Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
MIT Technology Review Interview
Verpasse keine News mehr!

„Unser Körper ist Gott“: Kann KI uns ewige Langlebigkeit schenken? Multimillionär startet Religion

Der Multimillionär und Langlebigkeits-Influencer Bryan Johnson meint, dass die Menschheit vor einer superintelligenten KI geschützt werden müsse. Helfen könne da nur eine neue Religion.

Von MIT Technology Review Online
6 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige
"Wir spielen mit der Idee, dass der Körper Gott ist", sagt Bryan Johnson. (Foto: Magdalena Wosinska)

Bryan Johnson hat es sich zur großen Aufgabe gemacht, niemals zu sterben. Der 47-jährige Multimillionär und Risikokapitalgeber hat unter seinem persönlichen Slogan „Don’t Die“ bereits Veranstaltungen, Merchandising-Artikel und eine Netflix-Dokumentation aufgezogen. Nicht zuletzt ist er mit seinem Unternehmen Blueprint und dem Vertrieb seines „Longevity Mix“ umstritten. Jetzt gründet er auch noch eine Religion namens „Don’t die“.

Anzeige
Anzeige

Johnson, der laut eigener Aussage bereits Millionen US-Dollar für Körperscans, Tests, Nahrungsergänzungsmittel und einen Lebensstil ausgibt, der den Alterungsprozess verlangsamen oder gar umkehren soll, erhält stets eine umfangreiche Medienberichterstattung und hat sich eine große Fangemeinde in den sozialen Medien aufgebaut. Für viele Menschen ist er außerdem zum Gesicht einer Langlebigkeitsbewegung geworden, die sich nicht scheut, Experimente zu wagen.

Kein Plastik für Mr. Langlebigkeit

Ende April traf die US-Ausgabe von MIT Technology Review Johnson bei einer Veranstaltung für Menschen, die sich für sein Herzensthema interessieren, im kalifornischen Berkeley. Es gab ein Gespräch nach dem Mittagessen am Rande der Veranstaltung – die Reporterin hatte Plastikbox mit Essen, Johnson hatte eine scheinbar plastikfreie, kompostierbare Box mit Hähnchen und Gemüse. Seine makellose Haltung wurde von einem neutralen Gesichtsausdruck ergänzt.

Anzeige
Anzeige

Am Morgen hatte Johnson, in abgetragenen Turnschuhen und einem Hoodie, der mit Sicherheit extrem teuer war, dem Publikum von dem erzählt, was er für das Ende der Menschheit hält. Konkret machte er sich massive Sorgen um KI – nämlich, dass wir vor einem „Ereignishorizont“ stehen, einem Punkt, an dem eine Superintelligenz sich dem menschlichen Verständnis und der menschlichen Kontrolle entzieht. Daher war er auch nach Berkeley gekommen, um Menschen, die sich für Langlebigkeit interessieren, davon zu überzeugen, ihre Bemühungen auf KI zu konzentrieren.

KI soll menschliche Existenz sicherstellen

Es ist diese besondere Sorge, die letztlich die Mission seiner neuen „Don’t Die“-Religion untermauert. Zunächst müssten die Menschen deren Ideologie verinnerlichen, sagt er. Dann müssen sie sicherstellen, dass KI auf die Erhaltung der menschlichen Existenz ausgerichtet ist. Aber ohne KI, sagt er, würde er keine seiner Aktivitäten und Maßnahmen gegen den Tod durchführen können. „Ich bin überzeugt, dass wir uns als Spezies in einer existenziellen Phase befinden.“ Ironischerweise war Johnson selbst schon einmal Mitglied einer Sekte, jener der Mormonen, die in Utah, wo er herkommt, weitverbreitet ist. Inzwischen ist er allerdings ausgetreten. Die Lösung des Problems des Alterns werde noch Jahrzehnte dauern, sagt er. Das Problem: Wir würden nur so lange überleben, wenn wir sicherstellen, dass KI auf das Überleben der Menschheit ausgerichtet ist.

