Elektromobilität: Diese neuen Elektroauto-Marken solltet ihr kennen
Es ist kein Geheimnis, dass nahezu alle großen, traditionsreichen Autohersteller das Thema Elektromobilität viel zu lange ignoriert haben. Und dabei spielt es gar keine Rolle, ob Kleinwagen, Mittelklasse oder Premiumsegment: Wer noch vor drei Jahren bei Marken wie Peugeot, Mercedes-Benz, Audi, Volkswagen oder Ford nach einem vollelektrischen Modell gesucht hat, musste schon sehr genau hinschauen.
Inzwischen hat sich das geändert. Und das ist auch gut so. Aber trotzdem werden es all die klangvollen Marken im Zeitalter der Elektromobilität schwerer haben, als zuvor. Denn eine ganze Reihe neuer Automobilhersteller, vor allem aus China und anderen asiatischen Ländern, steht bereits in den Startlöchern. Und anders als früher müssen sich viele dieser Fahrzeuge weder qualitativ noch leistungstechnisch vor den etablierten Konzernen verstecken. Beim Thema Software machen sie sogar manches besser. Ein Überblick.
BYD: Der zweitgrößte Elektroauto-Hersteller Chinas
BYD Auto gibt es bereits seit 2003. Seither hat das Unternehmen in China über 6,6 Millionen Fahrzeuge verkauft. In Deutschland hingegen erlangte die Marke erst im Herbst 2022 größere Bekanntheit, als der Autovermieter Sixt angekündigt hat, 100.000 Elektroautos bei BYD zu kaufen.
Parallel dazu treibt BYD auch seinen Markteintritt in Deutschland voran. Zum Start gibt es das kompakte SUV Atto 3 (ab 38.000 Euro) sowie die beiden Topmodelle Han und Tang, die bei über 70.000 Euro starten. Daran wird auch schon deutlich, dass es den chinesischen Autobauern nicht an Selbstbewusstsein mangelt. Die Zeiten, in denen man sich durch extrem günstige Preise von der Konkurrenz abheben wollte, sind vorbei.
Das zeigt auch ein Blick in die Datenblätter: Die Limousine Han absolviert den Sprint von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde in 3,9 Sekunden, und das bei einer WLTP-Reichweite von 521 Kilometern. Und schon beim Atto 3 als Einstiegsmodell setzt BYD auf eine 800-Volt-Plattform, die eine hohe Ladeleistung ermöglicht.
Nio: Startup mit ambitionierten Zielen
2014 gegründet, fällt Nio noch in die Kategorie Startup. Die Anfangszeit war geprägt von einem Auf und Ab – und Anfang 2020 stand das Unternehmen sogar kurz vor dem Aus. Verhindert werden konnte dies nur durch eine staatliche Investition in Höhe von rund einer Milliarde Euro.
Seither ist viel passiert. Derzeit arbeitet Nio, wie zahlreiche andere Marken, am europäischen Markteintritt. Seit ein paar Wochen ist in Deutschland beispielsweise die Limousine ET7 erhältlich, mit der Nio im Segment von Tesla Model S, Mercedes-Benz EQE und Porsche Taycan unterwegs ist. Dabei gibt man sich keineswegs bescheiden, weder beim Marketing noch bei der Ausstattung oder dem Preis: Im Abo ruft Nio zwischen 1.170 und 1.400 Euro monatlich auf. Beim Kauf werden mindestens 82.850 Euro fällig.
Dafür besitzt Nio aber auch ein Alleinstellungsmerkmal: die Nio Power Swap Stations. An bis zu 20 EnBW-Schnellladestandorten in Deutschland errichtet Nio derzeit Batteriewechselstationen für einen schnellen Batteriewechsel. Die leere Batterie von Nio-Fahrzeugen wird hier vollautomatisch in rund fünf Minuten durch eine geladene ausgetauscht.
Vinfast: Elektroautos aus Vietnam
Auf dem Pariser Autosalon 2018 trat das erst ein Jahr zuvor gegründete vietnamesische Unternehmen Vinfast das erste Mal mit einer Designstudie in Erscheinung. Nur vier Jahre später können bereits zwei Serienfahrzeuge in Deutschland reserviert werden: der VF 8 als vollelektrisches SUV für Familien (ab 61.700 Euro) und der VF 9 als siebensitziges Top-Modell (ab 82.250 Euro).
Auch Vinfast gibt sich nicht zurückhaltend: Reichweiten von fast 600 Kilometern, zehn Jahre Garantie auf die Batterie, über 400 PS – und natürlich „Premium-Komfort“. Möglich wird all das durch eine Reihe von globalen Partnerschaften mit Branchengrößen wie Siemens, Bosch, Magna, Pininfarina, General Motors und BMW.
Aiways: Das Euronics-Elektroauto
Zurück nach China. Hier sitzt das 2017 gegründete Unternehmen Aiways. Anders als beispielsweise Nio setzt Aiways nicht auf eine Premiumstrategie, sondern vermarktet seinen U5 als bezahlbares Elektroauto für Familien. Für knapp 38.000 Euro (vor Abzug der staatlichen Förderung) bekommt man ein geräumiges SUV mit knapp 500 Litern Kofferraumvolumen, pragmatischen 204 PS und 410 Kilometern WLTP-Reichweite.
