Weniger Loyalität als zur Turnschuhmarke: Warum die Gen Z die Arbeitswelt herausfordert
Wie das immer so ist mit Stereotypen: Niemand lässt sich gern in Schubladen stecken. Dennoch versuchen Soziologen und Marktforscher immer wieder, den kleinsten gemeinsamen Nenner von Geburtenjahrgängen zu finden und ihnen bestimmte Merkmale zuzuordnen. Und wisst ihr was? Ich glaube, dass sie oft ins Schwarze treffen.
Die Generation Y ist am Zug, doch die „Zs“ stehen in den Startlöchern
Ich selbst gehöre der Generation Y an. Was man über uns sagt ist, dass wir in unserer Arbeit einen Sinn suchen und dass wir zunehmend weniger Wert auf materielle Güter legen. Wir interessieren uns für Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit. Wir meinen, dass nicht wir zum Arbeitgeber, sondern der Arbeitgeber zu uns passen muss. Und dass wir es lieben, frei und selbstbestimmt im Sparring mit Gleichgesinnten zu arbeiten. Und ja, das trifft auf jeden Fall auf mich zu – und auf so gut wie alle mir nah oder fern stehenden Freunde und Bekannte, soweit ich das beurteilen kann.
Das alles heißt nicht, dass wir nicht gerne reich wären – wenn das Geld anklopft, nehmen wir es auch mit. Aber sich dafür verbiegen? Nein, danke! Der Wohlstand kommt irgendwann von ganz alleine.
Doch meine Generation ist – auch wenn ich es nur schwer ertrage – nicht mehr das, was man gemeinhin als „die Zukunft“ bezeichnet. Wir sind die Gegenwart, stehen weitestgehend mitten im Leben und auf eigenen Beinen – Ausnahmen bestätigen die Regel. Die Jahrgänge 1977 bis 1998 sind heute zwischen 17 und 38 Jahre alt. Der Arbeitsmarkt und die Wirtschaft haben sich auf uns eingestellt und wissen genau, was wir mögen und wie sie uns für sich gewinnen, vor allem mit einem Höchstmaß an gebotener Selbstbestimmung – auch wenn das oft nur eine Illusion ist.
Die „Ys“ sind die Gegenwart, die Generation Z ist die Zukunft
Eine neue Herausforderung sind die nachfolgenden Jahrgänge, die Generation Z – quasi die ab 1999 Geborenen. Und die haben es faustdick hinter den Ohren: Denn wo wir schon mit fester Bindung gehadert und unsere Individualität ausgelebt haben, setzen die Nachfolger noch eins drauf.
Der BWL-Professor der Universität des Saarlandes, Christian Scholz, schrieb vor vier Jahren in der Printausgabe des österreichischen Standard, dass die heutigen Teenager zu ihrem Arbeitgeber „noch weniger Loyalität als zu ihrer Turnschuhmarke“ aufbauen werden. Ihre Erfüllung besteht laut Scholz vor allem darin, nach Außen hin etwas darzustellen: Statussucht ist ihr Merkmal, weder Geld noch Glück, denn mit dem Gedanken, viel Anerkennung zu sammeln, sind sie aufgewachsen.
Anders als meine Generation sind die „Zs“ nicht in den technologischen Wandel reingeschlittert, sondern schlicht hineingeboren worden. Sie wissen gar nicht mehr, wie es ohne Internet war. Sie haben schon früh ihre Lieblingssendung auf YouTube am Mac von Papa geguckt, schnell eigene internetfähige Mobilgeräte besessen, sich in sozialen Medien getroffen und dort gelernt sich und ihr Leben zu präsentieren. Was für uns das Panini-Album war, ist für sie die Selfie-Galerie auf Instagram – oder wo auch immer sich „die Jugend“ heute rumtreibt. Wer glaubt, dass die „Ys“ die Digital Natives sind, sollte sich mal mit einem Jugendlichen aus dem Familienumfeld zusammensetzen. Ihr werdet überrascht sein!„Was für uns das Panini-Album war, ist für die Zs die Selfie-Galerie auf Instagram.“
In die digitalisierte Welt hineingeboren: Die „Zs“ sind die wahren Digital Natives
Erst kürzlich habe ich mit meiner kleinen Cousine im Garten meiner Großeltern gesessen. Sie müsste jetzt zwölf Jahre alt sein – so genau weiß ich das ehrlich gesagt nicht. Als sie auf einmal ein Tablet hervorkramte und wie wild darauf rumwischte, wurde ich aufmerksam und wollte gucken, was sie da macht. Und siehe da: Sie spielte ein Jump ’n‘ Run – und zwar wie ein Pro! Später zeigte sie mir ihre selbstgedrehten Videos, die sie mit Effekten veredelt hat. Über Bluetooth hat sie mir ein Foto geschickt, das sie von unserem Opa aufgenommen hat, als er schlafend im Sessel lag – dank App mit einer digitalen Krone auf dem Kopf und Lippenstift im Gesicht.
