Der Krimi um die Marke Black Friday: Alle Spuren führen nach Wien

Der diesjährige Black Friday brachte nicht nur Schnäppchen mit sich, sondern auch Abmahnungen.(Foto: Pressmaster/Shutterstock.com)
Als Simon Gall sich Anfang des Jahres mit seinem Portal Black-Friday.de auf die Schnäppchensaison vorbereitet, ahnt er noch nicht, dass seinem Geschäft ein gnadenloser Existenzkampf bevorsteht. Der Weg dorthin führt über einen österreichischen Mitbewerber, eine Briefkastenfirma in Hongkong und zwei deutsche Rechtsanwaltskanzleien. Gekündigte Partner-Händler, gelöschte Apps und Facebook-Pages sowie Phishing-Warnungen von verbreiteten Sicherheitssystemen: Der vorläufige Höhepunkt eines Wirtschaftskrimis aus der Affiliate-Branche.

Simon Galls Black-Friday-Portal Black-Friday.de zog die Aufmerksamkeit eines Wettbewerbers auf sich. Das hatte Folgen. (Screenshot: Black-Friday.de)
Black Friday: Wie alles begann
Im Jahr 2012 startet Simon Gall unter der Domain Black-Friday-2012.de das erste Portal für Sonderangebote zum Black Friday. Gall verweist dabei auf sogenannte Affiliate-Angebote von großen Anbietern wie Amazon. Wie bei Affiliate-Links üblich, verdient er mit jedem Klick auf die Links und nachfolgend verkauften Produkten Geld. Ein ruhiges Jahr lang führt Gall sein Portal alleine durch die Affiliate-Landschaft. Dann taucht 2013 die österreichische Black Friday GmbH auf und startet mit Blackfridaysale.de ein konkurrierendes Portal.
Das Rennen zwischen den beiden Wettbewerbern ist damit eröffnet: 2013 erreicht Galls mittlerweile unter Black-Friday.de und Blackfriday.de aufrufbares Portal im November laut Similarweb rund 190.000 Desktop-Visits, der Wettbewerber Blackfridaysale.de bringt es aus dem Stand auf 485.000. Die Daten von Similarweb sind Hochrechnungen, liefern aber ein durchaus verlässliches Bild über Größenverhältnisse zwischen Wettbewerbern.Das Rennen ist eröffnet.
Die Black Friday GmbH gibt sich beim Start geheimnisvoll: Als Gesicht des Unternehmens tritt Geschäftsführer und Gesellschafter Konrad Kreid auf. In der ersten Pressemeldung der Black Friday GmbH werden zusätzlich die Wiener Internet-Unternehmer, Business Angels und Youtailor-Gründer Martin Zapart, Hartmut Krenslehner und Peter Vavra als Financiers und Unterstützer des Unternehmens genannt.
Welche Funktion diese Unternehmer für die Black Friday GmbH genau haben, bleibt bis auf einen Namen unklar: In einer E-Mail aus dem Jahr 2013, gesendet von einer Domain des Unternehmens, bezeichnet sich Krenslehner in der Signatur als Chief Marketing Officer (CMO) und Founder der GmbH. In einem Interview mit Kreid aus dem Jahr 2013 wird dieser auch auf die Mitgründer des Unternehmens angesprochen. Kreid bleibt vage:„Das Team besteht aus erfahrenen Internet-Unternehmern und Business Angels, sowie aus ehemaligen Groupon-Mitarbeitern. Die meisten der Initiatoren kennen sich schon seit Jahren von diversen früheren Online-Projekten.“ Im Artikel bringt Gruenderszene.de das Ratespiel um die Gründer hinter dem Unternehmen auf den Punkt: „Der restliche Gründerkreis möchte bisher im Dunkeln bleiben.“Die Gründer bleiben im Dunkeln.
Auftritt der Black Friday GmbH: Exzellentes Marketing und Ellenbogen
Das Unternehmen unter dem Ex-Groupon-Mann Kreid startet neben Deutschland auch in Russland und anderen Ländern. CMO Krenslehner macht exzellentes Marketing und reißt schnell mediale Aufmerksamkeit an sich. Auch t3n veröffentlicht eine Handvoll exklusiver Vorab-Angebote des Unternehmens in einem redaktionellen Beitrag. Großspurig bezeichnet die Black Friday GmbH sich als Initiator der „Black-Friday-Sale-Initiative“, „eine gemeinsame Initiative des deutschen E-Commerce“ und hinterlässt so geschickt den Eindruck, dass das Unternehmen den Black Friday in Deutschland eingeführt habe.
Das Wachstums-Konzept ist ebenso schlicht wie funktionstüchtig: Große Namen werden teilweise mit Gratiskooperationsangeboten geködert, um an Fahrt zu gewinnen – anderen Kooperationspartnern werden dagegen teure Marketingpakete angeboten, um Ertrag zu erwirtschaften. Das Konzept dieser Marketing-Mischung funktioniert: Heute zeichnen selbst hochkarätige Unternehmen wie Otto.de kostenpflichtige Werbebuchungen, wie ein Unternehmenssprecher von Otto auf Nachfrage von t3n bestätigt. Andere große Marken wie Bonprix bekommen die Möglichkeit, Werbebuchungen in einem angeblichen Wert von über 10.000 Euro gratis zu schalten, geht aus einem Dokument hervor, das der t3n-Redaktion vorliegt.

