Berlin ein Failed State? Warum sich CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak lächerlich macht
Ein Freund von mir war vor kurzem in der Demokratischen Republik Kongo. Er hat mir neulich am Tegeler See davon erzählt. Es ging um Menschen, die hinter ihrem Haus nach Kobalt graben und dabei einen Dollar am Tag verdienen und dann ungefähr einen Dollar pro Tag für Essen ausgeben. Es klang dramatisch. Wenn man Neuigkeiten zur Demokratischen Republik Kongo googelt, geht es um Ebola. Vielleicht kommt die Demokratische Republik Kongo damit in die Nähe dessen, was man einen „Failed State“ nennt. Aber ich wäre da vorsichtig, weil es einfach nicht so nett ist, ganzen Ländern so einen definitiven Loser-Stempel wie „Failed State“ aufzudrücken.
Paul Ziemiak: „Berlin ist ein Failed State“
Abends liefen dann jedenfalls die Hochrechnungen zu den Wahlen in Brandenburg und Sachsen im Fernsehen. Paul Ziemiak, der Generalsekretär der CDU, ist da zu sehen, mit den Generalsekretären der anderen Parteien, in einer Talkrunde. Und Ziemiak hat da anscheinend nicht so ein Problem mit, sich von oben herab über Länder oder Städte auszulassen. „Berlin ist ein Failed State“, haut er mal so lässig nebenbei raus (in Minute 34).
Ich bin Wahlberliner. Ich bin freiwillig in diesen „Failed State“ gezogen. Mir gefällt es hier ziemlich gut. Und ich finde es problematisch, dass es immer wieder irgendwelche Law-and-Order-Dullis gibt, die behaupten, Berlin sei irgendwie kaputt oder hier würde man „den funktionierenden Teil Deutschlands verlassen“, wie es Boris Palmer mal ausgedrückt hat.
Berlin hat sogar Strom!
Es stört mich, weil es erstmal faktisch falsch ist. Hier dafür nochmal die Definition eines „Failed state“, lieber Paul. Ich kann dir versichern: Der Müll in Berlin wird noch abgeholt, es kommt Wasser aus dem Wasserhahn und es gibt sogar Strom!
Zweitens: Die Geringschätzigkeit ist völlig fehl am Platze. Berlin ist, wenn es um Technik und Digitalisierung geht, Deutschlands große Chance. Und, das ist die Ironie an der Sache: Berlin ist das gerade WEIL es nicht so „funktioniert“, wie sich das Leute wie Paul Ziemiak und Boris Palmer so vorstellen.
Es ist ungefähr so: Es gibt Städte, in denen mehr Kohle pro Kopf verdient wird, wie zum Beispiel London, New York oder Wolfsburg. In London und New York muss man allerdings verdammt viel ackern, um über die Runden zu kommen. Da bleibt nicht viel Zeit zum Träumen.
Hin und wieder kommen Londoner oder New Yorker nach Berlin. Sie stellen fest, dass ein Bier hier nur drei Euro kostet, und nicht fünf Pfund, dass man ein WG-Zimmer für 450 Euro pro Monat kriegt, statt für 450 Dollar pro Woche. Und sie stellen fest, dass lauter geile Subkulturen es irgendwie geschafft haben, ihre Clubs und Orte in der Stadt halbwegs zu verteidigen, statt sonst wohin verdrängt zu werden.
„It’s so Berlin!“
Sie sagen dann „It’s so Berlin“, wenn sie im Sommer nachts durch die Hasenheide schlendern und dort jemand ein paar Lautsprecher aufgestellt hat und eine Party feiert ohne dabei nennenswert von irgendwelchen Behörden belästigt zu werden.
In Wolfsburg wiederum hat man wahrscheinlich auch viel Zeit zum Träumen. Aber wenn man sich an einem Montagmorgen in einen ICE von Berlin nach Wolfsburg setzt, stellt man fest: Er ist voll von Leuten, die lieber ins „funktionierende“ Wolfsburg pendeln, als dort hinzuziehen. „It’s so Wolfsburg“, könnte man sagen. Aber ich schweife ab.
Es gibt jedenfalls jede Menge Leute aus allen Teilen der Welt, die diesen Berliner Mix so Charmant finden, dass sie beschließen hier etwas rumzuträumen, in den Clubs abzustürzen und dann vielleicht ein Startup aufzumachen.
