Diversity: Warum eine weibliche Chefin allein nicht reicht
Fakt ist: Diverse Teams sind erfolgreicher. Das belegen zahlreiche Studien. So hat McKinsey herausgefunden, dass Unternehmen ihre Produktivität um 33 Prozent steigern können, wenn ihre Belegschaft wirklich divers aufgestellt ist. Außerdem sind Unternehmen mit einer diversen Führung profitabler, innovativer und können ihre Mitarbeitenden länger halten. Und wer schon mal in einem wirklich diversen Team gearbeitet hat, kann das aus eigener Erfahrung bestätigen. Die Ergebnisse sind besser, nachhaltiger und von diversen Teams entwickelte Produkte und Dienstleistungen sind wesentlich inklusiver und sprechen eine breitere Zielgruppe an.
Klassisch denken Personaler:innen und auch viele von uns bei Diversität schnell an die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Und die kann schon viel bewirken: In einer Reihe von Erhebungen, die 2014, 2017 und 2019 durchgeführt wurden, untersuchte McKinsey die Gender-Diversität in C-Level-Teams verschiedener Unternehmen. Die Unternehmen, die im oberen Viertel der Gender-Diversität lagen, zeigten 15 Prozent, 21 Prozent und 25 Prozent bessere Leistung als die Unternehmen im unteren Viertel. Doch Diversität ist mehr als die Gleichberechtigung von zwei Geschlechtern.
Diversität ist Vielfältigkeit in allen Bereichen. Dazu gehören neben dem Geschlecht auch das Alter, die Ethnie, sexuelle Orientierung oder religiöse Überzeugung; weiterhin bringen auch Menschen mit Behinderungen eine ganz eigene Perspektive mit. Diese Merkmale sind keine Checkliste, an der man sich penibel orientieren muss, sondern eine Erinnerung, in wie vielen Merkmalen wir Menschen uns unterscheiden können. Unabhängig von den sich fortlaufend ändernden Definitionen bieten unterschiedliche Perspektiven immer einen großen Mehrwert für jedes Unternehmen.
Warum ist Vielfalt in der IT wichtig?
Die Tatsache, dass die Technologiebranche eine relativ homogene Gruppe bildet, wirkt sich nachhaltig auf unsere Gesellschaft aus. So können etwa die meisten Gesichtserkennungsprogramme zum Beispiel weiße Gesichter fast perfekt identifizieren, Menschen mit dunkleren Hautfarben jedoch nicht immer. Das liegt daran, dass diese Algorithmen auf Daten trainiert werden, die hauptsächlich weiße Gesichter enthalten. Die Folgen dieser Voreingenommenheit können verheerend sein, wenn diese Systeme von Personalabteilungen, Versicherungsgesellschaften oder Polizeibehörden eingesetzt werden, um nur einige zu nennen, erklärte Joy Buolamwini, wissenschaftliche Mitarbeiterin am MIT Media Lab, in einem Ted-Vortrag über die Voreingenommenheit in Gesichtserkennungsalgorithmen.
Buolamwini ist der Überzeugung, dass die Beseitigung dieser Verzerrungen bei den Menschen beginnt, die den Code schreiben. „Was können wir dagegen tun? Nun, wir können anfangen, darüber nachzudenken, wie wir einen inklusiveren Code erstellen und inklusivere Codierungspraktiken anwenden. Es fängt wirklich bei den Menschen an.“
Sie empfiehlt, dass sich Teams aus verschiedenen Personen zusammensetzen, die sich gegenseitig auf ihre blinden Flecken hin überprüfen können. Sie ist auch der Meinung, dass Teams ihre Entwicklungspraktiken überprüfen sollten, um sicherzustellen, dass sie faire Systeme entwickeln. „Wir haben mit den Werkzeugen der computergestützten Entwicklung immensen Reichtum erschlossen. Jetzt haben wir die Möglichkeit, eine noch größere Gleichheit zu erreichen, wenn wir den sozialen Wandel zu einer Priorität machen und nicht als nachträgliche Maßnahme betrachten“, so Buolamwini.
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Wie kann Diversität am Arbeitsplatz hergestellt werden?
In erster Linie geht es darum, dass die Belegschaft eines Unternehmens so viele Ansichten und Standpunkte wie möglich vereinen sollte. Und es geht beim Hiring los.
