Circular Economy in der FMCG-Branche: So klappt nachhaltiges Wirtschaften
Als Teil der Circular-Economy-Idee entwickelte sich in den 90er-Jahren der Cradle-to-Cradle-Ansatz („vom Ursprung zum Ursprung“), der um ein Vielfaches radikaler ist und sich als Schlüssel zu einer 100-prozentig nachhaltigen Wirtschaft sieht. Cradle-to-Cradle-Produkte sind solche, die nach dem Gebrauch auf natürliche Weise kompostiert werden oder als „technische Nährstoffe“ kontinuierlich in technischen Kreisläufen gehalten werden können. Beispiel elektrische Energie: vom Grundsatz her sinnvoll, aber nicht zu Ende gedacht. Offen bleibt die Frage, was getan werden kann, damit die Batterie nach ihrer Nutzung zu 100 Prozent wiederverwendet werden kann – oder eben als biologisches Produkt in sich verfällt. Hier fehlt es noch an einem ganzheitlichen technischen Kreislaufkonzept.
Auch wenn Cradle-to Cradle noch Vision ist, sollten Unternehmen nicht zögern, zu handeln. Digitalisierung kann ein wichtiger Katalysator dafür sein, bereits jetzt zirkuläre Dienstleistungen zu testen. Unternehmen müssen für solche Geschäftsmodelle ein genaueres Verständnis dafür entwickeln, wie ihre Lieferkette möglichst hochwertige Materialien zur Verfügung stellen kann und wie der Kunde ein Produkt tatsächlich nutzt. Besonders neuartige Technologien geraten hier in den Fokus. Über Blockchain-Anwendungen beispielsweise können sich theoretisch genauere Informationen über den Ursprung bestimmter Materialien sammeln lassen, um die Hochwertigkeit eines Produktes sicherzustellen.
„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, mit der sie entstanden sind“ – Albert Einstein
Für ein Unternehmen zeichnen sich also zwei Kernfragen ab: Wie wird das Produkt entwickelt? Wie kann seine Langlebigkeit sichergestellt werden? Gerade Smartphones, Kopfhörer und viele andere technische Geräte und Zubehör gehen nach einer bestimmten Zeit kaputt. Dadurch versprechen sich Hersteller konstante Umsätze. Das alte Produkt allerdings verkümmert in der Schublade oder landet auf einer Mülldeponie, wo es dann irgendwann dem natürlichen Ökosystem zur Last fällt. Außerdem sind Smartphones ressourcenintensiv in ihrer Herstellung. Das holländische Unternehmen Fairphone hat sich dieser Herausforderung gestellt. Mit ihrem Smartphone wollen sie Transparenz entlang der Wertschöpfungskette garantieren. Dank des besonderen Designs wird es Nutzern zudem ermöglicht, Teile einfach auszutauschen, um die Langlebigkeit sicherzustellen.
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Eine solche Umsetzung ist in einigen Industrien einfacher als in anderen. In der Branche der schnelllebigen Konsumgüter (FMCG) ist ein Übergang zu Circular Economies komplex. Das liegt auch an spezifischen Produkteigenschaften, zum Beispiel der Verpackung. Ohne sie geht es kaum, denn im Massenmarkt lassen sich Limonade und Waschmittel schlichtweg nicht unverpackt ausliefern.
4 Schritte in die Circular Economy
1. Die User-Journey reflektieren
Im Kern jedes Produktes steht die Art und Weise, wie der Konsument es kauft, benutzt und entsorgt. Hier muss analysiert werden, welche Komponenten für ihn essenziell sind und welche nicht. Interessant sind in diesem Kontext beispielsweise Mietsservices von Waschmaschinenherstellern. Indem sie Waschmaschinen verleihen, anstatt sie zu verkaufen, können Unternehmen der Tatsache Rechnung tragen, dass es dem Kunden nur um das eigentliche Waschen geht. Der Besitz einer Waschmaschine ist jedoch nicht notwendig. Über ein Mietmodell erreicht der Kunde nun den gleichen Nutzen, als gehöre ihm die Waschmaschine. Für den Hersteller bedeutet das, dass die Langlebigkeit der Waschmaschine gleichzeitig mehr Umsatz bringt, nicht weniger.
