- ATProto als Alternative zu ActivityPub
- Deck.blue statt Tweetdeck
- Dazzle.fm statt Google Discover
- Fotos auf Bluesky mit Flashes
- Spark und Skylight als Tiktok-Ersatz
- Graze und Surf bauen personalisierte Feeds
- Wordpress? Whitewind!
- Skylights kombiniert Goodreads und Letterboxd
- Azsky will Reddit ersetzen
Dezentrales Social-Media-Upgrade: 10 Apps, die Instagram, Tiktok & Co. ersetzen könnten

Traditionelle Social-Media-Apps ketten ihre User:innen an sich. ATProto macht es anders. (Foto: Eugene_Photo / Shutterstock.com)
Wer sich einmal auf eine Social-Media-Plattform festgelegt hat, tut sich mit einem Neuanfang oft schwer. Denn weil Facebook, X, Tiktok oder Snapchat Nutzer:innendaten nur in den eigenen Silos speichern, bleiben beim Wechseln Kontakte, Nachrichten, Posts und geteilte Medien zurück.
Dass das nicht so sein muss, beweist das Protokoll ActivityPub schon länger. Der Kommunikationsstandard ist unter anderem die Basis von Mastodon, der Instagram-Alternative Pixelfeld oder dem Mikroblogging-Dienst Threads von Meta.
Nutzer:innen müssen sich hier zwar immer noch bei einem bestehenden Dienst oder im Fall von Mastodon einem spezifischen Server anmelden. Dafür können sie mit Inhalten von anderen Servern und Apps im sogenannten Fediverse interagieren, ohne dort einen Account zu erstellen.
Ein großer Nachteil von ActivityPub: Ein Umzug seines Accounts mit allen dazugehörigen Daten auf einen anderen Dienst ist kompliziert. Im Fall von Mastodon kann man zwar sein Profil auf einen anderen Server umziehen, automatisch mitgenommen werden aber nur die Accounts, die einem folgen.
Wer Bookmarks, Block- und Folgelisten weiter nutzen will, muss diese exportieren und auf den neuen Server importieren. Posts lassen sich überhaupt nicht umziehen. Außerdem sind User:innen von den Verwaltern der Server abhängig, auf denen ihr Account liegt.
ATProto als Alternative zu ActivityPub
An dieser Stelle will das Authenticated Transfer Protocol, kurz ATProto, einhaken. Das Netzwerkprotokoll sammelt ebenfalls alle relevanten Daten für die Interaktion auf Social Media, speichert sie aber nicht auf einem spezifischen Server einer Fediverse-Instanz. Stattdessen gibt es unabhängige Datenspeicher für jede einzigartige Nutzer:innen-ID, mit denen Apps interagieren können.
Das bekannteste Beispiel für ATProto ist Bluesky. Die von Twitter inspirierte App besetzt eine Doppelrolle als soziales Netzwerk und oben genannter Datenspeicher. Wer also einen Bluesky-Account anlegt, hat automatisch einen ATProto-Account, der mit anderen Apps kommunizieren kann.
Gerade weil sich die App als Alternative zu Twitter positioniert, ist die Nachfrage groß. Zum Vergleich: Unterschiedlichen Quellen zufolge gibt es derzeit im gesamten Fediverse inklusive Mastodon zwischen 13 und 17 Millionen Accounts. Auf Bluesky tummeln sich laut Clearsky rund 32 Millionen.
Idealer Nährboden also für App-Entwickler:innen, die Bluesky um weitere Funktionen ergänzen oder ganz neue Anwendungen aufsetzen wollen. Aber welche Apps sind heute schon verfügbar und bieten einen Mehrwert? Wir haben euch einige spannende Beispiele zusammengestellt.
Deck.blue statt Tweetdeck
Gerade im beruflichen Kontext sind Funktionen wie das Planen von Posts oder das Überwachen mehrerer personalisierbarer Feeds immer wichtiger geworden. Für Twitter hat diesen Job Tweetdeck erledigt, für Bluesky gibt es Deck.blue.