Laut einem viel zitierten internen Report von Hewlett Packard kann die Art und Weise, wie eine Stellenbeschreibung verfasst ist, einen Einfluss darauf haben, wer sich bewerben wird. So neigen Frauen dazu, sich nur auf eine Stelle zu bewerben, wenn sie sich zu 100 Prozent qualifiziert fühlen. Wenn sie eine Stellenausschreibung sehen, in der sie nur 75 Prozent der Qualifikationen erfüllen, bewerben sie sich möglicherweise nicht auf die Stelle.
Aus dieser Erkenntnis ergeben sich laut Harvard Business Review zwei Möglichkeiten. Einerseits sollten nur die absoluten Must-haves auf der Anforderungsliste der Stellenausschreibung stehen, anstatt die Beschreibung mit Fähigkeiten vollzustopfen, die für die Stelle nicht notwendig sind. Andererseits sollte mehr Information darüber, wie der Einstellungsprozess funktioniert, an alle Kandidat:innen weitergegeben werden. Braucht die Person lediglich fachliche Kompetenz oder kommt es vor allem auf die Persönlichkeit und den Cultural Fit an? So oder so sollte der Prozess fair und transparent für alle Kandidat:innen sein.
Kontinuierliche Fortbildungen
Eine weitere Maßnahme, die Unternehmen ergreifen können, um ihre Einstellungspraktiken zu verbessern, besteht in der kontinuierlichen Fortbildung der Führungskräfte, aber auch des Teams, um mit möglichen Konflikten und Herausforderungen besser umgehen zu können. Hier kann über Seminare im Konfliktmanagement nachgedacht werden, aber auch über kulturelle Workshops, die für andere Perspektiven sensibilisieren. Ganz eindeutig helfen natürlich auch Vorbilder. Unternehmen, die eine diverse Führungsriege haben, auch eine klare Botschaft aussenden und automatisch mehr Bewerbungen von vielfältigeren Talenten erhalten werden.
Und da die freie Wirtschaft am Ende von Gewinnen und Erfolgen lebt, die quantifizierbar sind, hilft es, sich Ziele und KPI zu setzen. Das kann einerseits auf den Fortschritt der Diversifizierung bezogen sein, andererseits kann auch ein regelmäßiger Blick auf die Unternehmensziele helfen. Messbarer Erfolg wird die Akzeptanz von Diversitätsmaßnahmen zusätzlich erhöhen.
Eine inklusive Kultur gibt es nicht zum Nulltarif. Man muss sie wollen, sie muss gelebt werden und es sie ist nicht immer bequem. Treffen viele Menschen mit unterschiedlichen Ansichten und Hintergründen aufeinander, wird es zu Kommunikationsschwierigkeiten und Konflikten kommen. Doch diese Konflikte führen uns schließlich unsere eigenen blinden Flecken, Unzulänglichkeiten und zum Teil auch Fehler auf. Genau hierin liegt das schöpferische Potenzial der Vielfalt. Daher braucht ein diverses Team immer auch den Raum für Streit. Im Ergebnis kann ein Kompromiss entstehen, der nicht nur für eine spezielle Gruppe Menschen funktioniert, sondern für einen großen gesellschaftlichen Querschnitt. Die verschiedenen Erfahrungen, Hintergründe und Perspektiven sind genau das, was die Diversität ausmacht. Und genau diese Vielfalt brauchen wir auf allen Ebenen des Unternehmens, von der Geschäftsführung bis hin zum Nachwuchs, von der Unternehmenskultur bis hin zu den wertschöpfenden Prozessen.
Wann sind wir fertig?
Verna Myers, VP of Inclusion & Strategy bei Netflix, erklärte es einmal so:
Diversität heißt, zur Party eingeladen zu sein.
Inklusion heißt, zum Tanzen aufgefordert zu werden.
Zugehörigkeit heißt, so zu tanzen, als würde niemand zusehen.
Um das volle Potenzial diverser und vielfältiger Teams zu realisieren, müssen wir für alle Mitarbeitenden ein Gefühl und eine Kultur der Zugehörigkeit schaffen. Erst wenn das erreicht ist und auch für wirklich alle Mitarbeitenden, dann ist das Ziel erreicht.