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MIT Technology Review News

Anti-Aging und Longevity: Werden wir bald älter als 120 Jahre?

Wissenschaftliche Fortschritte, ein großes öffentliches Interesse und ein noch nie dagewesenes Maß an Investitionen treiben in den USA die „Longevity Industry“ an. Doch wie realistisch sind ihre Pläne?

Von MIT Technology Review Online
5 Min.
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Wie viel Zeit bleibt noch? (Symbolfoto: fizkes / shutterstock.com)

Das britische Amt für Statistik bietet einen Online-Rechner für die Lebenserwartung an. Gib dein Alter und Geschlecht ein und die Website wird anhand nationaler Durchschnittswerte das Alter ausspucken, in dem du voraussichtlich aufhörst zu leben. Für die Autorin dieser Zeilen liegt dieser Wert bei 88 Jahren.

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Das ist nicht schlecht – wenn man bedenkt, dass die Lebenserwartung weltweit eigentlich nur bei 73 Jahren liegt. Befasst man sich aber mit Akteur:innen neuer Langlebigkeitsbewegungen, wird einem schnell klar, dass dieses Alter für die Szene viel zu niedrig angesetzt ist. Wenn man mit Wissenschaftler:innen, Ärzt:innen oder Investor:innen in diesem Bereich spricht, fragt man gerne nach ihren persönlichen (Alters-)Zielen. Dabei kommen erstaunliche Werte heraus.

Einige sagen, dass sie ein zusätzliches Jahrzehnt bei guter Gesundheit leben wollen. Viele wollen mindestens 120 Jahre alt werden, was nahe an der derzeit bekannten Grenze des menschlichen Lebensalters liegt. Andere teilen mit, dass sie bis 200 durchhalten wollen. Und einige argumentieren, dass sie gar keine Zahl nennen wollen; sie wollen einfach so lange leben, wie sie können – also möglicherweise unbegrenzt.

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Wie lange könnten wir leben?

Wie weit könnte das gehen? Wir sind an einem guten Zeitpunkt, um diese Frage zu stellen. Dank wissenschaftlicher Fortschritte, einem großen öffentlichen Interesse und hoher Investitionen erlebt der Forschungsbereich derzeit einen Aufschwung. Einige Schlüsselbereiche der Wissenschaft deuten darauf hin, dass wir in der Lage sein könnten, die menschliche Lebensspanne durchaus noch weiter zu verlängern und möglicherweise zumindest einige Anzeichen des Alterns umzukehren.

Nehmen wir zum Beispiel das Konzept der zellulären Reprogrammierung. Nobelpreisgekrönte Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass es möglich ist, erwachsene Zellen in einen „jüngeren“ Zustand zu versetzen, der dem einer Stammzelle ähnelt. Milliarden von Dollar sind in Firmen und Forschung geflossen, um diese Entdeckung in eine Therapie umzuwandeln, die das Alter der Zellen und des Gewebes einer Person zurückverwandeln und so möglicherweise einige Elemente der Jugend wiederherstellen könnte.

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Verschiedene Ansätze des Anti-Aging

Es werden noch viele andere Möglichkeiten erforscht, darunter ein Diabetes-Medikament, das einen umfassenden Nutzen für die Gesundheit haben könnte oder Medikamente auf der Grundlage eines potenziellen Anti-Aging-Wirkstoffs, der in der Erde von Rapa Nui, der Osterinsel, entdeckt wurde. Es gibt Versuche zur Verjüngung des Immunsystems, Gentherapien zur Stärkung der Muskeln oder zur Verlängerung der Teilungsrate unserer Zellen und vieles mehr. Andere Forscher:innen suchen nach Wegen, um die gealterten, abgenutzten Zellen in unserem Körper zu beseitigen. Diese alternden Zellen scheinen Stoffe auszuscheiden, die das umliegende Gewebe schädigen.

Vor etwa acht Jahren fanden Wissenschaftler heraus, dass Mäuse, denen die seneszenten Zellen entfernt wurden, 25 Prozent länger lebten als unbehandelte Mäuse. Sie hatten auch gesündere Herzen und brauchten viel länger, um altersbedingte Krankheiten wie Krebs und Katarakte zu entwickeln. Sie sahen sogar jünger aus. Leider waren Versuche mit sogenannten Senolytika – Medikamenten, die auf alternde Zellen abzielen – beim Menschen nicht ganz so erfolgreich. Unity Biotechnology, ein Unternehmen, das von führenden Forscher:innen auf diesem Gebiet mitbegründet wurde, testete ein solches Medikament an Menschen mit Osteoarthritis. Im Jahr 2020 gab das Unternehmen dieses Medikament offiziell auf, nachdem sich herausgestellt hatte, dass das Therapeutikum bei der Behandlung der Krankheit nicht besser war als ein Placebo.

