Die Europäische Zentralbank denkt über eine eigene zentralbankgestützte Digitalwährung nach. Die EZB hat gemeinsam mit den Zentralbanken der Schweiz, von Schweden, Großbritannien und Kanada eine entsprechende Arbeitsgruppe gegründet, an der außerdem die Bank für internationalen Zahlungsausgleich beteiligt ist.
Dabei ist die Diskussion um Facebooks Libra, die im letzten Jahr die Zentralbanken aufgescheucht hatte, wohl nicht der einzige Grund dafür, sich mit dem Thema zu beschäftigten. Denn auch China soll an einer Digitalwährung mit staatlichem Background arbeiten. Die könnte wiederum dazu führen, dass die Rolle der USA und des Dollars in Zukunft schwächer werde, urteilt Harvard-Ökonom Ken Rogoff.
Von CDBC und Eurochain
In der Vergangenheit hatte die Europäische Zentralbank in Sachen digitale Währung noch zurückgerudert. Man wolle, so hieß es 2018 noch unisono, Bürgern nicht ermöglichen, direkt Konten bei einer Zentralbank zu betreiben, weil dies im Krisenfall die Rolle der Verkehrsbanken schwächen könnte. Die Gefahr, die dabei – wohl nicht zu Unrecht – gesehen wird, ist ein Bank-Run im Krisenfall, weil man gegebenenfalls einer Zentralbank mehr vertrauen würde als den Verkehrsbanken.
Die neue EZB-Chefin Christine Lagarde hat mit ihrem Vorstoß Ende vergangenen Jahres (in Form eines Whitepapers) allerdings die Diskussionen um eine Kryptowährung aus den Händen der Zentralbank erneut angeheizt. Man will offenbar, so heißt es aus Kreisen der EZB, dem Libra-Konsortium nicht das Feld überlassen, das die Zentralbanken besser selbst bestellen sollten.
Die möglicher Kryptowährung in Form von Central-Bank-Issued Digital Currencies (CBDC) werde, wenn das Gedankenspiel überhaupt Realität wird, allerdings aus gutem Grunde nicht dazu dienen, völlig anonyme Geschäfte durchzuführen. Die Europäische Zentralbank sieht sonst der Geldwäsche Tür und Tor geöffnet. Auch auf eine Anbindung an die Corda-Blockchain, auf der die Währung möglicherweise laufen könnte, werden Endkunden verzichten müssen. Die EZB wird dabei die einzige Instanz sein, die zur Schöpfung und Vernichtung des jeweiligen Digitalgeldes berechtigt ist und sie wird auch in der Lage sein, Transaktionen einzusehen und nachzuvollziehen (mindestens bei hergeleitetem Tatverdacht einer Straftat).
Unterm Strich könnte das digitale Zentralbankgeld so strukturiert sein, dass es jeweils mit demselben Betrag bei einer Geschäftsbank gedeckt ist und nur zu einem kleinen Betrag (die Rede ist von 3.000 Euro) zu den Konditionen verzinst wird, wie dies auch bei den Banken selbst gegenüber der Zentralbank der Fall ist. Alles darüber würde dagegen schlechter verzinst, sodass es für den Endkunden nicht rentabel wäre, dort größere Beträge vorzuhalten. Digitales Zentralbankgeld könnte so effizient bleiben und das Währungsgefüge auch im Krisenfall nicht in Frage stellen.
EZB will bei Digitalwährung mitreden
Gleichzeitig könnte ein solches CBDC dafür sorgen, dass einerseits eine effiziente digitale Form des Geldes im Umlauf wäre und andererseits der Libra-Idee nicht komplett das Feld überlassen wird. Doch ob diese überhaupt jemals Realität wird, ist immer unwahrscheinlicher. Zwar hat vergangene Woche Shopify angekündigt, man wolle Partner des Libra-Konsortiums werden, doch zuvor hatten zahlreiche Partner der ersten Stunde, darunter Mastercard und Visa als die beiden wichtigsten Kreditkartenunternehmen, aber auch Stripe und Ebay ihren Rückzug aus der Association angekündigt.
Um den Vorbehalten der Zentralbanken entgegen zu kommen, hatte die Association bereits von den Plänen eines Währungskorbs Abstand genommen und angekündigt, man plane einzelne Libra-Versionen, die jeweils nur an eine Leitwährung gekoppelt sein sollen. Sinnvoller als diese Variante ist eine EZB-gestützte Version einer Digitalwährung (sprich: CBDC) schon, auch wenn sie den Vorbehalten der Anhänger von Blockchain-gebundenen Kryptowährungen nicht genügen wird.
Das könnte dich auch interessieren: Schwerer Schlag für Libra: Mastercard, Visa, Stripe und Ebay ziehen sich zurück