Anzeige
Anzeige
Das Thema Longevity ist auch Thema einer Ausgabe von MIT Technology Review, die am 4. Juli 2025 erscheinen wird. Das Heft lässt sich im gut sortierten Zeitschriftenhandel erwerben oder im heise shop bestellen.

Das folgende Interview wurde zur Verständlichkeit gekürzt.

MIT Technology Review (TR): Herr Johnson, warum gründen Sie eine neue Religion?

Anzeige
Anzeige

Bryan Johnson: Wir befinden uns in einer neuen Phase, in der wir aufgrund der Fortschritte in der KI dabei sind, neu zu definieren, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Das erfordert eine neue Form von Vorstellungskraft, Kreativität und Aufgeschlossenheit, und das ist eine große Herausforderung. Diese Diskussion nur als Gemeinschaft oder als einen Lebensstil anzugehen, hat nicht genug Gewicht und Kraft. Religionen haben sich dagegen in den letzten Jahrtausenden als die wohl wirksamste Form erwiesen, um menschliche Bestrebungen zu organisieren. Es ist einfach eine bewährte Methode.

TR: Wie gründet man eine neue Religion denn?

Johnson: Das ist eine gute Frage. Wenn man sich historische Beispiele ansieht, hat Buddha zum Beispiel einen Prozess der Selbstfindung durchlaufen und daraus ein Rahmenwerk entwickelt. Und Mohammed hatte seine Geschichte, Jesus seine Herkunft. Man könnte sogar sagen, dass Satoshi [Nakamoto, der noch immer unbekannte Schöpfer von Bitcoin] wie der Gründer einer modernen Religion agierte, die mit dem Bitcoin-Whitepaper ins Leben gerufen wurde. Adam Smith hat mit seinem Buch [Wealth of Nations] den Kapitalismus ins Leben gerufen. Die Frage ist: Was ist eine moderne Religion und wie überzeugt sie Menschen? Das ist für mich eine offene Frage. Ich weiß es noch nicht.

Anzeige
Anzeige

TR: Ihr Ziel ist es, KI mit der „Don’t Die“-Bewegung in Einklang zu bringen – oder, mit anderen Worten, sicherzustellen, dass KI-Modelle menschliches Leben priorisieren und schützen. Wie wollen Sie das erreichen?

Johnson: Ich spreche mit vielen KI-Forschern darüber. KI-Systeme könnten mit Werten zur Konfliktlösung ausgestattet werden, die nicht zum Tod eines Menschen führen. Oder einer anderen KI. Oder des Planeten.

TR: Würden Sie sagen, dass „Don’t Die“ schon jetzt Ihre Religion ist?

Anzeige
Anzeige

Johnson: Nein, ich denke, es ist die Religion der Menschheit. Sie unterscheidet sich von anderen Religionen, die sehr auf ihren Gründer ausgerichtet sind. Ich denke, dass sie dezentralisiert sein muss und etwas, das sich jeder zu eigen machen kann.

„Wir spielen mit der Idee, dass der Körper Gott ist“

TR: Es gibt dabei also keinen Gott?

Johnson: Wir spielen mit der Idee, dass der Körper Gott ist. Wir haben mit dem Format einer „Don’t Die“-Familie experimentiert, bei der sich acht bis zwölf Personen wöchentlich treffen. Es ist an andere Gruppen wie die Anonymen Alkoholiker angelehnt. Wir haben ein Eröffnungsritual. Wir haben ein Mantra. Und dann gibt es einen Teil, in dem sich die Menschen bei ihrem Körper für etwas entschuldigen, das sie ihm angetan haben und das ihnen selbst Schaden zugefügt hat.

Anzeige
Anzeige

Das verändert unsere Beziehung zu unserem Körper und unserem Geist. Es ist auch eine Möglichkeit für Menschen, enge Freundschaften zu schließen, emotional sensible Themen zu erörtern und sich gegenseitig bei der gesunden Praxis zu unterstützen.