Ich fragte sie, ob das Gerät auch online ist. Und die Antwort darauf war nicht weniger verblüffend: „Nein, Mama erlaubt das nicht. Aber wenn ich bei Freunden bin, wähle ich mich immer in deren WLAN ein.“ Gewusst wie.„Die Generation Z ist technologisch versierter als wir.“
Die Generation Z ist technologisch versierter als wir. Sie weiß die Gegebenheiten der Zeit für sich zu nutzen – und wie man Karriere im Netz macht. Ihre Helden sind Unge, Dagi Bee und wie sie alle heißen. Teens, die schon früh erfolgreich waren, die zwar nie etwas gelernt, es durch gute Selbstvermarktung und „Ich-mach-was-ich-will“-Attitüde aber auch so zu größter Prominenz und sattem Einkommen gebracht haben. Diese Generation hat früh gesehen, was es heißt, Entrepreneur zu sein.
Die Generation Z macht gerade ihren Führerschein und ist auf dem Weg in die Arbeitswelt
Es ist spannend zu sehen, wie Arbeitsmarkt und Wirtschaft auf diese Einzelkämpfer reagieren werden, die hochvernetzt und immer informiert sind. Die Generation Z wird nicht arbeitsscheu sein, aber sie wird sich über ihre Projekte definieren. Und wenn die nicht „cool“ genug sind, heißt es „Auf Wiedersehen, bis zum nächsten Mal“.
Christian Scholz schreibt: „Man wird sich spezielle Führungsmuster überlegen, die wesentlich kurztaktiger und ergebnisorientierter ausfallen.“ Die ersten Vertreter dieser Generation sind gerade dabei, ihren Führerschein zu machen und so langsam in die Berufswelt zu schlittern. Bereitet euch auf sie vor!
Wow! Was für ein Artikel! Ganz großer Applaus! Hat mir riesig Freude gemacht den zu lesen. Danke Andreas!
Danke dir, es freut mich dass er dir gefällt. Und es ist auch schön mal ein Lob zu hören.
Gruß, Andreas
Ganz Groß! Liest sich wie ein spannendes Buch.
Danke auch dir! Gruß, Andreas
Ich muss leider sagen dass du noch ein paar mal mit deiner Cousine im Garten sitzen musst, um diese Generation richtig zu verstehen. Ich würde auch nicht sagen, dass ich diese verstehe, aber ein paar meiner Einblicke kann ich doch geben.
Es wird nicht die Generation Z geben, da sich die Jungs und Mädels viel individueller definieren, so dass man diese eher der Generation X, Y bzw. einer neuen, beispielsweise der Generation Z, zuordnen muss.
Um mal bei deiner Generation Z zu bleiben, muss ich sagen dass einige „Vorurteile“ stimmen. Sie wollen nur das machen, was Ihnen Spaß macht – das hat leider schon heute Konsequenzen. Geht man heute in die Klassen 5-10, so sieht man auf den Zeugnissen vieler Schüler die Noten von 1 bis 5. Sie engagieren sich wirklich nur in den Fächern, in denen es für sie – oder ihre Eltern – sinnvoll ist. Und da kommt man auf ein andere Thema: die Eltern, besser Helikopter-Eltern, der Generation Z Kinder. Diese Eltern haben eine gute Ausbildung genossen, haben hart gearbeitet, aber gemerkt dass vieles wo sie sich engagiert haben sich im Nachhinein als „sinnlos“ herausgestellt hat. Ob es jetzt der Sportunterricht, die Gedichtsinterpretation oder der Kunstunterricht war hängt von Fall zu Fall ab. Das wird leider sehr pro aktiv an die Kinder, Generation Z, weitergegeben – dies dann auch ausleben.
Man sieht ja schon in der bei den späten Ylern, dass sie die erste Generation sind die in der Mehrheit einen schlechtere Ausbildungsabschluss hat, als ihre Elterngeneration.
Die erwähnten Zler werden das noch härter spüren, weil diese sich eben in Zukunft nicht mehr nur die coolen Dinge raussuchen können. Aber denen ist es auch egal, da sie sich über etwas anderes definieren werden – ihren Alltag, Zugehörigkeit zu einer „Fangruppe“ von z.B. Ytlern. Und sie werden versuchen das beste aus ihren Mitteln zu machen.
Da werden dann eher die Fotos vom letzten Rock am Ring, als vom Bali-Urlaub gepostet, eher geteilt was die eigene Katze macht, als wie es im Beruf läuft. Sie werden einfach zu Multichannel Konsumenten- / Produzenten ihres Alltags werden.
Anderseits wird es auch wieder mehr Tendenzen zur Generation X geben, wo wieder ein Teil der Jungend zur kompletten Aufopferung zum Beruf tendieren wird – da sich in der Wirtschaft diesbezüglich eine Lücke gebildet hat.
