Die Cloud auf Tauchstation: Warum Microsoft ein Rechenzentrum im Meer versenkt
Rechenzentren verbrauchen nicht nur viel Energie, sie müssen auch aufwendig gekühlt werden. Microsoft arbeitet daher schon seit einigen Jahren an einer ungewöhnlichen Lösung des Problems: Der Konzern entwickelt Unterwasser-Rechenzentren, die in Küstennähe platziert werden sollen. Daraus sollen sich mehrere Vorteile ergeben. Zum einen hilft das umgebende Meerwasser bei der Kühlung. Zum anderen könnten die in speziellen Tanks verbauten und nicht begehbaren Rechenzentren problemlos frei von Sauerstoff gehalten werden. Das wiederum soll vor Korrosion schützen, wodurch die Hardware langlebiger wird. Darüber hinaus können im Meer erbaute Windkraftanlagen oder Gezeitenkraftwerke die Rechenzentren umweltfreundlich mit Strom versorgen.
Schon 2015 haben Microsoft-Forscher mit der Planung ihres Unterwasser-Rechenzentrums begonnen, nachdem der Konzern von 2012 bis 2015 erste Versuche mit einem Vorgängermodell unternommen hat. Am 1. Juni 2018 wurde dann die zweite Testeinheit vor der Küste Irlands in Betrieb genommen. Im Inneren des röhrenförmigen Containers befinden sich zwölf Server-Racks, was für einen Test ausreichen sollte. Ein Problem gibt es allerdings: Sollten einzelne Komponenten ausfallen, lassen sie sich nicht ersetzen, ohne den ganzen Container vom Meeresboden zu holen.
Daher strebt Microsoft eine Lebensdauer von mindestens fünf Jahren an. Sofern die Technik so lange durchhält, sollen die Container im Anschluss geborgen, auf den neusten Stand gebracht und erneut versenkt werden. Zumindest ist das die Hoffnung des Teams. Ob das überhaupt gangbar ist, wird der derzeit laufende Test zeigen müssen. Sollte es jedoch funktionieren, soll ein einzelner Rechenzentrumscontainer insgesamt 20 Jahre eingesetzt werden – also bis zu vier Tauchgänge lang.
Microsoft: Unterwasserrechenzentren sind noch weit von der Marktreife entfernt
Es bleibt abzuwarten, wie erfolgreich die zweite Testphase der Unterwasser-Rechenzentren sein wird. In der Theorie hat das Konzept aber einige Vorteile. Zumal etwa 50 Prozent der Weltbevölkerung in Küstennähe leben. Von den 25 größten Städten der Welt liegen beispielsweise nur vier nicht in der Nähe des Meeres. Mit den Unterwasser-Rechenzentren könnten Unternehmen also auch vergleichsweise einfach den steigenden Bedarf decken, ohne wertvolles Bauland in Küstennähe in Beschlag zu nehmen. Vorläufig bleibt das Ganze allerdings ein Forschungsprojekt, dessen kommerzielle Zukunft unklar bleibt. Zunächst wird Microsoft im Testbetrieb überprüfen, wie sich ihr Container unter realen Bedingungen schlägt.
Die Cloud auf Tauchstation: Warum Microsoft ein Rechenzentrum im Meer versenkt