CERN-Teilchenbeschleuniger läuft wieder und liefert neue Entdeckungen
100 Meter unter der Erde werden zwei entgegengesetzte Protonenstrahlen fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt – was klingt wie eine Szenenbeschreibung aus Star Wars, ist die Versuchsanordnung des Large Hadron Collider (LHC) im Forschungszentrum CERN im schweizerischen Genf.
Die Kollisionen der Protonen im 27 Kilometer langen Ringtunnel werden im Anschluss tagtäglich von tausende Forscher:innen untersucht – und die haben nun im alten Datensatz des Experiments eine verblüffende Entdeckung gemacht.
CERN: Neuartige Bausteine der Realität
Drei neue – äußerst ungewöhnliche Teilchen – konnten laut LHC erstmals nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich um zwei Tetraquarks und ein Pentaquark, die in ihrer Zusammensetzung bisher einzigartig sind. Quarks, das sind kleine Bausteine, die sich wiederum zu Hadronen zusammenfügen. Ihre bekanntesten Vertreter sind Neutronen und Protonen, die den meisten vielleicht noch aus dem Physik- oder Chemieunterricht geläufig sein dürften. Sie bestehen jeweils aus drei Quarks und sind für die Bildung von Atomkernen verantwortlich. Letztendlich sind Quarks also die Bausteine der Materie und liefern so Erkenntnisse darüber, wie unsere Welt aufgebaut ist.
„Entdeckungsphase“: Teilchenzoo 2.0
Die neuen Teilchen wiesen dabei eine hohe statistische Signifikanz auf. Das bedeutet: Sie scheinen tatsächlich zu existieren und keine bloßen Zufallsschwankungen im Experiment zu sein. Der zuständige Koordinator der Forschungsgruppe Niels Tuning zeigte sich begeistert: „Wir erleben gerade eine Entdeckungsphase wie in den 1950er-Jahren.“ Damals wurde eine große Zahl Hadronen erstmals nachgewiesen. Man sei gerade dabei, einen Teilchenzoo 2.0 zu schaffen.
Was die Wissenschaftler:innen mit der großen Entdeckung nun anfangen, darüber dürfen sie sich künftig die Köpfe zerbrechen. Die Forschung dazu beginnt gerade erst. In den vergangenen drei Jahren wurden keine Experimente am Teilchenbeschleuniger durchgeführt, um Modernisierungsarbeiten vorzunehmen. Seit dem 5. Juli 2022 ist er wieder in Betrieb und soll in den kommenden vier Jahren Laufzeit weitere Erkenntnisse zu den außergewöhnlichen Teilchen liefern. So will man beispielsweise mehr über die Struktur der Pentaquarks herausfinden und genaue Vermessungen vornehmen.
Zusammensetzung des Universums
Nach der Entdeckung des als „Gottesteilchen“ bekanntgewordenen Higgs-Boson hat der Teilchenbeschleuniger also wieder neue Erkenntnisse über die Zusammensetzung des Universums geliefert. In der Schweiz ist man damit ein Stück näher an der Lösung dessen, was schon Goethes Faust keine Ruhe ließ – der Frage, „was die Welt im Innersten zusammenhält.“