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Von der Uni in die Führungsposition: HR-Richtlinie sorgt für Diskriminierungsvorwurf gegen Check24

Wer mehr als zwei Jahre Berufserfahrung mitbringt, hat laut einem internen HR-Dokument kaum Chancen auf bestimmte Posten beim Münchner Vergleichsportal Check24. Was die Firma angeblich agil halten soll, ist laut Experten rechtswidrige Diskriminierung.

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Laut einer HR-Richtlinie besetzt Check 24 seine Führungspositionen in bestimmten Bereichen ausschließlich mit Bewerbern mit wenig Berufserfahrung. (Foto: Chris Redan/Shutterstock)

„Hire for attitude, train for skill“: Unter diesem Motto will Check24 zwei Jahre lang bestimmte Positionen im Unternehmen nur mit Menschen besetzen, die maximal zwei Jahre Berufserfahrung haben. Die würden nämlich besser zum Unternehmen passen, heißt es in einem internen Papier, das als „2×2 Recruiting Guideline für PM, IT & Data Science“ überschrieben ist und dem Finance Forward Magazin vorliegt.

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Die Richtlinien sind eindeutig: Wer mehr als die anvisierten zwei Jahre Berufserfahrung mitbringt, werde „von HR im Screening aussortiert“. Ausnahmeanträge müssten mit Begründung direkt beim Check24-Gründer Henrich Blase landen.

„Lassen sich viel eher formen“: Die Details zum 2×2-Plan von Check24

Die Stellen, auf die die Richtlinie aus dem Juni 2024 angewendet werden soll, sind im Produktmanagment, in der Entwicklung und im Bereich Data-Science angesiedelt. Check24 zielt laut Finance Forward mit der 2×2-Praxis auch auf das Recruiting von zukünftigen Führungskräften ab. Ausgenommen von der Regelung sind lediglich Jobs, die während einer Ausbildung absolviert werden – also beispielsweise Praktika und die Beschäftigung von Werkstudenten –, sowie Posten in der Geschäftsführung.

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Im internen Dokument heißt es, Menschen mit vergleichsweise wenig Berufserfahrung würden besser zur Unternehmenskultur passen. Die sei bei Check24 „offen für unkonventionelle Ideen“ und biete „steile Lernkurven“. Das Unternehmen entlohne „nach Fähigkeiten und Einsatz“, nicht nach „Standzeiten und Gehaltsbändern“ und brauche nun mal „junge Talente“, um „in zehn Jahren mindestens genauso erfolgreich zu sein wie heute“.

Etwas direkter fällt die Formulierung eines Check24-Insiders aus, der wenig überrascht vom HR-Dokument ist. Er sagt Finance Forward und Capital: „Leute, die direkt von der Uni kommen, lassen sich viel eher formen und sind viel günstiger.“

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Ein Vorteil, den er in den jungen Strukturen bei Check24 sieht: Man könne schnell aufsteigen. Die Schattenseite davon schildert ein anderer Insider: „Wer über 30 ist, fühlt sich in dieser Firma unsicher.“

Systematisches Aussortieren im Bewerbungsverfahren: Das sagen Arbeitsrechtler

Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist das HR-Dokument zur 2×2-Richtlinie mehr als pikant: Die Regelung stelle eine „mittelbare Diskriminierung wegen des Alters dar“, so DGB-Jurist Till Bender zu Finance Forward, schließlich liege es „in der Natur der Sache, dass ältere Menschen in der Regel mehr Berufserfahrung haben als junge“. Das „nur auf den ersten Blick neutrale Kriterium“ der Berufserfahrung „diskriminiert damit ältere Beschäftigte“.

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Auch der Berliner Arbeitsrechtsanwalt Marc-Oliver Schulze sieht einen Verstoß gegen das sogenannte Benachteiligungsverbot, das im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) festgelegt ist.

„Das AGG schützt vor Diskriminierungen aufgrund bestimmter Merkmale, darunter fällt auch das Alter“, wird Schulze von Finance Forward zitiert. Die 2×2-Richtlinie beziehe sich zwar nicht direkt auf das Alter, eine Diskriminierung finde aber doch „mittelbar statt“, weil Ältere schlicht häufiger „mehr als zwei Jahre Berufserfahrung“ hätten.

Es sei nicht ausreichend, die „strikten Vorgaben, die kaum Ausnahmen zulassen, damit zu begründen, dass Seniors selbst ausgebildet werden sollen“.

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Altersdiskriminierung bei Check24: Das sagt das Unternehmen

Solange sich allerdings niemand aus der Belegschaft oder dem Bewerbungspool aktiv gegen Check24 stellt, drohen dem Unternehmen keine rechtlichen Konsequenzen. Ein Betriebsrat könnte zwar in der Theorie gegen die Richtlinie vorgehen – in der Praxis gibt es bei Check24 derzeit aber kein entsprechendes Gremium.

Das Unternehmen selbst gibt sich gegenüber Business Insider „überrascht von der Berichterstattung“. Man orientiere sich beim Recruiting „an den Unternehmens­beratungs­häusern (zum Beispiel McKinsey, Bain & Company, BCG)“ und lege dabei eben einen Fokus auf „Absolventen von Hochschulen“.

Es gebe, so Check24, „natürlich“ auch Einstellungen von Menschen mit Berufserfahrung, über die die jeweiligen Produktbereiche entscheiden würden. Der entscheidende Punkt, den Check24 in einem Halbsatz hinterherscheibt: Diese Hirings finden „außerhalb der Geschäftsführerposten“ statt.

Unverschämte Stellenanzeigen: Reddit-Nutzer sammeln Mega-Fails Quelle: camilo Concha / shutterstock.com
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