Erneuerbare Energien: Hier nimmt der größte Gezeitenenergie-„Drachen“ seine Arbeit auf
Dragon 12 hat seinen Dienst aufgenommen. Das schwimmende Gezeitenenergiekraftwerk des schwedischen Startups Minesto hat vor wenigen Tagen erstmals Strom geliefert. Der Dragon 12 liegt vor der Küste der Färöer. Die von ihm erzeugte Energie wird in das Netz der zu Dänemark gehörenden Inseln eingespeist. Das hat die Ausgründung des Flugzeugbauers Saab in einer Pressemitteilung bekannt gegeben.
So funktioniert das schwimmende Kraftwerk
Bei Dragon 12 handelt es sich um den ersten Gezeitenkraftdrachen von Minesto, der Strom im Megawatt-Bereich erzeugt. 1,2 Megawatt, um genau zu sein. Zum Vergleich: Der Vorgänger Dragon 4 schaffte nur 100 Kilowatt.
Optisch erinnert der Dragon 12 an einen Flugdrachen, der auf der Wasseroberfläche schwimmt. Das mobile Kraftwerk wiegt 28 Tonnen und besitzt eine Spannweite von zwölf Metern – ein Quantensprung im Vergleich zum Vorgänger, der nur knapp fünf Meter breit war. Der Drachen ist mit Halteseilen am Meeresboden befestigt, hat aber genügend Spielraum, um sich zu bewegen. Denn nur so kann er kinetische Energie gewinnen.
Über Ruder wird der Drachen im Gezeitenstrom gehalten. Er beschreibt so im Wasser Bewegung in Form einer Acht. Eine Turbine am Heck mit einem Propeller bewegt sich durch die Strömung und treibt einen Generator an. Der so erzeugte Strom fließt durch ein 3,4 Kilometer langes, am Meeresgrund befestigten Kabel an Land. Das Kabel hatte Minesto im Mai 2023 erfolgreich installiert.
Minesto wurde 2007 als Saab-Ableger gegründet. Neben dem Energie-Projekt vor den Färöer-Inseln sind Operationen in Schweden, Wales, Nordirland und Taiwan aktiv.
Das Versprechen der Firma ist eine platzsparende, günstige und effektive Lieferung von Gezeitenenergie. Denn diese Spielart von Wasserkraftgewinnung ist bisher sehr kostenintensiv und aufwendig.
Gezeitendrachen: Schmale Alternative zu Staudämmen
Bisher werden die meisten Gezeitenkraftwerke in Form eines Damms realisiert. Eine Mauer staut dabei das Wasser, sammelt es bei Flut. Bei Ebbe werden Schleusen geöffnet, das fallende Wasser treibt Turbinen an. Das Problem – neben den hohen Kosten und langen Bauzeiten – ist, dass Staudämme massiv in die Natur eingreifen und damit Tiere und Pflanzen belasten. Umweltfreundlicher sind Kraftwerke, die natürlich vorkommende Gezeitenlagunen nutzen.
Bei In-Flow-Gezeitenkraftwerken liegen die Turbinen direkt im Meer. Anders als der Minesto-Drachen sind sie meist fest installiert, ob am Meeresboden oder an der Küste. Viele In-Flow-Kraftwerke sind im Vergleich zum Dragon 12 aber wahre Ungetüme. Der schottische Orbital Marine Power wiegt etwa 680 Tonnen. Dafür erzeugt er aber auch zwei Megawatt.
Langfristig plant Minesto vor den Färöer Inseln eine Anlage, die 120 Megawatt an den Start bringt. Sie soll aus einer Flotte von rund 100 schwimmenden Drachen bestehen.
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