Blase? Nein! Warum Bitcoin und Blockchain die nächste Evolutionsstufe des Internets sind

Hinweis: Wir haben in diesem Artikel Provisions-Links verwendet und sie durch "*" gekennzeichnet. Erfolgt über diese Links eine Bestellung, erhält t3n.de eine Provision.
Neben aller berechtigten Kritik an Bitcoins langsamen und teuren Transaktionen und dem energieintensiven Mining darf nicht vergessen werden, dass mit Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether sowie der Blockchain und bereits Tausenden darauf laufenden dezentralen Anwendungen ein neues, unzerstörbares Finanzmarkt-, Handels- und Plattformsystem entstanden ist.
Während die Öffentlichkeit vor allem auf die neuesten Rekordstände beim Bitcoin blickt, fließen täglich weitere Millionen und die Arbeitskraft von Tausenden Entwicklern in Krypto-Netzwerke. Startups werden per ICO finanziert – und auch wenn viele davon fragwürdig und manche sogar reiner Betrug sind, fließt gerade sehr viel Kapital auch in risikoreiche Startups mit dem Anspruch, die Welt zu verändern. Startups, die mit ihren ambitionierten Plänen vermutlich niemals eine klassische Wagniskapital-Finanzierung erhalten hätten.
Inzwischen liegt die Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen bei über 500 Milliarden US-Dollar, gut 50 Prozent davon alleine im überhypten Goldersatz und Wertspeicher Bitcoin. Knapp 40 Milliarden waren es in den letzten 24 Stunden. Im Vergleich zu den Übertreibungen der Dotcom-Ära ist das immer noch fast Kleingeld: Im März 2000 steckten alleine im Nasdaq 6,7 Billionen Dollar – weit mehr als das Zehnfache.

Grafik: penguinpablo auf Steemit.
Beim wohl bekanntesten und am einfachsten zu bedienenden Kryptomarktplatz Coinbase* registrieren sich derzeit laut New York Times täglich rund 100.000 neue Nutzer und wollen ihr sogenanntes Fiat-Geld – also zum Beispiel Dollar, Euro oder Yen – in Kryptowährungen tauschen. Kürzlich startete der öffentliche Handel mit Bitcoin-Futures, wodurch weiteres Geld klassischer Investoren in den Markt fließt. Diese können über die sogenannten Terminkontrakte nun Wetten über die künftige Entwicklung des Bitcoin eingehen.
Die Gemengelage aus dem Öffnen der Schleusen für das Geld klassischer Investoren und der Medienaufmerksamkeit über immer neue Rekordkurse treibt den Bitcoin-Kurs weiter. An einzelnen Börsen wurde ein Bitcoin schon zu 20.000 Dollar gehandelt. Die Aufregung rund um den bevorstehenden Future-Handel sorgte für Kursausschläge zwischen 13.000 und 17.000 Dollar.
Die Büchse der Pandora oder einfach nur die logische Evolution der Globalisierung?
„Dezentralität und Blockchain sind nach dem Internet, der Bewegung um Wikis und freies Wissen, Social Media und Open Source der nächste unaufhaltsame Evolutionsschritt für die Freiheit und Eigenständigkeit des Einzelnen.“
Doch der Hype um immer neue Kurshöhen bei Bitcoin lässt in den Hintergrund rücken, was rückblickend die eigentliche Entwicklung dieser Tage ist: Der Geldmarkt und das etablierte Finanzsystem werden durch Kryptowährungen und die Blockchain von staatlich-territorialen Ansprüchen, Zentralbanken und Banken entkoppelt. Mit der Öffnung hin zu einem dezentralen Finanzsystem wurde möglicherweise die Grundlage für eine neue Ära der Finanz- und Geldgeschichte eingeläutet. Wurde damit die Büchse der Pandora geöffnet, mit der – wie in der griechischen Mythologie – der Menschheit die Übel dieser Welt drohen?
Manche glauben das, weil damit Staaten die Möglichkeit verlieren, Kapitalkontrollen effektiv durchzusetzen und Kriminelle Geld global einfacher verschieben. Eine andere These ist, dass die aktuellen Geldflüsse von Digitalgeld, die Entwicklungen neuer Plattformen und dezentraler Finanzmarktplätze in einem Maße Kapital umverteilen, wie es ansonsten in der Geschichte nur durch große Kriege oder Phasen der Hyperinflationen üblich war. Ökonomen wie der bekannte französische Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty („Das Kapital im 21. Jahrhundert“) gehen davon aus, dass es solche Phasen der großen Umverteilung in regelmäßigen Abständen geben muss. Über den aktuellen Krypto-Boom wird Geld umverteilt, ohne dass es dazu die katastrophalen Auswirkungen eines Krieges bedarf.
