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Eine Seniorin testet die robotische Hose, die TUM-Wissenschaftlerin Enrica Tricomi mitentwickelt hat. (Bildquelle: Uwe Anspach / TUM)
Die Münchner Forscher haben ein System entwickeln, das Menschen im Alltag unterstützt. Das Produkt richtet sich dabei nicht nur an ältere Personen. Auch Menschen mit Krankheiten oder schwachen Herzen sollen profitieren. Ihre Studie wurde in der Fachzeit Nature publiziert. Das Ergebnis der mehrjährigen Arbeit: Die Wissenschaftler reduzierten den Energieverbrauch ihrer Probanden in Studientests nachweislich zwischen zehn und 18 Prozent.
Diese Fähigkeiten besitzt die robotische Hose
Die Forscher stellten fest, dass sich junge Probanden mit der Hose auf einem 500 Meter langen Weg bergauf knapp 18 Prozent Energie einsparen. Ältere Erwachsene konnten sich dank des Technikeinsatzes etwa zehn Prozent auf 400 Metern sparen. Umgerechnet entspricht das einem zehn oder sechs Kilogramm geringeren Körpergewicht. Die Hose wurde von den Forschern passenderweise WalkOn getauft, was übersetzt „Lauf weiter“ bedeutet.
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Die robotische Hose WalkOn hilft Menschen beim Laufen. Zwei Motoren ziehen Seile, die zur Unterstützung der Oberschenkelmuskulatur dienen. (Bildquelle: Uwe Anspach / TUM)
„Damit kann man langsam gehen, aber auch joggen“, schreibt TUM-Professor Lorenzio Masia in einer Mitteilung, die die Universität im November veröffentlichte. „Wir haben ein System entwickelt für Menschen, mit dem man sich gerne mehr bewegt. Das ist das gleiche Konzept wie das Elektrorad, nur für das Laufen.“ Das System besteht dabei aus zwei Motoren, die Seile ziehen. So wird die Oberschenkelmuskulatur des Trägers der Hose unterstützt.
Und nicht nur das: „Das System erkennt, wie schnell oder langsam sich die Person bewegt, passt sich an das jeweilige Gewicht der Beine an und unterstützt entsprechend individuell“, erläutert die Forscherin Enrica Tricomi, die das System mitentwickelt hat. Ihre Smart Robotic Shorts erfordern dabei keine ausgeklügelte, zeitaufwendige Voreinstellung, sondern sind innerhalb von wenigen Minuten angezogen und bereit für den Einsatz. Sie funktionieren laut Tricomi quasi per Plug-and-play.
Das Gefühl von Sicherheit und Unterstützung bei Krankheiten
Die Wissenschaftler befragten die Teilnehmer der Studie nach dem Gefühl der Sicherheit, wie viel Kontrolle sie mit der Hose haben. „Gerade bei älteren Menschen ist es wichtig, dass sie sich sicher fühlen“, sagt Masia. Laut Artikel landeten die Bewertungen durchschnittlich bei über sechs auf einer Skala von eins bis sieben.
Der Professor sieht den Einsatz dieser Hose auch bei Menschen, die durch Krankheiten ein schwaches Herz oder Probleme mit der Lunge besitzen: „Laufen hilft ihnen, den Stoffwechsel zu verbessern, was sich wiederum positiv auf ihre Erkrankung auswirken kann.“
Ihre Vision: Kein Exoskelett, sondern zukünftige Alltagskleidung
Grundsätzlich gibt es schon einige Systeme mit sogenannten Exoskeletten. Das sind meist feste Strukturen, also Robotikprothesen mit Motoren. Sie bilden eine Stützstruktur und sind überwiegend komplizierter zu montieren. Bei WalkOn soll es sich bewusst um weiche Stoffe handeln. „WalkOn sieht mehr nach Kleidung aus und ist insgesamt nicht größer als ein kleiner Rucksack“, sagt Doktorandin Tricomi. Die Vision der Forscher: In der Zukunft soll ein modulares System entstehen, das der Nutzer selbst zusammenstellen kann. Davon ist Prof. Lorenzo Masia überzeugt: „In ein paar Jahren kauft man sich eine kurze Hose, befestigt daran einen Motor, steckt zwei Kabel an und fertig ist das System, mit dem man in die Berge gehen kann.“