Um dieses vergleichsweise unspektakuläre Elektroauto am Markt zu platzieren, mussten sich die Verantwortlichen etwas einfallen lassen. Und das taten sie auch: Der Aiways wurde zum ersten Elektroauto, das man in Deutschland exklusiv bei einem Elektrofachmarkt (Euronics) kaufen kann. Ein genialer PR-Schachzug, durch den Aiways viel Aufmerksamkeit erhielt.
Und auch beim Service hat man sich was einfallen lassen, denn natürlich kann ein Euronics-Markt keine Autos warten. Also hat man dafür ATU ins Boot geholt. Ohne eigene Niederlassungen oder das Einbinden von Autohäusern standen so auf einen Schlag rund 500 Service-Standorte zur Verfügung.
Derzeit läuft die Markteinführung des SUV-Coupés Aiways U6.
Ora: Endlich mal kein SUV!
Wer nun denkt, dass die Chinesen nur große SUVs bauen können, der irrt. Mit der neuen Elektroauto-Marke Ora möchte das Unternehmen Great Wall Motors gezielt die europäische Kundschaft ansprechen.
Der Ora Funky Cat ist kompakte 4,23 Meter lang und fällt durch sein verspieltes Design auf. Es stehen sowohl eine 48-Kilowattstunden- (Reichweite rund 300 Kilometer) als auch eine 63-Kilowattstunden-Batterie (Reichweite rund 400 Kilometer) zur Verfügung. Dazu gibt’s jede Menge Technik und Assistenzsysteme.
Den Vertrieb von Ora Funky Cat übernimmt in Deutschland die Emil-Frey-Gruppe. Preislich geht’s bei rund 36.000 Euro los. Damit ist der Kompaktwagen definitiv kein Schnäppchen, vor allem wenn man bedenkt, dass der deutlich größere Aiways U5 nur 2.000 Euro teurer ist.
Rivian: Die amerikanische Vorstellung vom Elektroauto
Das US-amerikanische Unternehmen Rivian existiert zwar schon seit 2009, hat aber erst in den vergangenen Jahren durch seinen elektrischen Pick-up von sich Reden gemacht.
Ähnlich wie Tesla setzt Rivian auf Superlative: Obwohl der Rivian R1T 2,7 Tonnen wiegt, beschleunigt er dank seiner vier Motoren (754 PS) in unglaublichen drei Sekunden von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde. Zum Vergleich: Ein Porsche 911 Carrera GTS braucht 3,4 Sekunden. Der Koloss verfügt zudem über eine Zuglast von bis zu fünf Tonnen und eine Nutzlast von bis zu 800 Kilogramm.
Sowohl der Rivian R1T als auch sein SUV-Pendant R1S werden ab 2023 in Deutschland erhältlich sein. Bei den offiziellen Preisen hält man sich noch bedeckt.
Ähnlich wie die chinesischen Marken setzen auch die Amerikaner auf Kooperationen: So ist etwa Amazon an Rivian beteiligt, um langfristig die Auslieferung auf Elektrofahrzeuge umzustellen. Mitte 2022 wurde zudem bekannt, dass Rivian eine strategische Partnerschaft mit Mercedes-Benz im Bereich Nutzfahrzeuge eingeht.
Zahlreiche weitere Hersteller arbeiten an der vollelektrischen Zukunft
Neben den oben genannten Unternehmen versuchen sich derzeit noch zahlreiche weitere im Bereich der Elektromobilität zu etablieren. So setzt beispielsweise Microlino auf Mikromobilität, während Sono Motors vor allem das Thema Nachhaltigkeit im Blick hat (und kurz vor dem Aus steht). Unternehmen wie Lucid Motors versuchen sich derweil mit Modellen wie dem Air an Superlativen, wobei fraglich ist, wie weit das US-Unternehmen mit Fahrzeugen zwischen 150.000 und 300.000 Euro kommt.
Und dann wären da noch Exoten wie Rimac, deren Hypercars außer Konkurrenz fahren. So muss man beispielsweise für einen Nevera gut zwei Millionen Euro auf den Tisch legen. Dafür bekommt man fast 2.000 PS, 1,9 Sekunden von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde und 412 Kilometer pro Stunde Höchstgeschwindigkeit. Sofern man zu den Auserwählten zählt, die überhaupt einen der auf 150 Exemplare limitierten Fahrzeuge kaufen „dürfen“.
So oder so: Die Zukunft der Elektromobilität bleibt spannend und wir werden noch viele Unternehmen kommen und gehen sehen.
„Die Limousine Han absolviert den Sprint von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde in 3,9 Sekunden, und das bei einer WLTP-Reichweite von 521 Kilometern.“
Die Frage wäre eher, wie weit so ein Auto kommt, wenn es auf verträgliche 11 Sekunden bis 100 eingeregelt wäre. Das da oben sind doch Gagawerte!
Stimmt ja letztlich auch nur so halb. Im Sprint kann die Limousine den WLTP-Wert nicht halten. Die Formulierung suggeriert, man könnte auf den Pin treten und trotzdem 500 Kilometer weit fahren – wahrscheinlich eine unbeabsichtigte Fehlformulierung…
…wer so fährt, fährt keine 200 km. Der Akku wird blitzartig leergesaugt.
Die meisten Akkuautofahrer fahren deshalb selten schneller als 100 auf der Autobahn und rasant beschleunigen ist Gift für die Reichweite.