Coronavirus: Darf ich eine Dienstreise absagen, weil ich Angst vor Ansteckung habe?
Im Vergleich zur Zahl der jährlich am Grippevirus Verstorbenen ist die der Toten durch Corona ziemlich gering. Besonders schlimm erwischte Deutschland die Grippewelle beispielsweise während des Winters 2017/2018. Das Robert-Koch-Institut (RKI) schätzt, dass rund 25.100 Menschen allein in dieser Grippesaison am Influenzavirus starben. Bis dato sind 170 Corona-Tote weltweit gemeldet. Dennoch ist die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Alarmbereitschaft. Viele Menschen beobachten die Meldungen zu dem Thema mit großem Interesse. Und einige sind besorgt, dass sich das Virus doch noch in größerem Maße ausbreiten wird. Vor allem Chinareisende stornieren ihre Flüge.
Während Privatpersonen sich frei entscheiden können, ob sie sich in betroffene Regionen begeben oder nicht, ist das bei Dienstreisenden oft etwas anders. „Generell darf ein Arbeitgeber eine Dienstreise eines Arbeitnehmers anordnen, wenn dies im Arbeitsvertrag vereinbart wurde“, erklärt Thomas Hey, Partner der Kanzlei Bird & Bird und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Selbst wenn es keine festgeschriebene Klausel gibt, sei es in Einzelfällen möglich, eine Dienstreise aufzutragen, so Hey. „Gestattet der Arbeitsvertrag einem Arbeitgeber, eine Dienstreise nach China anzuordnen, darf der Arbeitnehmer diese grundsätzlich nicht aus Angst vor der Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus absagen“, fügt der Jurist hinzu.
Dennoch darf ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht willkürlich Gefahren aussetzen. Wie Thomas Hey klarmacht, kann der oder die Vorgesetzte das Recht, eine Dienstreise anzuordnen, nur nach sogenanntem „billigem Ermessen“ ausüben. Das bedeutet, dass eine Abwägung der Interessen des Arbeitnehmers einerseits und der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers andererseits erfolgen muss. Dabei spielt insbesondere die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers eine Rolle, die dazu verpflichtet, die Gesundheit seiner Arbeitnehmer zu schützen. Speziell im Rahmen des Coronavirus ist die Gefahr, sich anzustecken, laut dem Experten jedoch gering. Der Arbeitgeber könne sich auf aktuelle Behördeneinschätzungen stützen.
„Das Auswärtige Amt schätzt die Ansteckungsgefahr derzeit für die am stärksten betroffene Region Wuhan als moderat ein“, so Thomas Hey (Stand: 30. Januar 2020, 9:40 Uhr). „Aber selbst bei einer Ansteckung sind die gesundheitlichen Folgen für gesunde Menschen als nicht gravierend einzuschätzen. Todesfälle traten bislang nur bei älteren Menschen mit einem schwachen Immunsystem auf.“ Eine Dienstreise eigenständig aufgrund einer abstrakten Ansteckungsangst abzusagen, kann also mindestens eine Abmahnung nach sich ziehen. Der Rechtsanwalt rät Menschen, die besorgt sind, in jedem Fall zuvor das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen und gemeinsam abzuwägen, ob die Dienstreise notwendig sei oder sich verschieben lasse.
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Darf ich eine Dienstreise nach China verweigern, weil ich nicht bereit bin meine persönlichen Daten wie Fingerabdrücke, Lebenslauf und soziale Kontakte an die Chinesen geben möchte?
Gleiche Antwort wie im Artikel.