Kundenbefragungen im E-Commerce: Lerne Deine Kunden kennen
Gleich vorab: Wir können an dieser Stelle keinen Tool-Vergleich anbieten. Aber wenn du nach „Online Umfrage Tools“ suchst, wirst du eine große Palette von Anbietern finden, die teilweise kostenfreie Testphasen oder komplett kostenfreie Versionen ihrer Lösungen anbieten. Fügst du Begriffe wie „Vergleich“ oder „Test“ hinzu, findest du auch einige Übersichten und Bewertungen der gängigen Anbieter.
Da diese Tools meist bewährte grafische Darstellungen bereitstellen, müssen wir uns hier auch keine Gedanken über die passende Optik von Bewertungs-Skalen oder anderen Elementen eines Fragebogens machen. Konzentrieren wir uns also auf die Konzeption und Auswertung von Kundenbefragungen – unabhängig davon, mit welcher Software du sie umsetzt.
Ganz am Anfang: Die Ziele festlegen
Viele starten eine Kundenbefragung ohne klare Zielsetzung. Da wird nur etwas gemurmelt wie: „Mal rausfinden, wie unsere Kunden uns so sehen. Und, na klar: was wir besser machen können …“. Und dann geht es schon an das Aufschreiben der Fragen. Das Ergebnis: zu viele Fragen („Das wollte ich schon immer mal wissen …“), eine Überfrachtung des Fragebogens und am Ende wenige Teilnehmer, die nur breit gestreute Antworten liefern.
Besser also, man grenzt das Ziel der Befragung klar ein. Der Anstoß zur Kundenbefragung liegt ja häufig in einer Vermutung wie: „Wir könnten mehr verkaufen, wenn …“. Über solche Thesen wird die Zielsetzung der Befragung definiert: Eine bestimmte Mutmaßung soll von den Kunden bestätigt oder abgelehnt werden. Die konkretesten Ergebnisse werden erzielt, wenn du pro Befragung wirklich nur eine deiner Thesen überprüfst. Denn das Schöne bei den Befragungs-Tools ist: Du kannst schon morgen eine neue Befragung starten und eine andere These überprüfen. Außerdem: Selbst wenn du in einem Monat zehn tolle Verbesserungsvorschläge bekämst, wie viele könntest du in der nächsten Zeit auch tatsächlich umsetzen?
Kundenbefragungen: Die richtige Anzahl der Fragen
Jedem ist klar: Je weniger Fragen, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass die Kunden mitmachen – und bis zum Ende dabei bleiben. Liest man Tipps in einschlägigen Blogs und Foren, werden sieben bis elf Fragen empfohlen. Ich würde aber noch darunter ansetzen: Schon mit drei bis fünf Fragen kannst du sehr viel von deinen Kunden erfahren und die Teilnahmequote deutlich steigern.
Außerdem nimmt die Auswertung von elf Fragen viel mehr Zeit in Anspruch, als der Blick auf nur drei Antworten je Fragebogen. Wer viel fragt, bekommt auch viele Antworten. Aber welche Informationen würden dir wirklich bei der Optimierung deines Shops helfen? Die richtige Anzahl der Fragen wird also bestimmt von der Anzahl der Antworten, die dir konkret helfen, dein Geschäft in einem ganz bestimmten Feld zu optimieren.
Welche Art der Frage passt?
Hier gilt die klassische Beraterantwort: „Kommt drauf an.“ Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen offenen Fragen (zum Beispiel W-Fragen: Wie, wann, warum …) und geschlossenen Fragen (Antwort mit Ja/Nein, Multiple-Choice oder einer Notenbewertung).
Unabhängig von ihrer Art sollten die Fragen aber immer kurz, einfach und neutral gehalten sein.
Offene Fragen bieten qualitative, geschlossene Fragen quantitative Ergebnisse
Offene Fragen bieten in der Regel ein Eingabefeld, in das die Kunden freien Text schreiben können. Diese Antworten können sehr wertvoll sein, aber die Beantwortung und auch die Auswertung sind zeitaufwändig. Es sollte pro Befragung daher möglichst nur eine solche Frage gestellt werden.
Bei der Auswertung offener Fragen kommt man am Ende oft dahin, dass die Freitext-Antworten doch wieder in ein Schema übertragen werden („30 Prozent wollen einen Newsletter“), damit die Schwerpunkte deutlich hervortreten. Also empfiehlt es sich zu prüfen, ob beispielsweise eine Multiple-Choice-Frage klarere Antworten erzeugen kann („Welche der folgenden Services würden Sie gerne von uns nutzen: Newsletter / Telefon-Hotline …“). Geht es aber tatsächlich um eine erste Stoffsammlung zu einem neuen Thema, sind offene Fragen das passende Format.
Wann immer möglich, sind geschlossene Fragen die beste Wahl. Sie sind schneller zu beantworten – und auch leichter auszuwerten. Hierbei ist es wichtig, die Fragen und Antwortmöglichkeiten so zu gestalten, dass die Kunden nicht zu falschen oder „halbrichtigen“ Antworten gezwungen werden. Die folgenden Punkte gehören in diesen Zusammenhang.
Die Bewertungs-Skala nicht zu klein wählen
Aus Sicht der Auswertung erscheint eine Bewertungsskala von vier Schritten wünschenswert, weil sie keinen Mittelwert zulässt und die Probanden zwingt, sich klar für eine Zustimmung oder Ablehnung zu entscheiden. Das Ergebnis wird aber sein, dass die Mehrzahl der Antworten sich in den mittleren beiden Feldern bewegt und einige der Teilnehmer sich auch eher zufällig für eines dieser beiden Felder entscheiden.