2. Biologische Kreisläufe mitdenken
Ein wichtiger Bestandteil in jedem zirkulärem Geschäftsmodell sind die genutzten Materialien. Da das Ziel der Kreislaufwirtschaft eine erhöhte Langlebigkeit des Produktes ist, sollten höherwertige Wertstoffe benutzt werden. Zwar können sie in der Produktion teurer sein, allerdings werden über die Langlebigkeit geringere Kosten pro Nutzen erzielt. An diesem Punkt werden neuartige Technologien interessant und sollten erforscht werden. In der Blockchain-Technologie zum Beispiel sind insbesondere Anwendungen zur Nachverfolgbarkeit beziehungsweise Historie von Materialen und Teilen interessant. Somit fungiert eine Blockchain als solide Datengrundlage für einen Predictive-Maintenance-Mechanismus. Dadurch entsteht aus dem Zusammenspiel einer Blockchain und einer KI-Applikation die Möglichkeit, die Aufbereitungsinfrastruktur eines zirkulären Geschäftsmodelles effizienter zu gestalten.
3. Technische Kreisläufe berücksichtigen
Zusätzlich sollte betrachtet werden, wie ein Konsument ein Produkt transportiert und lagert. In einer Linearwirtschaft funktioniert das über die Verpackung, die nach dem Gebrauch weggeworfen wird. Da Müll jedoch vermieden werden soll, müssen Modelle evaluiert werden, die die Wiederverwendung der Verpackung ermöglichen. Beispiel Shampoo: Hier sollte die Verpackung einmalig verkauft werden und danach wiederbefüllbar sein. Eine Kostenersparnis wird es dadurch – zumindest kurzfristig – zwar nicht geben, da das neue logistische System auch hohe Investitionskosten nach sich zieht, dafür tut der Kunde jedoch etwas für Klima und Umwelt. Wichtig für die Umsetzung sind hier die richtigen Vertriebspartner, da nur sie eine einfache und bequeme Wiederbefüllung garantieren können. Und natürlich der Handel. Welches Vertriebsmodell Sinn ergibt, hängt vom Unternehmen selbst ab. In den USA experimentiert das Startup Loop beispielsweise mit dem Milchmann-Konzept, bei dem Kunden ein Abo abschließen und ihr Shampoo in wiederbefüllbaren Behältern geliefert bekommen.
4. Einen digitalen Unterbau schaffen
Die Notwendigkeit einer Vertriebsinfrastruktur bestärkt die Wichtigkeit der Informationsvermittlung. Hier kommen die Kompetenzen eines Unternehmens im Bereich Datenanalyse und Prognose ins Spiel. Daher haben insbesondere KI-Applikationen, die Predictive Analyses durchführen können, eine hohe Relevanz. Über sie lassen sich Nutzen- und Nachfüllprognosen für das oben genannte Shampoo-Beispiel erstellen. Sie ermöglichen, die gesamte vertriebliche Infrastruktur, die für die Befüllung der Shampoo-Flaschen notwendig ist, effizienter und kundenfreundlicher zu steuern. Einen ähnlichen und unterstützenden Effekt bietet das Internet-of-Things (IoT). So kann beispielweise Arbeitskleidung im Rahmen einer Circular-Economy-Strategie mit RFID (Radio Frequency Identification)-Chips ausgestattet werden. Die können dann unter bestimmten Bedingungen Informationen zur Nutzung und Beständigkeit direkt wiedergeben. Es gibt bereits Waschmaschinen, Kühlschränke und weitere Geräte, die mit entsprechenden Sensoren ausgerüstet sind, um Daten über die Nutzung zu sammeln und rechtzeitig Wartungen einzuleiten, um die Lebensdauer zu verlängern.
Fazit
Weil Materialien nicht mehr aus natürlichen Ökosystemen extrahiert werden müssen und Abfall in einer zirkulären Wirtschaft Wiederverwendung findet, ermöglichen Kreislaufsysteme eine Win-win-win-Situation für Unternehmen, Umwelt und Gesellschaft. Dabei ist die Möglichkeit, Müll in neue Produkte zu verwandeln, die deutlich kostengünstigere Alternative. Für Konsumenten kann das den positiven Nebeneffekt haben, dass Produkte unter anderem aufgrund der sich für Unternehmen amortisierenden Investitionskosten langfristig günstiger werden. In der Planung eines zirkulären Geschäftsmodells spielen digitale Technologien eine zentrale Rolle, um die Effizienz des Geschäftsmodells zu sichern. Bestimmte Technologien wie Blockchain, IoT und KI erzielen nicht von Natur aus nachhaltige Nebeneffekte. Vielmehr dienen sie als Unterstützung, die Lieferkette für Produkte transparenter und dadurch hochwertiger zu gestalten, nötige Vertriebsnetzwerk zielführender zu organisieren und anschließend ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, wie der Endkonsument ein Produkt nutzt.