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Celsius vor dem Crash? Krypto-Kreditgeber friert Kundenvermögen ein

Die dezentrale Finanzplattform Celsius hat seit Sonntag „alle Abhebungen, Swaps und Überweisungen zwischen Konten pausiert“. Das Unternehmen hat 1,7 Millionen Kunden und ist der größte Krypto-Kreditgeber.

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Der Bitcoin befindet sich momentan auf Talfahrt. (Bild: Shutterstock/Jin Odin)

Die unerwartete Maßnahme hat nicht nur den nativen CEL-Token zum Absturz gebracht. Der schwankt laut Coinmarketcap während der Erstellung dieses Artikels zwischen 0,19 und 0,21 US-Dollar. Unabhängig vom konkreten Betrag ist das jedenfalls ein Rückgang um deutlich über 90 Prozent innerhalb von zwei Monaten. Allein der 24-Stunden-Verlust liegt bei über 50 Prozent. Vor einem Jahr wurde der Token noch für fast sieben Dollar gehandelt, noch im April lag der CEL bei drei Dollar.

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Offenbar ist das Celsius Network in den Sog um den Terra-Crash geraten, der die Kryptowelt sensibler gegen Risiken gemacht hat. So musste sich Celsius Fragen zu seinen angeblich hohen Renditen und seinen Reserven stellen lassen. Auch die Verbindungen zum gescheiterten Terra-Stablecoin UST wurden hinterfragt.

Celsius mit rasant steigenden Abhebungen konfrontiert

Im Zuge dessen sank der Wert der Vermögenswerte auf der Plattform im Mai um die Hälfte auf 12 Milliarden Dollar. Im Dezember 2021 hatte Celsius noch einen Gegenwert von 24 Milliarden Dollar gehalten. Wie die Financial Times berichtet, floss zwischen März und floss eine Milliarde Dollar aus dem System ab.

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Noch am 7. Juni hatte Celsius versucht, mit einem geharnischten Blogpost unter dem Titel „Damn the torpedoes“ für Zuversicht zu sorgen:

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„Celsius hat die Reserven (und mehr als genug ETH), um die Verpflichtungen zu erfüllen, die durch unser umfassendes Liquiditätsrisikomanagement vorgegeben sind.“

Das klang eigentlich recht definitiv. Nur fünf Tage später klingen die Verlautbarungen aus dem Hause Celsius ganz anders. Am 12. Juni begann eine E-Mail an alle Kunden wie folgt:

„Aufgrund der extremen Marktbedingungen geben wir heute bekannt, dass Celsius alle Abhebungen, Swaps und Überweisungen zwischen Konten pausiert. Wir ergreifen diese Maßnahme heute, um Celsius in eine bessere Lage zu versetzen, seinen Abhebungsverpflichtungen langfristig nachzukommen.“

Inzwischen hat Celsius den Text auch als Blog-Beitrag veröffentlicht. Darin beschreibt der Krypto-Verleiher in blumigen Worten eine Situation, die wesentlich ernster wohl kaum werden kann. Celsius muss seine Zugänge schließen, um zu verhindern, dass es alle Assets verliert. Das wäre der Super-GAU.

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So schreibt das Unternehmen, dass das „ultimative Ziel des Unternehmens die Stabilisierung der Liquidität und die Erfüllung der Abhebungsverpflichtungen“ sei. Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbdingungen sei aktiviert worden, um das interne Schutzschirmverfahren auszulösen.

Wie lange der eigentlich inakzeptable Zustand, dass Celsius die Vermögen seiner Kunden einfach einfriert, anhalten wird, prognostiziert Celsius nicht. Stattdessen stimmt das Unternehmen seine 1,7 Millionen Kunden auf eine längere Durststrecke ein. So weist Celsius darauf hin, dass „dieser Prozess Zeit in Anspruch nehmen wird und es zu Verzögerungen kommen kann.“

Seit der Ankündigung des Stops aller Aktivitäten ist das Unternehmen kommunikativ abgetaucht. Auf Social Media herrscht Stille. Gleiches gilt für den ansonsten recht aktiven Celsius-Chef Alex Mashinsky. Er hat es dabei belassen, die Ankündigung seines Unternehmens per Retweet zu verteilen.

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Auch deutsches Startup Nuri betroffen

Die deutsche Neobank Nuri (vormals Bitwala) ist ebenfalls vom Einfrieren aller Assets auf Celsius betroffen. Denn die Kunden des „Bitcoin-Ertragskontos“, das Nuri als Vertreter der Solarisbank über Celsius anbietet, kommen nun ebenfalls nicht mehr an ihre Einlagen.

