Anzeige
Anzeige
MIT Technology Review News

Digitaler Bienentanz: Wie Forscher Königin und Arbeiter mit Robotern beobachten

Parasiten, Pestizide und der Klimawandel machen Honigbienen zu schaffen. Um bessere und neue Einblicke in ihr Verhalten zu gelangen, haben Forscher:innen ein robotergestütztes Kamerasystem entwickelt.

Von Eike Kühl
3 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige
Das robotergestützte Kamerasystem im Einsatz. (Foto: (c) by H2020 FET-Open project "RoboRoyale.)

Bienen sind komplexe Lebewesen. Inzwischen sind zwar viele, aber längst nicht alle Verhaltensweisen bekannt, mit denen sich ein Bienenvolk untereinander verständigt, um Honig zu produzieren, sich zu vermehren und die Königin zu schützen. Sicher ist dagegen, dass die Bienenvölker, wie viele andere Insektenarten, zunehmend unter Stress stehen: Parasiten, Pestizide und der Klimawandel, häufig in Kombination miteinander, sorgen dafür, dass inzwischen vor allem wild lebende Völker vom Aussterben bedroht sind. Die ökologischen Folgen sind verheerend.

Anzeige
Anzeige

Um die Bienen zu schützen, setzen Forscher:innen seit geraumer Zeit vermehrt auf technische Lösungen, von smarten Sensoren im Bienenstock bis hin zu integrierten Heizungen, mit der die Insekten in kalten Wintern geschützt werden sollen. Ein interdisziplinäres Team der Universitäten Prag, Graz und Ankara hat jetzt ein robotergestütztes System entwickelt, um die Aktivität innerhalb des Bienenstocks zu beobachten.

Das in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Science Robotics vorgestellte System trägt den Namen Aroba (Autonomous Robotic Observation and Behavioral Analysis). Es besteht aus kleinen, beweglichen Infrarotkameras, die an beiden Seiten eines Bienenstocks installiert werden. Sie sind in der Lage, selbstständig die Bewegung der Bienenkönigin zu verfolgen und verschiedene Daten zu erheben. „Der Einsatz eines Systems zur Untersuchung der Bienenkönigin und ihrer Interaktionen mit den Arbeitsbienen und den Wabenzellen ist von größter Bedeutung, um die Kernmechanismen des Bienenvolkes zu verstehen“, heißt es in der Studie.

Anzeige
Anzeige

Ein minimalinvasives Kamerasystem

Für die Entwicklung von Aroba mussten die Wissenschaftler:innen einige Herausforderungen meistern. Um möglichst lebensechte Ergebnisse zu erhalten, durfte das zu beobachtende Bienenvolk so wenig gestört werden wie möglich. Die mechanischen Elemente mussten nicht nur klein genug sein, um in einen Bienenstock zu passen. Sie durften außerdem nur minimale Erschütterungen und Geräusche verursachen, um die empfindlichen Insekten nicht zu irritieren. Auch durften sie das ausgeklügelte Belüftungssystem des Bienenstocks nicht beeinflussen.

Im Fokus des Systems standen vor allem die Bewegungen der Königin. Diese wurde auf ihrem Körper mit einer sogenannten Passermarke versehen, die als optischer Referenzpunkt für die Infrarotkameras diente: Einmal markiert, konnte das Kamerasystem die Königin inmitten tausender anderer Bienen erkennen und ihre Bewegungen verfolgen. Die robotergesteuerten Kameras bewegten sich dementsprechend an den Seiten des Bienenstocks oder zoomten selbstständig heran oder heraus.

Anzeige
Anzeige

Überwachung des Bienenstocks 24/7

Einen Monat lang haben die Forscher:innen den Bienenstock rund um die Uhr mithilfe von Aroba überwacht. Dabei haben sie ebenso makroskopische, mesoskopische sowie mikroskopische Einblicke in die Entwicklung des Bienenstocks erhalten. Sie konnten sehen, wie sich die Anzahl der Honigwaben entwickelt und die Anzahl und Dichte der Bienen bestimmen. Sie konnten sehen, wie viele Eier gelegt werden und diese auf einer Art virtuellen Bienenstockkarte vermerken.

Zudem konnten sie die Bewegungen der Königin auf ihrem Weg durch die Kolonie verfolgen. Das System war in der Lage, die genaue Ausrichtung der Königin zu bestimmen, die Anzahl der Arbeiterinnen um sie herum, sowie soziale Interaktionen wie die Fütterung und Reinigung der Königin durch die Arbeiterinnen. Insgesamt konnte das Team 23 solcher Key Behavioral Metrics (KBM) im Untersuchungszeitraum erfassen.

Anzeige
Anzeige

Bienenschutz durch besseres Verständnis

„Die Ergebnisse bieten einzigartige Einblicke in die Selbstregulierung und Interaktion der Honigbienen innerhalb ihres Bienenstocks“, schreiben die Verantwortlichen. Bislang waren solche Einblicke nur durch menschliche Beobachtung möglich und das auch nur in zeitlich begrenzten Rahmen, um die Kolonie nicht zu stören. Mit einem System wie Aroba sei es dagegen möglich, ein Volk über einen längeren Zeitraum kontinuierlich zu beobachten.

Die dadurch gewonnenen und aggregierten Daten könnten dabei helfen, Bienenvölker besser zu verstehen und sie künftig besser vor externen Einflüssen zu schützen: „Wechselwirkungen zwischen scheinbar unverbundenen Verhaltensweisen können als Frühwarnsystem für eine Verschlechterung des Gesundheitszustands von Bienenvölkern dienen“, heißt es abschließend.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Kommentare (1)

Community-Richtlinien

Sascha Sychov

Liebe Redaktion,

vielen Dank für den spannenden Artikel über das robotergestützte Beobachtungssystem für Honigbienen. Es ist wirklich beeindruckend, wie weit die Forschung in diesem Bereich fortgeschritten ist!

Allerdings möchte ich einen wichtigen Punkt ergänzen: Honigbienen, so wertvoll sie auch sind, werden wahrscheinlich immer überleben – ob mit oder ohne unsere Hilfe, da sie vom Menschen domestiziert werden. Der wahre Schwerpunkt sollte auf den Wildbienen liegen, die tatsächlich vom Aussterben bedroht sind. Sie spielen eine entscheidende Rolle in der Bestäubung und sind viel empfindlicher gegenüber den aktuellen Umweltbedingungen.

Bei Bee friendly haben wir ebenfalls ein Insekten-Monitoring-System entwickelt, das in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut entstanden ist. Mit diesem System können Unternehmen und Organisationen die Biodiversität an einem Standort messen und nachvollziehbar machen, um nachhaltige Maßnahmen noch gezielter umzusetzen.

Gerne erzählen wir Ihnen mehr darüber, wenn das von Interesse ist!

Liebe Bienengrüße,
Sascha Sychov

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Kommentar abgeben

Melde dich an, um Kommentare schreiben und mit anderen Leser:innen und unseren Autor:innen diskutieren zu können.

Anmelden und kommentieren

Du hast noch keinen t3n-Account? Hier registrieren

Anzeige
Anzeige