Weitergehen wird es auch mit neuen Abkömmlingen der Generation Y, da wir die Strukturen in der Gesellschaft dafür da haben, und es anerkannt ist dass der Beruf nicht alles sein soll.
Ich bin gespannt meinen Post in 10, 20 oder 30 Jahren noch mal zu lesen.
das liegt einfach daran, dass sehr viel auswahl besteht. wer sich früh spezialisiert, ist für die zukunft besser gewappnet. wozu also alles verstehen – im übrigen sind klugscheißer (kennt sich überall, aber eben nur oberflächlich aus) auch bei uns bereits verpöhnt. spezialisten mit einem ergebnis sind da doch besser ;-)
und job? hat doch jeder, wieso sollte man sich damit profilieren? ein GF oder leitender angestellter der sein leben für eine unternehmung wegwirft? (die meisten z-kiddis kommen aus solchen family-bruchbuden, wo entweder beide eltern buckeln gehen oder der haussegen eben auseinanderbricht, weil teil B ständig niemals da ist). daher doch besser selbstinszenierung und fürsprecher für sich gewinnen (Marketing machts vor: das produkt kann scheiße oder gleichgut sein, wenn die werbung zieht wird es ein hit).
eigene ideen verwirklichen, startups… die Z’tis sind nicht blöde, informiert sind se ja, und das netz liefert ihnen alle fakten ja frei haus…
Vielen Dank für die Warnung.
Die hätte ich auch gerne schon zur Generation Y in Kombination mit der Abschaffung des Diplom-Studiengangs gehabt. Ich führe seit vielen Jahren Bewerbungsgespräche mit Uni-Absolventen. In den letzten Jahren kristallisiert sich dabei eine Veränderung heraus. Während frühere Generationen schon wussten, dass Work-Life-Balance wichtig ist, waren diese wenigstens bereit dafür entsprechende (Vor-)Leistung zu erbringen. Heutige Absolventen erwarten diese Leistung von ihrem Arbeitgeber – um sich dann zu überlegen, ob sie dafür auch Einsatz erbringen. Oftmals ist aber alles viel zu langweilig – das ist ja Arbeit – pfui bah.
Das spitzt sich weiter zu und wird letztendlich auch zu Problemen auf der Seite der Absolventen führen. Kein Unternehmen kann sich derlei Allüren auf Dauer leisten. Und schon haben wir sie zurück – die Leistungsgesellschaft: das Gros der Firmen wird ein enges Regelwerk mit entsprechenden Zielsetzungen formulieren, um den „Larifari-ich-bin-ein Bachelor-Hero-bezahl-mir-Millionen-und-mach-mich-sofort-zum-Geschäftsführer“ Attitüden Herr zu werden.
Schade
Nur blöd, dass die GenY erst mit 1990 beginnt. Da möchte nur ein Xler nicht eingestehen, alt zu sein.
Vielleicht hätten Sie den Wikipedia Artikel etwas aufmerksamer durchlesen sollen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Generation_Y
Ach Leute, was bin ich froh, dass ich Gen Y bin. Ich habe noch gelernt wie ich mich ohne Technik beschäftige. Ich weiß wie ein Buch funktioniert, ganz zu schweigen, ein analoges Lexikon – ob ihr es mir glaubt oder nicht: Viele Zler können dies nicht.
Irgendwie Makaber. Aber mit Internet wird es sich wie mit Tv verhalten: irgendwann schaut kaum noch wer rein. Oder was meint ihr?
Das Internet ist die ultimative Vernetzung. Sofern wird nicht bald Telepathie entwickeln, ist das nicht mehr zu übertrumpfen und somit müssen wir vom heutigen Standpunkt davon ausgehen, dass es sich sehr, sehr lange halten wird.
Danke für den Artikel. Regt einen zum Nachdenken an.
Ich nehme gerne das Beispiel wie mit Technik, insbesondere Plattformen umgegangen und sich in sozialen Netzwerken austauschen wird.
Auf der einen Seite ist das Thema „Selbstpräsentation“ ganz gross und auf der anderen Seite werden Plattformen immer schneller austauschbar. Was heute „in“ ist, ist morgen „out“.
Das einzige was sicher ist, ist die Veränderung.
Gen. Z wächst mit dem Verständnis auf, dass nur wer sich stetig verändert wahrgenommen wird. Kombiniert mit dem Drang zur Selbtpräsentation bin ich wirklich gespannt wie in 20 Jahren Unternehmen ihre Mitarbeiter aussuchen oder ob nicht alles auf einer projektbasierten Ebene abläuft.
„dass die heutigen Teenager zu ihrem Arbeitgeber „noch weniger Loyalität als zu ihrer Turnschuhmarke“ aufbauen werden.“
So wie die meisten Arbeitgeber heut zu tage die Menschen behandeln, trägt das sicherlich auch viel mit dazu bei.