PwC: Unternehmen haben Nachholbedarf bei digitaler Ethik
Seit Oktober 2018 stehen digitale Ethik und Privatsphäre auf der Liste der zehn wichtigsten strategischen Technologie-Trends für 2019 des Marktforschungsunternehmens Gartner. Was hat sich seitdem getan? Wie sieht die Praxis aus? Sind Unternehmen hervorragend in das Wertekorsett der digitalen Transformation hineingewachsen oder nimmt ihnen die um sie herum gewachsene Verantwortung die Luft? Wie gedenken sie in Anbetracht von Technologien wie der Künstlichen Intelligenz, die große ethische Fragestellungen aufwerfen, wieder zu Luft zu kommen? Antworten auf diese Fragen hat die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC mit einer Studie gesucht. Dabei kommt sie zu fünf Schlussfolgerungen.
Fokus liegt auf technischer Umsetzung der Digitalisierung
Die Ergebnisse würden laut PwC zeigen, dass Digitalisierung in Deutschland sehr technisch verstanden würde. Neue Geschäftsmodelle kämen nur stockend voran und es gäbe branchenabhängige Defizite bei der Bewältigung ethischer Herausforderungen. So gaben lediglich 33 Prozent an, bei der Digitalisierung im allgemeinen Sinne einen guten (27 %) bis sehr guten Stand (6 %) erreicht zu haben. In Themen der digitalen Ethik seien sie besser aufgestellt, sodass 9 Prozent die Note sehr gut und 41 Prozent die Note gut vergeben haben sollen. Mit dem Datenschutz und der Datensicherheit sieht es noch besser aus. Der Großteil stellt sich mit 23 Prozent ein sehr gutes und mit 59 Prozent ein gutes Zeugnis aus. Unter dem Strich bedeutet das dennoch: Mehr als die Hälfte der Unternehmen ist der Studie zufolge der Meinung, in Sachen Digitalisierung nicht gut aufgestellt zu sein. Ebenso seien damit knapp die Hälfte der Unternehmen für digitalethische Themen nicht gut aufgestellt.
Fachkräftemangel behindert die Umsetzung
Entscheider machen laut PwC für die fehlende oder nicht ausreichende Umsetzung von Strategien zur Bewältigung digitalethischer Herausforderungen vordergründig den Fachkräftemangel verantwortlich, wie 56 Prozent angegeben haben sollen. Ebenso sehen die Entscheider mit 51 Prozent in zu geringer Wahrnehmung der digitalen Ethik eine Herausforderung bei der Umsetzung. Weitere Probleme würden der Umgang ihrer Mitarbeiter mit digitalen Informationen und der Einsatz ungeeigneter Softwarelösungen bereiten, wie 44 Prozent und 35 Prozent angegeben haben sollen. Weitere Stolpersteine bei der Umsetzung von Strategien zur digitalen Ethik seien die Anforderungen an Datensicherheit und Datenschutz entlang der Unternehmensrichtlinien (35 %) und die Risiken der Cyberkriminalität (34 %).
Unternehmen sehen in digitaler Ethik eine Führungsaufgabe
Fragestellungen der digitalen Ethik beeinflussen laut 85 Prozent der Befragten insbesondere den Umgang mit sensiblen Informationen wie Mitarbeiter- oder Kundendaten. Ebenso habe sie bei 78 Prozent Einfluss auf die IT-Sicherheitssysteme und bei 62 Prozent auf die Unternehmenskultur in der digitalen Welt. Beim Schaffen von Transparenz gegenüber Mitarbeitern, Kunden und Stakeholdern und bei strategischen Entscheidungen soll digitale Ethik für 59 Prozent wichtig sein. Daher würde sich bei ebenfalls 59 Prozent vor allem das Führungspersonal aus dem C-Level-Management mit der digitalen Ethik befassen. In jedem fünften der befragten Unternehmen existiert zudem eine speziell für digitalethische Themen beauftrage Person.
Ausformulierte Leitlinien sind selten
Da sich digitale Ethik auf allen Unternehmensebenen abspielt, benötigt es konkrete Maßnahmen, die auch alle Unternehmensebenen einbeziehen. Ausformulierte Leitlinien seien jedoch nur in einem Viertel der Unternehmen vorhanden. Am häufigsten sollen die Unternehmen mit Richtlinien zum Datenschutz und zum Umgang mit personenbezogenen Daten Verantwortung für das Thema übernehmen, wie 78 Prozent angegeben haben sollen. An zweiter Stelle würden bei 57 Prozent Richtlinien zur Transparenz im Hinblick auf digitale Themen wie Datensicherheit angewendet. Mit 51 Prozent soll sich die Hälfte der Unternehmen darüber hinaus mit der Benennung eines Beauftragten für digitale Ethik und Verantwortung befassen. Von Algorithmen getroffene Entscheidungen sollen sich zudem bei 44 Prozent durch Menschen korrigieren lassen und weitere 43 Prozent setzen für die Wahrnehmung ihrer Verantwortung auf verbindliche Leitlinien zur internen und externen Onlinekommunikation.
Gesetzgeber nimmt größten Einfluss
Großen Einfluss auf unternehmensinterne Regelungen für digitalethische Themen soll der Erhebung zufolge vor allem der Gesetzgeber haben, wie 73 Prozent angegeben haben. Ebenso seien die Regelungen zudem bei 68 Prozent von Kunden, bei 60 Prozent von Mitarbeitern und bei 57 Prozent von externen Beratern beeinflusst. Doch auch Wettbewerber sollen die unternehmensinternen Regelungen bei immerhin 43 Prozent beeinflussen.
Ausführliche Fassung der Studie über digitale Ethik erscheint im Herbst
Die mehr als 250.000 Mitarbeiter starke und in 158 Ländern aktive PwC will mithilfe von Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Unternehmensberatung gesellschaftliches Vertrauen aufbauen. Für die Studie wurden 300 Unternehmen ab einer Größe von 50 Mitarbeitern befragt. Im Herbst 2019 erscheint die ausführliche Fassung der Studie.