Um Zugriff auf die Tweetdeck-Alternative zu erhalten, müssen registrierte Bluesky-Nutzer:innen lediglich ein App-Passwort in ihrem Account erstellen. So funktionieren übrigens einige der Applikationen, die auf der Infrastruktur des sozialen Netzwerks aufbauen.
Wer zusätzlich zu eigenen Bereichen für Benachrichtigungen oder Feeds auch mehrere Accounts verwalten oder Posts auf Bluesky vorplanen will, muss den brasilianischen Soloentwickler Gildásio Filho auf Patreon unterstützen. Auch deshalb, weil Filho Deck.blue laut eigenen Aussagen zu seinem Hauptjob machen will. Für 2,50 Euro pro Monat lassen sich beispielsweise vier Accounts gleichzeitig betreiben und 20 Posts planen.
Dazzle.fm statt Google Discover
Natürlich kann ein einziger Trend-Aggregator für ein Netzwerkprotokoll ein Tool von Suchmarktführer Google nicht ersetzen. Aber Dazzle.fm zeigt mit Unterstützung von KI, was möglich ist.
Das Tool kategorisiert die öffentlich einsehbaren Posts aus dem Bluesky-Universum nach Themen wie Musik, Nachrichten, Politik oder Wissenschaft. Daraus bastelt Dazzle.fm Trend-Cluster inklusive inhaltlicher Zusammenfassung und allen Posts zum Thema.
Wer sich zusätzlich anmeldet, kann sich per KI-Chatbot mittels natürlicher Sprache komplett eigene Algorithmen generieren lassen. Diese sollen sich nach Veröffentlichung der finalen App-Version auch nach Bluesky exportieren lassen.
Fotos auf Bluesky mit Flashes
Wo Bluesky schon jetzt als gute Alternative zu Twitter beziehungsweise X funktioniert, ist das Netzwerk in seiner Ur-Fassung nicht wirklich für Fotos oder Videos geeignet.
Flashes will ein dezentraler Ableger von Instagram sein und fokussiert sich insbesondere auf die Darstellung von Fotos. Laut des Berliner Entwicklers Sebastian Vogelsang, der unter anderem für die mobile App von Zalando mitverantwortlich ist, sei das Programm bis Mitte März rund 100.000 Mal im App-Store heruntergeladen worden. Eine Android-Version steht noch aus, die Finanzierung der Umsetzung stockt bisher.
Neben erwartbaren Features wie an das Meta-Vorbild erinnernde Filter können sich Künstler:innen auf Flashes auch eigene Portfolioseiten einrichten. Personalisierbare und kuratierte Feeds gibt es ebenso.
Auf Flashes lassen sich zwar auch Videos hochladen, die Länge der Clips gibt allerdings Bluesky vor. Denn Flashes ist mehr ein alternativer Client als eine komplett eigenständige App.
Spark und Skylight als Tiktok-Ersatz
Ganz auf den Videoaspekt konzentrieren sich Skylight und Spark. Ersteres funktioniert dabei ähnlich wie Flashes. Heißt konkret: Die App ist abhängig von dem, was Bluesky erlaubt. Momentan sind das Videos von bis zu drei Minuten Länge.
Tiktok-Nutzer:innen dürften sich in der App direkt zurechtfinden. Videos lassen sich wie beim Vorbild durchswipen, in einem am rechten Bildschirmrand ausgerichteten Menü lassen sich Likes und Follows verteilen.
Das Besondere: Das dahinterstehende gleichnamige Startup hat schon jetzt Risikokapital eingesammelt. Einer der Geldgeber ist laut Techcrunch der Milliardär Mark Cuban, der unter anderem bis 2023 alleiniger Besitzer des Basketballteams Dallas Mavericks war. Laut der Co-Entwicklerin Tori White wurde Skylight in den ersten 24 Stunden nach dem Start schon 55.000 Mal heruntergeladen.
Spark hingegen geht einen anderen Weg. Anstatt ein Overlay für Bluesky zu bieten, baut das Entwickler-Duo João Davi und Joe Basser eine eigene App auf Basis von ATProto. Dadurch können User:innen immer noch mit allen Inhalten von Bluesky und Co. interagieren, sind aber nicht mehr von den Features der „Mutterplattform“ abhängig.
