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Ratgeber

DFB-Strategie: Wie die EM-Kaderbekanntgabe zum PR-Stunt wurde und was du für dein Marketing ableiten kannst

Der Deutsche Fußball-Bund geht bei der Nominierung des Kaders für die EM 2024 ungewöhnlich vor. Damit erreichen sie auch Nicht-Fußballfans. Die Strategie ist dabei auch für andere nutzbar.

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Die Verkündung der Nominierung für den DFB-Kader lief unter anderem über Brötchentüten. (Foto: picture alliance/dpa | Christoph Schmidt)

Nicht der große Knall, sondern einzelne Häppchen: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) fährt für die Verkündung des Kaders zur Europameisterschaft der Männer eine neue Strategie. Seit dem 12. Mai 2024 werden Spieler über verschiedene Medien einzeln bekannt geben.

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Dem DFB ist damit die Aufmerksamkeit sicher – denn nicht nur über die nominierten Spieler wird gesprochen, sondern auch über die Art der Bekanntgabe. Sie ist ein gelungener PR-Stunt. Von diesem können auch andere lernen, selbst ohne großes Budget. Wir fassen euch die Learnings der DFB-Strategie zusammen.

Einstieg: Was erreicht der DFB damit?

Mit der Verkündung über verschiedene Kanäle erreicht der DFB unterschiedliche Zielgruppen. So verlässt sie die „Fußball-Bubble“. Das zahlt auf die Reichweite ein. Außerdem macht sich der DFB über einen längeren Zeitraum zum Gesprächsthema. Gleichzeitig hat er dieses Thema bewusst gesetzt: Die Reaktion auf die Verkündung war kalkulierbar.

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Auftakt mit der Tagesschau bringt Seriosität und Relevanz

Schon der Einstieg war lehrreich: Die erste Nominierung gab es am 12. Mai in der Nachrichtensendung Tagesschau. Die Nachrichtensendung ist renommiert und genießt Ansehen, womit die Meldung vom Publikum auch als seriös und wahr eingestuft werden konnte. Damit wurde klar: Die restlichen Nominierungen werden folgen.

Das Learning: Für eine „Häppchen“-Strategie braucht es einen stabilen Ausgangspunkt, der für das Publikum Sicherheit bietet. Dieser muss im Vorfeld festgelegt werden und erfordert PR-Arbeit. Ein Bericht der Tagesschau ist dabei eher die Ausnahme, alternativ könnten etwa lokale Medien oder Fachpublikationen angesprochen werden.

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„Häppchen“ sorgen für Spannung

Nach der Tagesschau ging es auf Instagram weiter – der Kanal wurde also gewechselt. Dazu wurde für die Verkündung die Social-Media-Bekanntheit „Oma Lotti“ ins Boot geholt, die durch ihren Pfleger Rashid Hamid bekannt geworden ist. Mit seinem Tiktok-Content beschäftigt er sich nahbar und humoristisch mit der Pflege von Senior:innen. Es folgten Ankündigungen in der RTL-Sendung Exclusiv.

In den folgenden Stunden und Tagen kamen weitere Bekanntgaben dazu, mal über Social Media, mal über eine lokale Bäckerei oder eine Kunsteinrichtung. Diese Stücke tauchen unerwartet auf, durch die Regelmäßigkeit wird jedoch eine Erwartungshaltung geschaffen, die den Gesprächsbedarf anregt – das Publikum erwartet nun quasi eine Serie.

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Das Learning: Regelmäßigkeit schafft eine Erwartungshaltung und somit Interesse, was wiederum für Gesprächsbedarf sorgt. Im Vorfeld sollte für ein Gelingen die Auswahl der Teilnehmer:innen sehr genau getroffen werden. Sie sollten nicht für sich, sondern als Teil eines Gesamtarrangements betrachtet werden. Dabei müssen nicht teure Marken und reichweitenstarke Creator:innen genutzt werden, vielmehr kommt es auf eine zur Zielgruppe passende Auswahl an. Hilfreich ist, nach relevanten Nischen auf Social-Media-Plattformen zu schauen und möglicherweise auch kleinere Medien einzubinden, die das Thema passend bedienen.

Die Dichte der Ausspielungen erhöhen

Nach der ersten Meldung in der Tagesschau, dem ersten Instagram-Video und der Ankündigung bei RTL Exclusiv nahm die Dichte der Ankündigungen zu. Das Publikum war jetzt für das Thema sensibilisiert: Seriosität war gegeben, Ankündigungen werden also ernst genommen. Gleichzeitig wurde durch die frühzeitige Einbindung des Creators Rashid Hamid deutlich, dass auch andere Kanäle einbezogen werden: Nutzer:innen erwarteten den Content also an unterschiedlichen Stellen.

Das Learning: Durch das Anziehen des Tempos wird auch bei den Empfänger:innen Druck aufgebaut – die Erwartungshaltung nimmt zu. Wichtig ist dafür eine entsprechende Menge an vorbereiteten Stücken sowie ein verlässlicher und realistischer Content-Plan.

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Nahbarkeit erzeugen

Medien sind in der Regel nicht nahbar – allein der Bildschirm sorgt schon für eine Distanz. Nahbarkeit entsteht im direkten Kontakt, etwa wenn bei der örtlichen Bäckerei plötzlich auf der Brötchentüte ein Spieler – Chris Führich – verkündet wird. Der DFB tritt damit direkt an Menschen heran, erreicht sie unerwartet im Alltag. In diesem Moment wurde etwa dem Ort Nagold Aufmerksamkeit zuteil. Menschen fühlen sich dadurch wahrgenommen, was positiv wirkt.