Was ich eigentlich sagen will, ist dies: Das Leben ist die Tugend. Das Leben ist das Ziel. Wenn jemand an Gott glaubt, ist das in Ordnung. Man kann Christ sein und das machen, man kann Muslim sein und das machen. „Don’t Die“ ist ein „Ja, und…“ für alle Gruppierungen.

TR: Es ist also eine andere Art, über Religion nachzudenken?

Anzeige
Anzeige

Johnson: Ja. Derzeit hat Religion nicht mehr den höchsten Stellenwert in der Gesellschaft. Viele Menschen schauen in gewisser Weise auf sie herab. Ich denke, dass die Weiterentwicklung der KI zusätzliche Fragen darüber aufwerfen wird, wer wir sind: Was ist unsere Identität? Was glauben wir über unsere Existenz in der Zukunft? Die Menschen werden wieder nach einem Rahmenkonstrukt suchen, das ihnen hilft, die Gegenwart zu verstehen. Ich glaube daher, dass es in den kommenden Jahren eine Wiederhinwendung zur Religion geben wird. Manche mögen sagen, dass es seltsam ist, jetzt eine Religion zu gründen, und Religion Menschen sogar abschreckt. Aber ich finde das in Ordnung. Ich glaube, wir sind hierbei unserer Zeit voraus.

Wie Körper und KI zusammengehen

TR: Bezieht Ihre Religion KI in irgendeiner Weise mit ein, nimmt sie darauf Bezug?

Johnson: Ja. KI wird bei uns allgegenwärtig sein. Und deshalb haben wir eben über „unser Körper ist Gott“ nachgedacht. In den letzten Jahren habe ich die Hypothese ausprobiert, dass, wenn ich eine ganze Menge Daten über meinen Körper sammle, diese einem Algorithmus übergebe und ihn dann mit wissenschaftlichen Erkenntnissen füttere, das Ergebnis besser ist als bei einem Arzt. Ich liefere mich also dem Algorithmus aus.

Anzeige
Anzeige

Es wäre dann in meinem eigenen Interesse, mir von ihm sagen zu lassen, was ich zu essen, wann ich zu schlafen und wann ich Sport treiben soll. Denn er würde wissen, wie er mich besser und glücklich macht. Anstatt dass mein Verstand willkürlich entscheidet, was er essen möchte, basierend darauf, wie er sich gerade fühlt, wird der Körper selbst zu einer Autorität erhoben. KI wird bald allgegenwärtig sein und in unsere alltäglichen Aktivitäten integriert. Genauso wie sie unsere Texte automatisch vervollständigt, wird sie auch unsere Gedanken automatisch vervollständigen.

TR: Könnten manche Menschen das nicht auch so interpretieren, dass KI letztlich Gott ist?

Johnson: Möglicherweise. Ich habe aber Probleme damit, den Gott eines anderen Menschen zu definieren. Wir sind uns alle einig, dass keiner von uns heute sterben möchte. Deshalb werden wir versuchen, „Don’t Die“ in den nächsten 18 Monaten zur einflussreichsten Ideologie des Planeten zu machen.

Dieser Artikel stammt von Jessica Hamzelou. Sie ist Senior Reporter bei der US-amerikanischen Ausgabe von MIT Technology Review und schreibt über Biomedizin und Biotechnologie.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 09.05.2025 veröffentlicht, interessiert jedoch immer noch sehr viele unserer Leser:innen. Deshalb haben wir ihn hier nochmals zur Verfügung gestellt.
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Kommentare

Community-Richtlinien

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Kommentar abgeben

Melde dich an, um Kommentare schreiben und mit anderen Leser:innen und unseren Autor:innen diskutieren zu können.

Anmelden und kommentieren

Du hast noch keinen t3n-Account? Hier registrieren