Geht es also um Bewertungen, empfiehlt sich in Deutschland das altbekannte Schulnoten-System. Will man das Phänomen berücksichtigen, dass die Extremwerte (bei Schulnoten also 1 und 6) sehr selten angekreuzt werden, kann man auch auf eine 10er-Skala ausweichen. Dann erhält man differenziertere Benotungen und muss nachher nicht im Nachkomma-Bereich rechnen, um Tendenzen zu erkennen. Die 10er-Skala schaltet auch am ehesten den „Höflichkeits-Faktor“ aus. Wer gibt schon gerne eine 5 als Zensur? Bei zehn Positionen entfällt diese Assoziation weitgehend.
Kundenbefragungen: Alle möglichen Antworten zulassen
Die einfache Frage: „Würden Sie von einem verlängerten Umtauschrecht Gebrauch machen?“ scheint mit den beiden Antwort-Möglichkeiten „Ja“ und „Nein“ hinreichend abgedeckt. Aber würde das Ergebnis vielleicht anders aussehen, wenn auch die Antworten „Weiß nicht“ oder „Ist mir egal“ zur Verfügung stünden?
Gibt es diese nicht, werden die Kunden gezwungen, sich für die totale Zustimmung oder Ablehnung zu entscheiden – eine Haltung, die sie eventuell in Wirklichkeit so klar gar nicht haben. Schon Schulkinder wissen um dieses Phänomen und gestalten ihre Fragebögen entsprechend. ;-)
Es nutzt also nichts, aus Sicht der Auswertung zu denken und die Antwortmöglichkeiten zu stark einzuschränken. Die Analyse ergibt dann zwar ein scheinbar klares und einfaches Bild, aber die Realität könnte weitaus differenzierter aussehen. Gerade wenn Investitionsentscheidungen an die Auswertung gebunden werden, wäre es schon tragisch, aufgrund einer scheinbar eindeutigen Zustimmung einen Service zu starten, der eigentlich in Wirklichkeit niemanden interessiert.
Motivation schaffen
„Ihre Meinung ist uns wichtig …“ oder „Helfen Sie mit …“ – so beginnen viele Fragebögen. Das ist grundsätzlich auch gut, da deutlich wird, dass die Kunden hier mitgestalten können. Aber trotzdem erfordert die Beantwortung von den Teilnehmern Arbeit und sie wissen natürlich genau, dass sie einen Beitrag zu deinem Erfolg leisten. Für einige ist dies schon Motivation genug, um mitzumachen, andere brauchen mehr Anreiz, um sich die Zeit zur Beantwortung der Fragen zu nehmen. Da hilft es oft, gleich zu Anfang zu erwähnen, dass es sich nur um drei Fragen handelt oder die Bearbeitung nur wenige Minuten dauert.
Wann immer möglich, sollte der Fleiß der Kunden mit einer kleinen Vergütung belohnt werden. Wer den Bogen abschließt und zusätzlich seine Mail-Adresse hinterlässt, erhält einen Gutschein für seinen nächsten Einkauf. Er kann ja zeitlich begrenzt oder nur für bestimmte Artikel gültig sein. Auch die Teilnahme an einem Preisausschreiben treibt die Teilnehmerzahlen deutlich nach oben. Ja – es kann Missbrauch geben und eventuell werden einige Teilnehmer sich ohne nachzudenken durch die Fragen klicken, um an den Bonus zu kommen und damit das Ergebnis verfälschen. Ich würde zunächst auch immer ohne derartige Anreize starten, aber wenn die Teilnehmerzahlen einfach zu niedrig sind, liegt in der Belohnung eine wirksame Möglichkeit, diese zu steigern.
Es muss auch nicht immer etwas Materielles sein. Viele Menschen interessiert zum Beispiel das (Zwischen-)Ergebnis der Befragung, an der sie gerade teilgenommen haben. Auch die Ergebnisse früherer Umfragen zu veröffentlichen und zu zeigen, was daraufhin im Shop oder im Service verbessert wurde, ist für viele Leute schon ein hinreichender Anreiz zur Teilnahme. Auf jeden Fall gehören alle diese Maßnahmen an den Anfang der Befragung, damit den Teilnehmern gleich klar ist, dass es sich – aus welchen Gründen auch immer – lohnt, jetzt mitzumachen.
Mit Fragen verkaufen
Nicht umsonst lautet der Kernsatz einer jeden Verkaufsschulung: „Wer fragt, der führt.“ Also können auch Kundenbefragungen als Vertriebsinstrument genutzt werden. Stell doch zum Beispiel die Frage: „Wann planen Sie den nächsten Kauf von …?“ und biete als Antwortmöglichkeiten einige Zeitspannen an (aber auch die Antwort „Gar nicht“). Je nach Angaben des Kunden gewinnst du qualifizierte Kontakte für eine Mailing-Aktion, mit der du das befragte Produkt anbietest.
Oder: „Wir planen demnächst eine Sonderaktion mit deutlich reduzierten Preisen für … Würden Sie gerne hierüber von uns informiert werden?“ Du merkst schon, auch (und gerade!) mit Fragen kann man verkaufen. Und wenn du schon dabei bist, könntest du auch um die Komplettierung dieses Satzes bitten: „Ich finde den Online-Shop XY gut, weil …“. So erhälst du nebenbei schöne Kundenzitate für deine Website.
Aber wie eingangs gesagt: Achte auf eine klare Zielsetzung der Befragung und die möglichst knappe Gesamtlänge des Fragebogens. Also bitte nicht versuchen, alle hier gegebenen Anregungen in einer Umfrage unter zu bringen, sondern besser mit wenigen Fragen starten und dann durch die Resonanz lernen, wie du durch Umfragen deine Kunden ganz einfach zur Mitarbeit bewegst.