E-Sport ist Sport, die Regierung muss handeln

E-Sport ist Sport. Im Bild: E-Sport-Arena. (Foto: (Foto: RomanKos / Shutterstock))
Schach ist ein Sport, E-Sport aber nicht. 380 Millionen Zuschauer begeistern sich weltweit laut dem Global E-Sport Market Report von 2019 für die Sportdisziplin, zu der Spiele wie das Fußballspiel Fifa oder Strategiespiele wie League of Legends, Egoshooter wie Counterstrike oder das noch recht junge Survival-Phänomen Fortnite zählen. Selbst Bundesligavereine wie Schalke oder Borussia Mönchengladbach unterhalten E-Sport-Teams. Für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zählt das alles nichts, der Verband kanzelt E-Sport in einem aktuellen Gutachten als „reine Unterhaltung“ ab. Und unsere Bundesregierung versagt erneut kläglich und CDU und SPD verscherzen es sich damit noch weiter bei der digitalaffinen Bevölkerung. Dabei ist E-Sport ganz klar Sport und es gäbe eine Möglichkeit, das festzulegen.
E-Sport ist Sport
Die kognitiven Leistungen, die E-Sportler erbringen müssen, sind Spitzensportleistungen, auch wenn der DOSB realitätsfern dem E-Sport jegliche Körperlichkeit abspricht. Die Deutsche Sporthochschule in Köln beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema und beschreibt den E-Sport als „eine Mischung aus strategischem Verständnis, schnellen Reaktionen, präzisen Bewegungsabläufen, exzellenter Kommunikation und vielen weiteren Fähigkeiten“. Wenn das nicht nach Sport klingt, was dann? Schach, das sich ebenfalls auf kognitive Leistungsfähigkeit und das Training derselben konzentriert, ist auch eine anerkannte Sportart.
Jeder, der als Noob (Neuling, für mitlesende Regierungsmitglieder) schon einmal gegen einen professionellen Counterstrike-Spieler gezockt hat, weiß, dass – ebenso wie im klassischen Sport – die Sportler über weitaus bessere Fähigkeiten als der Normalspieler verfügen. Und jeder, der schon einige Stunden in einem Spielekosmos zugebracht hat, weiß, dass es auch körperlich anstrengend ist. Der SWR verweist auf Gutachten, die belegen dass E-Sport beispielsweise anstrengender als Schießsport ist.
Wieso die Anerkennung des E-Sports als Sport nötig ist
Die kommerziellen Veranstalter von Turnieren und Ligen wie die ESL (früher Electronic Sports League) beherrschen die E-Sports-Welt. Die Anerkennung von E-Sport als Sport würde die Türen für die öffentliche Förderung von unabhängigen Verbänden und Ligen fördern. Öffentliche Fördermittel und steuerliche Förderung durch die Anerkennung der Gemeinnützigkeit von E-Sport-Organisationen würden die Formung einer öffentlichen Sphäre für diesen Sport fördern. Mehr E-Sportvereine statt E-Sport-Unternehmen. Mehr Sport- und Jugendförderung statt mehr Kommerz.
Bundesregierung verletzt erneut Koalitionsvertrag
Frei nach dem Motto „Was interessiert mich mein Gewäsch von gestern“ ignoriert die Bundesregierung bei der Debatte um den E-Sport nach dem Debakel um die Uploadfilter wieder einen Punkt aus ihrem Koalitionsvertrag und beweist damit einmal mehr ihre digitalpolitische Rückständigkeit. Aus „Vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkennen und bei der Schaffung einer olympischen Perspektive unterstützen“ wurde „interessiert uns nicht, soll jemand anders entscheiden“. Der Verdacht des Desinteresses kam erstmals im September 2018 auf, als eine kleine Anfrage der FDP zum Thema mit drückebergerischer Ausweichtaktik beantwortet wurde: „Es gibt kein Anerkennungsverfahren für Sportarten durch die Bundesregierung“, zitiert das Sportmagazin Kicker.
Der DOSB sollte entscheiden, die Bundesregierung weigerte sich selbst zu entscheiden. Dabei ist die Aussage der Bundesregierung ebenso korrekt wie eine Nebelbombe. Die Förderung von Schach als Spitzensport ist per Beschluss 2014 im Bundestag erhalten worden. Der deutsche Schachbund wurde im letzten Jahr vom Bundesinnenministerium mit rund 90.000 Euro bedacht. Die Gemeinnützigkeit von Schachvereinen und Verbänden ist per Gesetz gesichert: Der Katalog in Paragraf 52 der Abgabenordnung trägt seit langen Jahren in Absatz 2 unter Punkt 21, der die Förderung des Sports als gemeinnützig festsetzt, den Zusatz „Schach gilt als Sport“.
Es wäre ohne jedes Problem möglich, einen entsprechenden Gesetzesentwurf einzubringen, der den Katalog von Paragraf 52 um den Zusatz „E-Sport ist Sport“ ergänzt. Die Bundesregierung sollte auf ihre Digitalministerin hören, die dem DOSB vorwarf, die Realität zu verleugnen, und in der Gegenwart ankommen. Der Haushaltsausschuss tagt in Kürze und soll über die weitere Förderung des E-Sports entscheiden. Statt hier einem Verband wie dem DOSB das Zepter bei der Gesetzgebung indirekt zu überlassen, der doch nur seine eigenen Pfründe und Fördergelder und damit seine Macht schützen will, sollte die Regierung dem öffentlichen Interesse am E-Sport Respekt zollen und handeln. Es ist Zeit, Geschichte zu spielen.
In einer früheren Version dieses Artikels war zu lesen, dass Borussia Dortmund über ein E-Sport-Team verfügt. Das ist nicht korrekt, Borussia Mönchengladbach hat ein E-Sport-Team. Außerdem ist die Sporthochschule in Köln, nicht in Düsseldorf angesiedelt.