Klar, wirtschaftlich läuft es vielleicht nicht so rund wie in Wolfsburg oder meinetwegen München. Aber Firmen, die sieben Jahre nach dem Release von Teslas Model S (das war 2012!) noch mit Ach und Krach versuchen auf Elektroantrieb umzusteigen, sind vielleicht nicht die besten Vorbilder.
In Berlin haben sich währenddessen große Teile der weltweiten Blockchain-Szene niedergelassen, es entwickelt sich eine zarte KI-Industrie, es gibt jede Menge Coworking-Spaces und ungefähr jeden Tag schön nerdige Meetups. (Morgen diskutiert die Merantix AI Paper Discussion Group „Globally-Aware Multiple Instance Classifier and f-AnoGAN“ – mit 16 Teilnehmern!)
Kreative Unordnung ist noch kein „Failed State“
Es reicht noch nicht, um es einen Trend zu nennen, aber: Man trifft hier auch immer wieder Leute, die früher mal in der San-Francisco-Bay-Area gewohnt haben und es dort etwas zu anstrengend fanden, so zwischen den sechsstelligen Gehältern der Tech-Industrie und der drittgrößten Menge an Obdachlosen der USA.
Vielleicht kann man sich das schwer vorstellen, wenn man sein ganzes Leben in der CDU verbracht hat. Aber ein bisschen kreative Unordnung ist noch kein „Failed State“.
Solche Vollpfosten spielen noch größeren Vollpfosten (AfD) in die Hände.
Wenn man wie der Autor – geschätzt- Mitte 20 ist, hat mal halt andere Vorstellungen von ‚lebenswert‘ und andere Prios als Mitte 40 oder wie ich, gerade ins Rentenalter gerutscht.
Ich lehne Vor-Ort Projektangebote in Berlin grundsätzlich ab.
Wenn man sich die Berliner Verwaltung ansieht, kann man durchaus an einen Failed State denken..die Mieten sind keineswegs mehr moderat.
Die Mieten sind für eine Weltstadt mit 3,6 Mio Einwohnern lächerlich niedrig und müssten im internationalen Vergleich drei bis vier mal so hoch sein.
So sieht es aus. Das letzte Jahr war ich für ein Projekt in Shanghai – 24 EUR/m² Miete in der City: normal. Dagegen hat sich das Mietniveau in Berlin danach wirklich angefühlt wie in einem failed state.
Lol, also von der Blockchain hätte ich dann besser nichts geschrieben. Das ist doch die neue Heizdeckenmafia
Die drei Supernerds die damit echte Probleme lösen, schütten sich abends garantiert nicht mit billigbier im Park zu. Dafür können sich jede Menge Betrüger mit hippem Bullshitbingo die Taschen Vollmachten. Oder ist mir irgendeine tatsächliche Blockchain Errungenschaft made in Berlin entgangen?
Danke für das Berlin Statement. Auch wenn ich nicht jeder Aussage voll zustimme, ist Berline KEIN Failed State! Eher Paul Ziemiak eine Failed Person! It’s so Berlin!
Berlin ist so was von FAILED. Beispiele?
=> BER. Ok. der Kölner Dom hat noch länger gedauert. Wenn das die Challenge ist ..
=> Verwaltung: Wie war das noch mal ? Wie lange braucht man für einen Termin, um sein Auto anzumelden. Tage? Nee. Wochen! und Glück!
=> Mietendeckel. Lachhaft! Aus Wünschen wird Politik aus Politik wird eine Regelung, die dafür sorgt, dass keiner mehr bauen wird, weil es sich nicht rechnet.
=> Drogenzonen im öffentlichen Raum. Genial! Ich warte auf den ersten Grünen, der im Bundestag sein Spritz-Besteck raus holt.
Für Berliner ist das halt normal.
Auch so etwas kann es nur in der ‚Hauptstadt‘ geben:
Berliner SPD will feministische Pornos fördern.
https://www.tagesspiegel.de/berlin/landesparteitag-der-spd-berliner-spd-will-feministische-pornos-foerdern/22642192.html
Bezahlt wir das alles mit Geld aus dem Finanzausgleich…man hat ja sonst keine Probleme..
Berlin ist nicht nur ein „Failed State“, es hat auch „Failed Orthography“: „Loser“ mit zwei „o“. Aua. Wie wäre es mal mit einem Lektor?
Selten sowas dummes gelesen! Lieber „Autor“, bitte informieren Sie sich mal darüber, was der sogenannte „Länderfinanzausgleich“ ist (ja, das ist ein schwieriges Wort, aber probieren sie es mal).