Konkret wollen Davi und Basser anders als Bluesky hochauflösendere Fotos und Videos, einen eingebauten Video-Editor und eine Musikbibliothek zur Nutzung in Clips anbieten. Derzeit befindet sich Spark in der Beta-Phase, Zugang gibt es ab zehn US-Dollar.
Graze und Surf bauen personalisierte Feeds
Zwar lassen sich auf Bluesky auch so eigene Feeds und Listen zusammenstellen, wirklich tief gehen die Optionen aber nicht. Für eine stärker kuratierte Erfahrung gibt es Graze und Surf.
Graze dürfte besonders für Content-Ersteller:innen interessant sein. Feeds zu verschiedenen Themen lassen sich granular personalisieren, zum Beispiel mit allen Follower:innen eines bestimmten Profils oder Accounts in Bluesky-Starter-Packs. Das Besondere: Graze bietet den Feed-Verwalter:innen an, Anzeigen in ihren Feeds zu schalten.
Im Januar 2025 wurde mit der Entwicklerin Aendra Rininsland ein erster Testballon gestartet. Gegen eine Bezahlung von 100 US-Dollar platzierte das Startup für 24 Stunden Eigenwerbung in Rininslands Verified-News-Feed. Die Anzeigen wurden laut eines Blogeintrags des Startups rund 100.000 Nutzer:innen gezeigt, etwa 300 gelangten dadurch auf die Homepage von Graze. Das ist ausbaufähig, aber im Gegenzug seien die Anzeigen auch von niemandem als negativ gemeldet worden.
Die Flipboard-App Surf erweitert den Feed-Gedanken auf das gesamte Fediverse und bezieht auch große Plattformen wie Youtube mit ein. Mit wenigen Klicks können User:innen so Posts und Inhalte von Bluesky, Mastodon oder aus RSS-Feeds in einer großen personalisierten Startseite sammeln. Bisher ist Surf nur als private Beta verfügbar.
WordPress? Whitewind!
Während Bluesky selbst als Mikroblogging-Dienst gedacht ist, denkt Whitewind größer, was den Umfang angeht. Die App versteht sich als eine schlanke WordPress-Konkurrenz mit dem Fokus auf persönliche Blogs, die mittels Markdown schnell erstellt und publiziert werden können.
Eine Besonderheit von Whitewind ist die Tatsache, dass alle Erwähnungen von Einträgen mit den dazugehörigen Links auf Bluesky direkt auf der dazugehörigen Seite als Kommentare dargestellt werden, genau wie Likes und Reposts. Betrieben wird die Plattform von einem japanischen Entwickler mit dem Pseudonym K-NKSM.
Skylights kombiniert Goodreads und Letterboxd
Goodreads und Letterboxd, auf denen User:innen Bücher respektive Filme und Serien rezensieren können, sind in der Berichterstattung über Social Media häufig vernachlässigte Netzwerke. Das aufgrund der medialen Präsenz von Skylight eher unglücklich betitelte Skylights kombiniert beide Plattformen.
Auch Skylights ist keine eigene Plattform, für den Login braucht man einen Bluesky-Account. Dann lassen sich zu allen Medien, die bei Open Library oder The Movie Database hinterlegt sind, Sternebewertungen vergeben und kleine Rezensionen schreiben.
Azsky will Reddit ersetzen
Auch Bluesky bietet wie jede Social-Media-Plattform Raum für Diskussionen in Post-Threads. Die Zeichenbegrenzung macht aus ausführlichen Antworten allerdings oft ewig lange Post-Verkettungen. An dieser Stelle hakt Azsky ein, das sich selbst als dezentrales Reddit bezeichnet.
Azsky, das wie die meisten Apps mit den regulären Bluesky-Zugangsdaten funktioniert, erhöht die Zeichenzahl auf 50.000 pro Beitrag. Außerdem gibt es wie auch bei Reddit Foren zu bestimmten Themen, die Azsky Communitys nennt. Die sind allerdings nicht wirklich aktuell, die letzten Einträge oft bis zu zwei Wochen alt. Trend-Themen bildet die Reddit-Alternative allerdings gut ab.