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Alternde Zellen im Visier der Forschung

Das heißt nicht, dass das Thema gescheitert ist. Es könnte uns durchaus gelingen, dass wir eines Tages herausfinden, wie wir altersbedingte Krankheiten oder sogar das Altern selbst behandeln können, indem wir gezielt gegen alternde Zellen vorgehen. Aber die aktuellen Probleme zeigen, wie kompliziert die Biologie des Alterns ist. Die Forscher:innen sind sich nicht einmal darüber einig, was die genauen Mechanismen sind und auf welche Bereiche sie abzielen sollten. Es wird auch weiterhin darüber diskutiert, wie lange der Mensch leben kann – und ob es überhaupt eine Grenze gibt.

Dennoch gelingt es uns immer besser, potenzielle Therapien an menschenähnlichen Modellen zu testen. Wir finden neue und verbesserte Methoden, um den Alterungsprozess selbst zu messen. Der X Prize bietet 101 Millionen Dollar für Forscher:innen, die einen Weg finden, die „Muskel-, kognitiven und Immunfunktionen“ von 65- bis 80-Jährigen für mindestens zehn Jahre wiederherzustellen – und zwar mit einer Behandlung, die ein Jahr oder weniger dauert.

In Anbetracht der Tatsache, dass der Wettbewerb über sieben Jahre läuft, ist das eine große Aufgabe. Jamie Justice, die geschäftsführende Direktorin des Bereichs Gesundheit des X Prize, meint, dass sie sich anfangs gegen das ehrgeizige Ziel gewehrt und dem Gründer der Organisation, Peter Diamandis, gesagt habe, dass es „unmöglich“ sei, dass Forscher es erreichen könnten. Aber man hat ja schon seltsamere Dinge in der Wissenschaft erlebt.

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Geld gegen das Altern

Einige Leute setzen auf diese Art von Fortschritt. Nicht nur Milliardäre, die bereits Millionen von Dollar und einen großen Teil ihrer Zeit in Strategien investiert haben, die ihnen helfen könnten, dem Altern zu trotzen, sondern auch Menschen, die sich für die Kryokonservierung entschieden haben.

In diesen Lagern liegen bereits Hunderte Körper von Personen, die geglaubt haben, dass sie eines Tages wiederbelebt werden könnten. Für sie sind die Hoffnungen derzeit gering. Wir fragten Justice, ob sie glaubt, dass sie eine Chance auf ein zweites Leben hätten. „Ehrliche Antwort?“, sagte sie: „Nein.“

Es ist wahrscheinlich, dass in den nächsten Jahrzehnten zumindest irgendetwas entwickelt wird, das uns hilft, länger und bei besserer Gesundheit zu leben. Kein Elixier für das ewige Leben, vielleicht, aber dennoch etwas – oder ein paar Dinge –, die uns helfen können, einige der altersbedingten Krankheiten abzuwehren, an denen viele von uns sterben.

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Bei halbwegs anständiger Gesundheit

Solche Therapien können die Lebenserwartung durchaus erhöhen. Menschen glauben in jungen Jahren nicht, dass wir hier einen massiven Anstieg brauchen, aber vielleicht denkt man anders darüber, wenn man auf die 88 zugeht. Auf der Statistik-Website wird der Autorin dieser Zeilen eine Chance von eins zu vier eingeräumt, 96 Jahre alt zu werden, und eine Chance von eins zu zehn, 100 Jahre zu erreichen.

Das klingt nach einer beeindruckenden Zahl – vorausgesetzt, man schafft es bei halbwegs anständiger Gesundheit. Vom derzeitigen Rekord von 122 Jahren wäre man dann immer noch weit entfernt. Aber es könnte sein, dass wir uns einfach mit einigen Einschränkungen abfinden müssen – als Einzelne und als Gesellschaft im Allgemeinen.

Die Wissenschaftler Jan Vijg und Eric Le Bourg haben 2017 in einer Untersuchung, in der sie für eine Begrenzung der menschlichen Lebensspanne plädieren, etwas geschrieben, das vielen Lesern im Gedächtnis geblieben ist – und das es wert ist, in Betracht gezogen zu werden, wenn man über die Zukunft der menschlichen Langlebigkeit nachdenkt: „Eine Spezies muss doch nicht ewig leben, um zu gedeihen.“

Dieser Artikel stammt von Jessica Hamzelou. Sie ist Senior Reporter bei der US-amerikanischen Ausgabe von MIT Technology Review und schreibt über Biomedizin und Biotechnologie.
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