Studien beweisen negative Gedächtnis-Effekte durch Lockdowns – aber es gibt Abhilfe
Die deutsch-kanadische Psychologin Julia Shaw forscht am University College in London. Sie hat auf der Seite des BBC-Magazins Science Focus Studien beleuchtet, in denen es um den Zusammenhang zwischen Gedächtnisleistung und dem Social Distancing während der Corona-Pandemie geht. Zunächst fanden brasilianische Wissenschaftler der staatlichen Universität Pelotas heraus, dass ein Drittel von Befragten eine schlechtere Erinnerungsleistung seit dem Lockdown angaben. Anschließend untersuchte die Neuropsychologin Catherine Loveday diese Fragestellung in Großbritannien und kam auf noch prägnantere Ergebnisse. Schlussendlich bezieht Shaw eine Studie aus Neuseeland ein, die in dieselbe Richtung geht. Die Psychologin bietet Erklärungen für das Phänomen und seine Auflösung.
UK: 80 Prozent geben niedrigeres Erinnerungsvermögen an
Loveday lehrt und forscht an der University of Westminster. Sie stellte in ihrer Studie fest, dass 80 Prozent der Teilnehmer sagten, ihr Gedächtnis habe sich mindestens in einer Hinsicht während der Pandemie verschlechtert. Eine mögliche Erklärung liegt im Bewegungsmangel. So stellten die brasilianischen Kollegen fest, dass Probanden, die während der Krise körperlich aktiv blieben, weniger von solchen Problemen berichteten. Das galt auch, wenn man andere Faktoren, etwas das Alter, mit einbezog.
Ein Schlüssel: Bewegung gegen kognitiven Verfall
Auch in Lovedays Untersuchung konnte dieser Zusammenhang beobachtet werden. Selbst Personen, die sich innerhalb von Räumen und Gebäuden mehr bewegten, litten seltener unter Corona-bedingten Gedächtnisproblemen. Zudem stellte die Psychologie-Professorin fest, dass in Zeiten sozialer Distanzierung jede zusätzliche Minute Bewegung einen positiven Effekt verzeichnete. Das entspricht auch dem Leitfaden der Vereinten Nationen unter dem Titel: „Covid-19 und der Handlungsbedarf für die psychische Gesundheit“. Auf 17 Seiten erklären die Verfasser psychologische Einschränkungen durch die besonderen Umstände und schlagen Maßnahmen vor. Dort steht auch, dass mangelnde körperliche Aktivität kognitiven Verfall und Demenz begünstigt.
Klare Beziehung zwischen Stimmung und Gedächtnisleistung
Die Arbeit der neuseeländischen Forscher zieht einen weiteren Schluss. Die Leistung des Gedächtnisses ist nach ihren Erhebungen deutlich verbunden mit der persönlichen Stimmung. Einsamkeit etwa wirke sich besonders negativ aus. Die Autoren der Universität Otago weisen daraufhin, dass sie mit der Zeit zunehme und ein Hauptfaktor für die Erhöhung des Demenzrisikos darstelle. Die Gruppe um Weiwei Zhang stellte noch ein anderes Phänomen fest: Das Erinnerungsvermögen stieg kurz nach dem Lockdown leicht an und sank in der Folge nach durchschnittlich 30 Tagen stark. Demnach erinnert man sich gut an den Beginn der sozialen Einschränkungen, aber schwerer daran, was währenddessen passiert ist.
3 Wege, um das Gedächtnis wieder auf Vordermann zu bringen
Shaw empfiehlt zunächst, zur Trainingsroutine zurückzukehren oder mit Übungen zu beginnen. Selbst der Raumwechsel und Bewegung zu Hause – etwa während des Homeoffice (Gratis-Leitfaden) – hilft. Zusätzlich sollte man mit sozialen Kontakten gegensteuern – auch wenn zunächst nur mittelbare Kommunikation möglich ist. Durch die Interaktion steigt die Stimmung und das Gehirn wird ein wenig trainiert. Zum guten Schluss lautet ihr Fazit: „Das Wichtigste ist jedoch, dass die Vergesslichkeit während des Einschlusses nur vorübergehend und nicht dauerhaft ist. Puh.“ Der dritte Weg besteht also darin, zu warten.