Das Learning: Gerade in der digitalen Welt wird persönlicher Kontakt immer mehr geschätzt. Durch solche Guerilla-Aktionen entsteht schnell Aufmerksamkeit. Dazu können sie kostengünstig sein, da beide Seiten davon profitieren können.

Kreative Beispiele für Guerilla-Marketing Quelle: (Bild: stockwerk-fotodesign / Shutterstock)

Angepasst an diejenigen, die verkünden

Jede Ankündigung ist persönlich: Sie passt zu den Inhalten, die die verkündenden Personen auch sonst teilen. Das ist gut für ihre Zuschauer:innen. Sie nehmen die Inhalte so als realistisch wahr und sind nicht direkt abgeschreckt.

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Dazu beziehen sie damit auch die Community mit ein. Peter Schilling, Sänger vom Schlager „Major Tom“, hat die Nominierung von Maximilian Mittelstädt (VfB Stuttgart) angekündigt. Fans wissen: Beim Tor durch den Mittelfeldspieler tönte mal dieser Song durch das Stadion. Das erzeugt übrigens auch Nähe und zeugt von Verständnis vom Interesse der Zielgruppe.

Das Learning: Creator:innen haben gern Freiraum, um Paid Content auf ihren Kanälen zu verteilen. Auftrageber:innen sollten ihnen vertrauen, denn gerade diese Persönlichkeit lockt die Zuschauer:innen der Creator:innen an. Gleiches gilt für Prominente, die allerdings durch Beratungen sowieso entsprechend vorbereitet werden. Wer mit Creator:innen arbeiten will, sollte grobe Rahmenbedingungen vorgeben: die Kernbotschaft klar festlegen, kritische Wordings ausschließen. Möglichst viel Freiraum kann auf solche Maßnahmen einzahlen. Dabei ist es im Vorfeld hilfreich, sich die eigenen Interessen der Creator:in oder Prominenten anzuschauen – möglicherweise lassen sie sich wie im DFB-Fall nutzen.

Bekommt eine Eigendynamik: Es wird diskutiert, wer als Nächstes „geleakt“ wird

Auch bei der DFB-Kampagne ist eine zunehmende Eigendynamik zu sehen: Auch Personen, die offensichtlich nicht in der orchestrierten Ausspielung eingeplant sind, teilen ihre Nominierungen auf Social Media. Besonders auffällig war der SV Darmstadt, der die Aktion mit einem bekritzelten Umschlag etwas ins Lächerliche zog – vielleicht war das eine Reaktion auf die jüngst durch den DFB verhängte Geldstrafe.

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Das Beispiel zeigt, wie andere Akteur:innen auf solche Inhalte aufspringen können. Das kann für weitere Reichweite sorgen, allerdings geht damit natürlich Kontrolle über die eigene Sache verloren – insbesondere, wenn immer mehr sich als Partner:innen des DFB ausgeben.

Das Learning: Solche Kampagnen bekommen eine Eigendynamik, die einerseits für mehr Reichweite, andererseits aber auch für nicht einkalkulierte Reaktionen sorgen kann. Wichtig ist daher ein genaues Beobachten der Social-Media-Plattformen. Bedacht werden sollten möglicherweise neben den bekannten Plattformen – Instagram, Tiktok, X – auch solche wie Reddit oder Newcomer wie Threads. Gerade bei Reddit können sich Nutzer:innen in Themen (Subreddits) versammeln und ein Thema aufladen, was dann auf andere Kanäle gebracht wird.

Hintertür lassen

Die Ankündigung in der Tagesschau war eindeutig, auch die Videos, die über den DFB-Kanal geteilt werden, können als sehr sicher gesehen werden. Jedoch hält sich der DFB mit absolut finalen Reaktionen zurück. Er lässt sich somit eine Hintertür offen – die offizielle Bestätigung wird es erst bei der Pressekonferenz geben. Damit liegt auch die Hoheit für die bestätigte Kaderverkündung dazu wieder beim DFB.

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Das Learning: Auch wenn andere Akteur:innen eingebunden werden, sollte bei solchen Marketing-Maßnahmen die Hoheit bei dem Unternehmen liegen, das den Auftrag dazu gegeben hat. Der Endzeitpunkt sollte daher mit der eigenen Kommunikation abgedeckt werden.

Herausforderung: Leaks verhindern

Der DFB hat seine Strategie wohl auch daher so gestaltet, um Leaks vorzubeugen. Er will die Hoheit über die Berichterstattung haben. Allerdings verhindert diese Strategie allein keine unerwarteten Ankündigungen. Theoretisch könnte jemand der involvierten Personen oder aus dem engsten Kreis des DFB durchaus Informationen weitergeben.

Passiert ist das etwa kurz vor der Verkündung von Robin Koch. Die Bild-Zeitung wollte die Bestätigung da schon haben und berichtete darüber, bevor das entsprechende Video der Sendung World Wide Wohnzimmer veröffentlicht wurde.

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Das Learning: Verhindern lassen sich Leaks nicht. Jedoch kann durch so eine Orchestrierung eine Stimmung erzeugt werden, die Leaks uninteressant macht. Es werden ja schon „Häppchen“ geteilt, die die Zuschauer:innen unterhalten. Außerdem entsteht möglicherweise auch eine gewisse Art von Wohlwollen, da niemand die Spannung brechen möchte.

Insgesamt zeigt der DFB hier ein Beispiel für modernes Marketing: Verschiedene Zielgruppen werden angesprochen, Social-Media-Plattformen werden eingebunden und Guerilla-Maßnahmen ergänzen die Kampagne. Von diesem Vorgehen können auch andere lernen.

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Dein t3n-Team

Janix

Interessanter Artikel, danke!

Korrigiert ihr den „Mayor Tom“ noch? ;)

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