Cohns fabelhafte digitale Welt: Staatlicher Datenklau – Kavaliersdelikt oder gekonnte staatliche Kabarettnummer?
Verschwörungstheoretiker aller Länder vereinigt euch! Jahrelang hat man euch als Spinner mit bescheuerten Aluhüten diffamiert und nun zeigt sich, Ihr hattet recht! Euer Theoretisieren über die amerikanische Weltverschwörung war gar keine Theorie, das war ja in echt!
Ich suche immer noch nach einem Wort, mit dem man das, was da mithilfe die Schweizer Fa. Crypto AG passiert ist, am besten beschreibt. Könnt ihr mir bitte helfen?
Mit einer Mischung aus Bewunderung und Abscheu berichten die Medien aktuell über den gerade bekannt gewordenen Coup von BND und CIA, mithilfe einer Liechtensteiner Tarnfirma das führende (neutrale! sic!) Schweizer Unternehmen in Sachen Datenverschlüsselung unterwandert, kontrolliert und über 100 Staaten unsichere Verschlüsselungsgeräte untergejubelt zu haben.
Okay, Feinde auszuspionieren und zu beklauen kann je nach Lage notwendig und sinnvoll sein, aber Freunde? Freunde auszuspähen und ihnen ihre Daten zu stehlen, das ist mal was ganz was anderes. Oder sind Italien, Irland, Österreich und andere etwa keine befreundeten Länder? Oder müssen wir nicht doch zu dem Schluss kommen, die Amerikaner sind gar nicht unsere Freunde, die sind ganz was anderes, vor dem wir uns besser fürchten sollten, die nur gerade Kreide gefressen haben, weil es ihnen in den Kram passt?
Bis jetzt waren die Verhältnisse in der Welt doch so schön überschaubar, die Amis sind die Guten und die anderen die Bösen, aber jetzt? Ist das wirklich noch so? Ist die Weltordnung vielleicht doch ganz anders? Muss der arme Machiavelli wirklich für die Begründung jeder Schweinerei herhalten?
Fragen über Fragen
Vor allem versuche ich desperat, eine Antwort auf folgende Fragen zu finden: Wieso ließen die großen Amis den kleinen deutschen Michel bei dieser Aktion mitspielen? Was war es, das Uncle Sam so dringend von den Deutschen brauchte, dass er diese Aktion nicht alleine durchzog? Arthur Scherbius, der Erfinder der Enigma (für Geschichtsunterrichtsverschläfer: die Verschlüsselungsmaschine der Deutschen im 3. Reich!) ist doch schon seit 1929 tot! Sollten die Deutschen im Fall eines vorzeitigen Auffliegens vielleicht als Sündenbock herhalten? Oder einfach nur unauffälliger die Verhandlungen mit den Schweizern führen können? So ein amerikanischer Schlapphut ist in der Schweiz einfach zu auffällig! Da fliegen ja sogar Mossad-Agenten bei nächtlichen Verwanzungsaktionen auf! (1998 im Kanton Bern)
Wie mitschuldig sind die deutschen Behörden am Massaker an Tausenden Menschen? Obwohl beide Geheimdienste dank der entschlüsselten Nachrichten davon wussten, haben sie diese nicht verhindert!
Wollte sich der deutsche, selbsternannte 008, Bernd Schmidbauer, einfach nur ein bisschen wichtig machen und auch im großen Agentensandkasten mitsandeln und so tun, als wär er wer?
Warum wurde die ganze Geschichte ausgerechnet jetzt über eine Indiskretion bekannt? Wird dieses Schweizer Agentenspielzeug vielleicht nicht mehr gebraucht? Ist es zu alt und umständlich geworden? Greift „man“ die Daten heute vielleicht längst ganz anders und viel unauffälliger ab?
Was haben eigentlich die smarten Jungs, die ehemaligen KGBschniki in der ganzen Zeit getrieben? (Für Millennials: Der KGB war der sowjetische Vorläufer des heutigen FSB, des Geheimdienstes in Putistan) Glaubt ja doch bitte niemand ernsthaft, dass diese Seite nur artig auf ihrem Stühlchen hockt und darauf wartet, dass der blonde Unimpeachbare in Gods Own Country wieder irgend eine halbgare Aktion in die Gegend pustet?
Wenn die in der Lage waren, geheime, amerikanisch verschlüsselte Telefonate der amerikanischen Außenministerin Madeleine Albright abzuhören und zu veröffentlichen, dann muss man sich doch fragen, was kriegen die denn noch so alles mit? Vermutlich viel mehr, als wir uns nur träumen lassen! Immerhin hatten die sogar schon mal den größten Transistor der Welt!
Und wie war das gleich mit 5G?
Und ist an dem ganzen Alarmgeschrei betreffend des chinesischen Mobilfunkgeräteherstellers und 5G in Deutschland vielleicht doch viel mehr dran, als man uns glauben machen will? Brauchen wir doch wieder die Aluhüte? Und wer im BND kann schon Chinesisch?
Ach ja, und was machen Sie und ich, wenn wir nicht wollen, dass unsere E-Mails wie offene Postkarten von jedermann und -frau gelesen werden können? PGP und andere, ist das nicht inzwischen längst auch schon eine offene Postkarte mit dem Masterkey in den schmutzigen Pratzen von Big Uncle Brother Sam?
Müssen wir vielleicht doch wieder zur Methode Mozart greifen und obszöne (Lied-)Texte schreiben, damit die Zensoren nicht verstehen, was damit wirklich gemeint ist?
Ich glaube, ich werde in Zukunft wieder zu Briefpapier, Füllfeder und Siegellack greifen, ein Familienpetschaft habe ich noch!
Ach ja, und wie war das? Sitzt vor über 30 Jahren ein Student der Musikuni am Ufer der Elbe und liest in einer Partitur, stehen auf einmal zwei Vopos (für Einheitsgeborene: Volkspolizisten, die, wie man sagte, etwas unterbelichtete Exekutive der untergegangenen DDR) hinter ihm: „Folschen Sie uns unauffälsch!“ „Warum?“ „Weschen subversiver Dädischgeid!“ „Aber, das sind doch Noten! Von Mozart“ „Dud nüschd, Mozard had schon jeschdandn!“
Oder ist Gerhard Seyfried noch zu Ostblockzeiten ein größerer Visionär gewesen als wir das damals dachten? Und ja, ich blicke unserer digitalen Zukunft unerschrocken entgegen.
Was unsere fabelhafte digitale Welt sonst noch an Überraschungen für William Cohn bereithält, lest ihr hier.