU-Richtlinie von 2022 gibt vieles vor – Deutschland sah manches komplizierter
Damit folgt Buschmann einer EU-Richtlinie aus dem August 2022, die (damals eher bezogen auf andere Länder) vorsieht, dass ausführlicher als bisher bestimmte wichtige Vertragsbestandteile dokumentiert werden müssen. Das umfasst die gängigen Daten der Vertragspartner:innen sowie Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses, einer Probezeit oder auch Arbeitsort und Vergütung. Außerdem sollen unter anderem ein gegebenenfalls bereits bekanntes Vertragsende, die Zusammensetzung und Höhe der Vergütung im Detail, Arbeitszeiten, Überstundenregelungen, Ruhepausen und ‑zeiten dokumentiert werden. Dazu gehören außerdem gegebenenfalls vereinbarte Fortbildungsansprüche, ein Passus bezüglich der freien Arbeitsortswahl durch den:die Angestellte:n, sofern das vereinbart ist, und Kündigungsfristen und gegebenenfalls vorgesehene Klagewege.
Erstaunlich und erfreulich ist allerdings, dass gerade die SPD und die Grünen hier nun mitziehen wollen, wie ein Statement der Abgeordneten Katja Mast (SPD) es nahelegt. Beide Parteien hatten vor zwei Jahren, als es um die Umsetzung besagter EU-Verordnung in deutsches Recht ging, noch starke Bedenken geäußert und sich hinter den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) gestellt. Dieser urteilte 2022: „Nur mit der Wahrung des Schriftformerfordernisses ist gewährleistet, dass Beschäftigte die Informationen in jedem Fall in einer Form erhalten, die im Falle eines Rechtsstreits als Beweismittel dienen kann.“
In einem Punkt muss man dem DGB allerdings auch heute noch zustimmen: Jedem:jeder Mitarbeitenden ist immer noch anzuraten, besagte Unterlagen nicht nur digital als PDF zu archivieren, sondern auch auszudrucken und diese im Ernstfall griffbereit zu haben, wenn es zum Streit kommt oder das Arbeitsverhältnis aufgelöst werden soll. Daran ändert nämlich auch die neue Form der Papierlosigkeit nichts. Praktisch ist sie allerdings nicht nur bei Unternehmen mit zahlreichen Standorten, sondern auch für Mitarbeitende aus dem Ausland oder wenn es darum geht, dass ein Vertrag zügig von beiden Seiten gegengezeichnet werden soll, um beispielsweise eine Kündigungsfrist beim vorherigen Unternehmen einzuhalten.
Sowohl der Arbeitgeberverband als auch der Bundesverband Deutscher Startups hatten dagegen schon vor längerer Zeit für den Verzicht auf den „Papierkram“ plädiert. Die Forderung „weg mit dem Papierkram, hin zu einfachen Prozessen“ sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass juristisch und technisch noch einige Punkte zu klären sein werden.
Regeln sind das eine, die Einhaltung ist das andere
Insbesondere wird es darauf ankommen, dass hier verlässliche Softwarelösungen auf den Markt kommen, die das zuverlässig und rechtssicher für alle Beteiligten abbilden können. Technisch ist ja etwa die digitale Signatur, wie sie in vielen dezentral arbeitenden Unternehmen jeder Größe bereits zum Einsatz kommt, kein Hexenwerk mehr und in Form der eIDAS-Verordnung schon seit fast zehn Jahren möglich.
Entscheidend ist aber auch, dass gerade kleinere und weniger digital aufgestellte Betriebe ins Gedächtnis gerufen bekommen, dass sie diese Verpflichtungen der permanenten Zugänglichkeit der digitalen Verträge auch haben. Denn Vereinfachung durch Digitalisierung ist nicht weniger herausfordernd in den Prozessen. Zudem wird es darauf ankommen, dass gerade im internationalen Umfeld und in eher locker regulierten Branchen mit prekären Arbeitsbedingungen nachgehalten wird, dass die durchaus vernünftigen Vereinfachungen bei der Digitalisierung auch heißen, dass rein rechtlich das dokumentiert wird, was in den jeweiligen Vertrag gehört.