Fake-Bewertungen sind rechtswidrig und Plattformen können dagegen vorgehen

Der Handel mit fiktiven Bewertungen floriert – und wer danach als Hersteller eines Produkts oder Betreiber eines Restaurants oder Hotels Ausschau hält, kann für einstellige Eurobeträge positive Rezensionen für alle gängigen Portale von Amazon über Googles App-Store bis hin zu Reiseportalen wie Holidaycheck oder Booking.com kaufen. Die Bewertungen kommen dann über Marketingunternehmen, die die Aufträge an Rezensenten weiterreichen, die in den meisten Fällen das fragliche Produkt oder Hotel gar nicht mal kennen.
Holidaycheck war es jetzt, die das Unternehmen Fivestar Marketing aus Belize an der Ostküste Mittelamerikas verklagt hatten. Laut einem Urteil des Münchner Landgerichts darf Fivestar künftig keine Bewertungen mehr von Nutzern anbieten und verkaufen, die nicht tatsächlich in der jeweiligen Herberge übernachtet haben. Zudem muss Fivestar dem Burda-Konzern (zu dem Holidaycheck gehört) Auskunft darüber geben, woher die erfundenen Bewertungen stammen. Dabei erging die Entscheidung in Form eines sogenannten Versäumnisurteils – von Fivestar war niemand erschienen.
Das Unternehmen hatte in der Verhandlung nicht nachweisen können, dass die Bewertungen tatsächlich echt waren – auch bestanden hieran erhebliche Zweifel, da in einzelnen Fällen dieselben Bewerter in kürzester Zeit rund 30 Unterkünfte an unterschiedlichen Orten bewertet hatten. Auch den Einwand, die Rezensenten seien selbst für den Inhalt der jeweiligen Bewertung verantwortlich, ließ das Gericht nicht gelten und machte „mittelbare Täterschaft“ geltend.
Fake-Bewertungen sind für Plattformbetreiber Segen und Fluch zugleich – denn einerseits sorgen schwärmerisch-positive Beurteilungen und Rezensionen dafür, dass ein Hotel gebucht oder eine Ware gekauft wird, andererseits sorgen Fake-Bewertungen aber auch dafür, dass die Glaubwürdigkeit in sämtliche Bewertungen abnimmt und das Vertrauen in das Bewertungssystem empfindlich beeinträchtigt wird.
Für Plattformen und Portale bringt das Urteil jetzt immerhin die Möglichkeit, überhaupt rechtlich gegen solche Fake-Bewertungen vorgehen zu können. Denn beispielsweise Amazon erklärt, man habe rund 400 Millionen US-Dollar aufgewendet und 13 Millionen Fake-Bewertungen aufgespürt. Künstliche Intelligenz und menschliche Bewertungsüberprüfer arbeiten hier Hand in Hand zusammen. Experten gehen davon aus, dass im Schnitt jede fünfte Bewertung fingiert ist.
Eine weitere Frage bleibt allerdings noch offen – und über die entscheidet in den nächsten Tagen der Bundesgerichtshof: Haftet ein Händler oder Websitebetreiber für Rezensionen und haften Händler, die auf Plattformen verkaufen, für dort stehende Rezensionen? Im konkreten Fall hatte der Verband Sozialer Wettbewerb einen Händler für Kinesiologie-Tapes verklagt, dessen Kunden auf der Website erklärt hatten, das Produkt lindere Schmerzen – eine medizinisch nicht nachgewiesene Wirkung. Amazon, wo der Händler das Produkt ebenfalls anbietet, wiederum hatte es auf Hinweis des Händlers abgelehnt, die Bewertungen aus dem Netz zu nehmen. Problem des Händlers, meint der Kläger – dann müsse dieser halt sein Produkt ganz von der Seite nehmen.
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„Das Unternehmen hatte in der Verhandlung nicht nachweisen können, dass die Bewertungen tatsächlich echt waren“
Wie auch, bei einem Säumnisurteil? Wenn die Beklagte nicht erscheint prüft das Gericht die Erwiderung dessen erst gar nicht, sondern folgt immer dem Antrag der Klägerin. Was in dem Fall aber wohl nicht schlimm ist, weil das Urteil in Belize wahrscheinlich aufgrund fehlender Rechtshilfe nicht vollstreckbar ist und die Beklagte einfach weiter machen kann.
Heute war nur eine Folgeverhandlung. Das Gericht stand in der Vergangenheit wohl schon intensiv mit den Beklagten in Kontakt.