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Kommentar

E-Rezept und Co.: Warum wir so oft auf Digitalisierungs­lösungen herumhacken

Deutschland gilt als Land, in dem öffentliche Digitalisierungs­projekte mehr als einmal vor die Wand gefahren wurden. Doch warum ist das so? Sind wir Deutschen wirklich so digitalisierungs­feindlich?

3 Min.
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Große Digitalisierungsprojekte sorgen oft für Kritik in der Gesellschaft. (Foto: Metamorworks / Shutterstock)

Es sind drei Beispiele von vielen, die auf ihre jeweils eigene Weise illustrieren, was in Deutschland mit der Digitalisierung im öffentlichen Raum alles schiefläuft: Für die Verwaltung des E‑Rezepts per App (die übrigens nicht zwingend erforderlich ist) benötigt man eine PIN für die Versichertenkarte – die wiederum bei vielen Krankenkassen in der Vergangenheit nicht einmal auf Anfrage vergeben wurde.

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Die Umstellung der Hamburger Verkehrsbetriebe auf bargeldlose Prepaid-Karten für die Bezahlung im Bus zum Jahresbeginn lief etwas holperig: Es waren schlichtweg nicht genügend Kartenrohlinge für den erwartbaren Ansturm da, obwohl man natürlich außerhalb der Busse auch weiterhin mit Bargeld bezahlen oder gleich auf die HVV-App umsteigen kann.

Im Dezember 2023 schließlich kündigte die Deutsche Bahn an, zunächst die nur kurzfristig gültige Probe-Bahncard (später auch alle Bahncards) nicht mehr in Form einer Plastikkarte, sondern nur noch in digitaler Form für die Bahn-Apps ausliefern zu wollen.

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Alle diese Dinge sind in Hinblick auf die Digitalisierung vernünftig, da effizienter und nachhaltiger als in der Vergangenheit. Doch in allen drei Fällen wurden – in unterschiedlicher Konstellation – drei Dinge übersehen. Denn erstens braucht Digitalisierung eine vernünftige Kommunikation. Dass das E‑Rezept kommen würde, war beispielsweise lange bekannt.

Doch nicht nur in vielen medizinischen Praxen und Apotheken gestaltet sich die Einführung schwierig, das Ausstellen beziehungsweise das Einlesen mehrerer Rezepte braucht etwa oft deutlich länger als in der Vergangenheit.

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Das hat auch damit zu tun, dass Anbieter entsprechender Praxislösungen nicht optimal mit jenen zusammengearbeitet haben, die für die E‑Rezept-Standards zuständig sind. Und während das medizinische Personal die neuen Workflows meist recht schnell verinnerlicht hat, braucht es viel Zeit, den Patient:innen zu erklären, was sich nun für sie ändert.

Bei Digitalprojekten alle Nutzer:innen­gruppen mitnehmen

Und damit sind wir beim zweiten Punkt: Digitalisierung im öffentlichen Raum, die für alle Bevölkerungs­gruppen gelten soll, braucht inklusives Denken. Natürlich kann man den meisten Menschen zumuten, bestimmte Dienstleistungen per Smartphone-App zu erledigen.

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Man kann es aber eben nicht von allen erwarten. Vor allem Menschen über 70 Jahre (aber auch viele Jüngere) werden lieber auf eine Dienstleistung verzichten oder über andere Wege zum Ziel kommen, als sich auf das Spiel mit der für sie ungewohnten Technik einzulassen.

Das gilt übrigens nicht nur für die eigentliche Anwendung. Im Fall des E‑Rezepts lässt sich vieles, was die Hoheit über die eigenen Daten betrifft, mithilfe einer speziellen App erledigen. Das setzt aber voraus, dass alle Anwender:innen, die das wünschen, es auch können.

Und der dritte Punkt betrifft die Zuverlässigkeit: Denn digitale Services müssen mindestens so zuverlässig sein wie ihr papierbasiertes und analoges Gegenstück. Ein digitales Deutschland­ticket, das bei der Kontrolle den Dienst versagt, eine Bahncard, die teilweise aufgrund technischer Probleme nicht verfügbar ist – all das ist nicht nur für misstrauische, Technik verweigernde Anwender:innen­gruppen ein guter Grund, weiterhin auf ein Papierticket zu pochen.

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Deswegen dürfen jene übergreifenden Digitalisierungs­projekte von Onlinedienste­zugangsgesetz bis Bürger-Cloud, die nicht bloß für einen kleinen technikaffinen Teil der Gesellschaft kommen, nicht nach dem Bananen­prinzip („Lösung reift bei dem:der Kund:in“) gelauncht werden. Zudem sollten die Initiator:innen alles daransetzen, ausführlich zu testen und nicht zuletzt vor und während der Einführung die Change-Kommunikation nicht vernachlässigen.

Es gilt aber auch das Umgekehrte: Als Anwender:innen sollten wir öfter flexibler und mit etwas mehr Wohlwollen an die digitalen Lösungen herangehen, denn wir werden beispielsweise nicht zuverlässig verhindern können, dass ein System eben nur die 99,9 Prozent Erreichbarkeit aufweist. Zugegebenermaßen etwas, das vielen Menschen in unserem Land schwerfällt.

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Niko Müller

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