Die Zahl und Größe der auf Blackfridaysale.de vertretenen Marken war auch 2016 wieder beachtlich. Wieviele davon ein teures Werbepaket gebucht haben und wie viele eine Gratiskooperation eingingen, ist unbekannt. (Screenshot: Blackfridaysale.de)
Aber geht das Wachstumskonzept auch beim Kunden auf? Es scheint so: In einer Pressemeldung am 29. November 2013 jubiliert ein Händler namens Johannes Mitteregger, Geschäftsführer von Sportnahrung.de: „Der Trafficzuwachs ist enorm. Im Vergleich zu einem normalen Tag hat sich unser Umsatz allein gestern zwischen 19 und 24 Uhr mehr als verdreifacht.“ Irritierend an dieser Jubelmeldung: Sportnahrung.de ist ein Unternehmen, das Konrad Kreid mit aufgebaut hat, wie einem Interview aus dem Jahr 2015 zu entnehmen ist. Laut Handelsregister ist er heute einziger Gesellschafter und Geschäftsführer.
David gegen Goliath
CMO Krenslehner versucht Gall anfangs auf seine Seite zu ziehen und bietet am 19. November 2013, kurz vor dem Start des eigenen Portals, eine Kooperation an. Gall soll die „10.000 exklusiven Black-Friday-Deals der Top 100 umsatzstärksten Online-Shops“, mit denen Krenslehner in einer E-Mail an Gall wirbt, auch über seine Seite ausspielen – dafür würde er 25 Prozent der angeblich wesentlich höheren Provision erhalten, die Blackfridaysale mit Affiliate-Netzwerken ausgehandelt habe. Doch Gall lehnt ab.
Gall bleibt damit Konkurrent – offenbar sehr zum Verdruss der Österreicher. Denn sein Zwei-Mann-Betrieb erreicht mittlerweile trotz der gut geölten Marketingmaschinerie der Black Friday GmbH die besseren Ergebnisse: Im November 2014 erreicht erreicht Black-Friday.de 465.000 Visits mobil und am Desktop, Blackfridaysale.de landet bei 448.000. Die Black Friday GmbH gibt 2013 in einem Interview mit Gründerszene.de an, „bis zu 50 Mitarbeiter“ zu beschäftigen. Simon Gall wird laut eigener Aussage von einem einzigen Mitarbeiter unterstützt.
Der Black-Friday-Krieg beginnt
Nach der Ablehnung des Kooperationsvertrags im Jahr 2013 wird der Marketing-Experte das Gefühl nicht mehr los, dass sein Mitbewerber konzentriert Stimmung gegen ihn macht – auch in öffentlichen Pressemeldungen. Anfangs klingt die Erwähnung von Mitbewerbern in Pressemeldungen der Black Friday GmbH noch recht sanft: „Nach ersten Aktionen einzelner Shops und kleinerer Portale konnte der Black-Friday-Sale den Event 2013 hierzulande erstmals als gemeinsame Initiative des deutschen Onlinehandels fest etablieren.“
Doch nachdem Gall erfolgreicher wird, wird die Black Friday GmbH am 18. November 2014 im Ton deutlich schärfer: „Neben speziellen Angeboten zahlreicher Onlineshops und gemeinsamen Handelsinitiativen wie dem offiziellen Black-Friday-Sale sind im deutschsprachigen Raum inzwischen auch viele Trittbrettfahrer und reine Linksammler unterwegs.“ 2015 wird Kreid noch deutlicher: „Zum Black Friday werben auch andere Anbieter mit ihren Schnäppchenportalen. Hier raten die Betreiber von BlackFridaySale.de zur Vorsicht vor unseriösen Plattformen.“Der Ton wird schärfer.
In der gleichen Meldung brüstet sich die Black Friday GmbH damit, dass sich die Besucherzahlen im Vergleich zu den 1,2 Millionen Besuchern am Black Friday des Vorjahres jetzt verdoppelt hätten. Laut Similarweb-Daten von damals führt Gall das Rennen aber weiter an: Black-Friday.de erreicht im Monat November 2015 918.000 Visits mobil und am Desktop, Blackfridaysale.de liegt bei nur 604.000.