Menschen wollen und sollten Geld und Daten selbst besitzen
In allen Staaten – in politisch instabilen Ländern, in autoritär regierten Staaten wie China, aber auch in stabilen Demokratien – gibt es ein großes Interesse der Bürger, Geld vor dem Zugriff von Staaten und Banken zu schützen. Das Vertrauen in das Bankensystem hat durch die große Finanzkrise von 2008 gelitten. Zahlreiche junge, digital affine Menschen verspüren den Wunsch, mit alten Mächten zu brechen – die Zeit für Disruptionen in der Finanzwirtschaft scheint reif. Das Vertrauen in Staaten, Banken, Versicherungen und Konzerne ist mindestens angekratzt.
Aktuell verwalten Banken unser Geld und Plattformen wie Facebook und Google unsere Daten.
Selbst die neuen Herrscher des Digitalzeitalters – Plattformen wie Facebook, Uber und Airbnb – laufen Gefahr, durch neue blockchainbasierte Modelle mit dezentralen autonomen Organisationen (DAOs), auf denen dezentrale Apps (Dapps) laufen, abgelöst zu werden. Nach dem Geld- und Finanzsystem schicken sich Blockchains auch an, die Daten-Ökonomie – das Öl der digitalen Ära – von den zentralen Plattform-Gatekeepern wie Facebook und Google zu entkoppeln. Blockstack beispielsweise hat den Anspruch, ein neues dezentrales Internet aufzubauen, in dem der Nutzer Herr über seine Daten bleibt. Damit sammelte das Krypto-Projekt in einem ICO kürzlich 52 Millionen Dollar ein. Das Netzwerk wird seit drei Jahren entwickelt und kann laut eigenen Angaben schon über 76.000 registrierte Domains und mehr als 13.400 Entwickler vorweisen, die an Applikationen für Blockstack arbeiten.
Dezentralisierung ist unausweichlich und logisch
Im Sinne einer Weiterentwicklung der Globalisierung ist es nur logisch, dass Menschen ihr eigenes Kapital – vor allem ihr Geld und ihre Daten – selbst besitzen und kontrollieren möchten. Statt eines kostenpflichtigen Kontos bei einem Dritten wie einer Bank haben sie die Hoheit über eine kostenlose Wallet auf ihrem Smartphone. Das Geld auf dem Konto ist bei einer Insolvenz der Bank über die Einlagensicherung hinaus gefährdet – im Falle der Krypto-Wallet gibt es keine Bank mehr, die pleitegehen kann.
Aktuell verwalten Banken unser Geld und Plattformen wie Facebook und Google unsere Daten. Dezentralität und Blockchain sind nach dem Internet, der Bewegung um Wikis und freies Wissen, Social Media und Open Source der nächste unaufhaltsame Evolutionsschritt für die Freiheit und Eigenständigkeit des Einzelnen. Staaten werden versuchen, regulierend einzugreifen, um die rasante Entwicklung in kontrollierte Bahnen zu lenken. Und natürlich ist die chaotische Phase der Herausbildung der Blockchain-Ökonomie mit Gefahren wie Hacks und Crashes verbunden. Aber die diversen Blockchains und die von ihr getriebene Dezentralisierungs-Welle wird unaufhörlich und unabhängig von Ländergrenzen weiterlaufen.
Keine Blase, sondern neue Finanzmarktdimension
Der Hype rund um Bitcoin und die dahinterstehende Blockchain-Technologie ist daher keine Blase – auch wenn mit Rücksetzern von über 50 Prozent in der Kursentwicklung gerechnet werden muss. Es handelt sich vielmehr um eine logische Fortsetzung und eine Evolution beim Streben des Menschen nach Unabhängigkeit, die mit dem Internet begonnen hat. Die Finanz- und Datenmärkte haben eine neue Dimension erhalten, in der Menschen die Kontrolle über das eigene Geld und die eigenen Daten haben – unabhängig von Dritten.
Hallo Umverteilung, hallo Globalisierung!
Gemeinsam ist es nun unsere Aufgabe, zu verstehen, zu lernen und die neuen wachsenden Instrumente und Kräfte auf positive Art und Weise zu nutzen und zu gestalten.