Wie das Handelsblatt berichtet, funktioniert das Modell so, dass Nuri das Krypto-Vermögen seiner Kunden an Celsius durchreicht. Celsius wiederum verleiht die Bitcoins der Nuri-Anleger gegen Zins an andere Anleger. Bis zu drei Prozent Ertrag sollen Nuri-Kunden so erwirtschaften können.

Danach sieht es aktuell nicht aus. Fairerweise ist zu konstatieren, dass Nuri das Bitcoin-Konto bei Celsius zwar offensiv beworben hatte, dabei seine Kunden aber durchaus schonungslos über die Risiken aufgeklärt hatte. Auch die mögliche Insolvenz von Celsius und der dann mögliche Totalverlust aller Gelder wird nicht verschwiegen.

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Bitcoin stürzt ab

Im Gefolge der Celsius-Ankündigung ist der Bitcoin am Monatg weiter abgestürzt und bewegt sich nun unterhalb der 24.000-Dollar-Marke.

Noch unklar ist, wie ein Tweet des Binance-Chefs CZ einzuordnen ist. Der hat am Montagnachmittag einen Abhebungsstopp für Bitcoin auf der weltgrößten Kryptobörse Binance verkündet.

Eine nicht erfolgreiche Transaktion verstopfe die Leitungen, verkündete CZ auf Twitter. 30 Minuten Geduld sollten Kunden haben. Das Problem werde schnell gelöst. Stunden später ist das Problem aber noch immer nicht gelöst. Die Nervosität steigt.

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Celsius: Geschäftsmodell wirft schon länger Fragen auf

Das Geschäftsmodell von Celsius ist schon seit dem Beginn nicht unumstritten. Im Grunde funktioniert Celsius zwar wie eine konventionelle Bank, die Einlagen annimmt und in Form von Krediten wieder ausgibt. Dabei gibt es allerdings zwei sehr schwerwiegende negative Aspekte.

Zum einen lockt Celsius mit extrem hohen Renditen, die Zinsäquivalente von bis zu 30 Prozent erreichen können – auf dem Papier. Kritiker sehen in derartigen Versprechungen im besten Fall ein Ponzi-Scheme und halten das Scheitern des Unternehmens seit jeher nur für eine Frage der Zeit.

Der zweite und noch wesentlichere negative Aspekt des Celsius-Netzwerks ist, dass es zwar wie eine Bank funktioniert, aber nicht wie eine Bank abgesichert ist. Während sich Bankkunden auf eine (weltweit unterschiedliche) Einlagensicherung verlassen können, steht bei Celsius stets der Totalverlust im Raum.

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Stattdessen verlässt sich Celsius darauf, seine Einlagen mit Krypto-Assets zu besichern. Das Netzwerk investiert aktiv und erleidet dabei auch die ein oder andere Schlappe. Auch im Defi-Sektor engagiert sich das Unternehmen. Als allerdings die DeFi-Plattform BadgerDAO im Dezember gehackt wurde, verlor Celsius Kryptowährungen im Wert von 54 Millionen Dollar. Laut Celsius sollen Vermögenswerte von Kunden nicht betroffen gewesen sein. Das scheint indes bei einem Kreditgebersystem wie dem von Celsius nicht plausibel.

Schiere Größe ist positiv und negativ zugleich

Die schiere Größe der Plattform scheint einerseits immer noch für eine gute Reputation zu reichen. So konnte sich Celsius laut Bloomberg immerhin eine Milliarde Dollar von Tether, dem an den Dollar gekoppelten Stablecoin, leihen. Sogar Kanadas zweitgrößter Pensionsfonds, die Caisse de Dépôt et Placement du Québec (CDPQ), investierte im Rahmen einer 400-Millionen-Dollar-Kapitalrunde in das Unternehmen.

Andererseits macht die schiere Größe der Plattform auch nervös. Gerade in den USA sieht sich Celsius in mehreren Bundesstaaten mit Unterlassungsverfügungen der dortigen Aufsichtsbehörden konfrontiert. In New York interessiert sich die Generalstaatsanwaltschaft für das Unternehmen. Celsius beteuert seine Kooperationsbereitschaft.

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Der inzwischen suspendierte Finanzchef des Unternehmens wurde im November 2021 in Israel wegen des Verdachts auf Geldwäsche, Betrug und sexuelle Nötigung festgenommen. Obschon es sich dabei um persönliche Vorwürfe aus einer Zeit vor der Tätigkeit für Celsius handelt, erhöhen solche Vorgänge nicht eben das Vertrauen in die Plattform.

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