Fluch und Segen: Wie sich Unternehmen vor Bewertungen im Netz schützen
Ob bei der Urlaubsbuchung, der Restaurantreservierung oder beim Shopping – Bewertungen auf Onlineportalen oder Kommentare in sozialen Netzwerken spielen oftmals eine wichtige Rolle. Für Unternehmen sind sie Fluch und Segen zugleich. Denn wenn negative Bewertungen in eine Welle von Beleidigungen oder Hasskommentare ausarten, können die Auswirkungen auf die Reputation eines Unternehmens gravierend sein. Systematisch angelegtes Cyber-Mobbing kann schnell ein gesamtes Unternehmen diffamieren und unzählige Arbeitsplätze in Gefahr bringen. In einer Welt, in der Kritiken nur eine Frage von wenigen Sekunden und Klicks sind, ist es umso wichtiger, sich auf solche digitalen Angriffe vorzubereiten – beziehungsweise so früh wie möglich rechtliche Schritte in die Wege zu leiten. Denn trotz vermeintlicher Anonymität ist das Internet kein rechtliches Niemandsland.
Meinungsfreiheit oder Schmähkritik: Ein Balanceakt
Ein Thema, das auch schon 2016 das Bundesverfassungsgericht beschäftigt hat. Dieses ist zur Entscheidung gekommen, dass potenzielle Kunden – sei es bei der Urlaubsbuchung oder beim Onlineshopping – ein Recht auf wahre Informationen zu Anbietern haben und damit auch die Nennung eines Unternehmensnamen im Kontext negativer Bewertungen legitim ist. Laut Gericht müssen Unternehmen die Verantwortung für Produktqualität, Service, Abwicklung und Co. und so auch für die unerfreulichen Kommentare tragen – solange diese der Wahrheit entsprechen.
Doch wie lässt in einem ersten Schritt überhaupt prüfen, ob eine Bewertung wahrheitsgemäß oder eine Negativwelle berechtigt ist? Ein Balanceakt der Meinungsfreiheit, bei dem es entscheidend ist, dass die Grenze zur Schmähkritik rechtlich nicht überschritten wird. So sind Verleumdung, Verschmähung und die Verbreitung von Unwahrheit ausdrücklich verboten. Mit objektiven, wahren und nicht beleidigenden Äußerungen müssen Unternehmen jedoch leben. Auch wenn diese das Unternehmen in ein vermeintlich schlechtes Licht rücken. Wichtig ist jedoch, dass sich die Bewertung im Bereich des öffentlichen Interesses bewegt und nicht etwa die Privatsphäre eines Beteiligten angreift.
Kurz gesagt: Die Meinungsfreiheit ist bis dahin legitimiert, wo die Schmähkritik beginnt. Wahre Aussagen sind gestattet, gegen Unwahrheiten kann juristisch vorgegangen werden. So hat der EuGH in einem aktuellen Urteil entschieden, dass soziale Plattformen, auf denen beleidigende Aussagen veröffentlicht werden, für die Löschung dieser und sinnähnlicher Beiträge verantwortlich sind. So müssen die Anbieter zukünftig nach sinngleichen negativen Kommentaren suchen und diese weltweit löschen – allerdings erst nach Kenntnisnahme und nur im Rahmen ihrer automatisierten Erkennungsmechanismen.
Rechtliches Vorgehen
Enthalten Kommentare und Bewertung also eindeutige Unwahrheiten oder gar Schmähkritik, können Bewertete fordern, dass diese gelöscht werden. Die Herausforderung dabei: Bewertungen im Internet werden häufig anonym geschrieben, die Autoren ausfindig zu machen, ist daher schwierig. Ein erster Schritt sollte die Kontaktaufnahme zum Betreiber des betroffenen Bewertungsportals sein. Da der keiner generellen Prüfpflicht der auf seiner Plattform veröffentlichten Bewertungen unterliegt, muss er auf die konkrete Rechtsverletzung explizit hingewiesen werden. Der Bundesgerichtshof hatte den Anspruch auf die Herausgabe von Informationen über die Autoren der Beiträge bei bloß rechtswidrigen Bewertungen verneint – es fehle an der zivilrechtlichen Grundlage. Zwar besteht die Möglichkeit, Auskünfte im Rahmen eines Strafverfahrens zu erlangen. Da dies jedoch viel Zeit in Anspruch nimmt und die Staatsanwaltschaften die Sache häufig nicht engagiert verfolgen, ist ein Vorgehen gegen den Autor nicht immer möglich. Wenn daher der Bewertende unbekannt bleibt, kann die Löschung des Beitrags vom Provider verlangt werden.
Wie schnell eine Bewertung dann wirklich verschwindet, hängt davon ab, wie eindeutig die oben beschriebenen Rechtsverletzungen zu erkennen sind. Ist die Rechtslage unklar, muss eine rechtliche Prüfung über den Fortbestand der Bewertung entscheiden. Handelt es sich tatsächlich um einen rechtlichen Verstoß, sollte der Verfasser zunächst per Abmahnung dazu aufgefordert werden, seinen Post zu löschen. Folgt der Bewertende den darin enthaltenen Forderungen nicht, kann der Bewertete eine einstweilige Verfügung beantragen oder durch eine Unterlassungsklage erreichen, dass die betroffene Bewertung verschwindet. In Verfahren wie diesen kann für die geschädigten Unternehmen sogar ein Schadensersatzanspruch, beispielsweise wegen Kreditgefährdung oder sittenwidriger Schädigung, in Betracht gezogen werden. Dieser Anspruch kann jedoch nur dann umgesetzt werden, wenn der immaterielle Schaden nicht auf andere Weise zu kompensieren ist.
Aktives Risikomanagement betreiben
Reagieren Unternehmen schnell genug auf rechtswidrige Bewertungen, kann der Schaden minimiert werden. Besonders in Zeiten zunehmender Digitalisierung ist es nahezu unerlässlich, Bewertungsportale und soziale Plattformen kontinuierlich zu beobachten und ein aktives Risikomanagement zu etablieren. Dabei bietet sich die Nutzung von Monitoring-Tools wie Google Alert, Mention oder Echobot an. Taucht eine rechtswidrige Bewertung auf, können Unternehmen so die Verbreitung frühzeitig vermeiden. Auch die Social-Media-Strategie sollte verschiedene Eskalationsstufen und klare Verhaltensregeln beinhalten, um die eigene Reputation zu schützen. Dabei hat sich bewährt, auf jeden Nutzer individuell einzugehen und ihn nicht mit Standardfloskeln abzuwimmeln. Besonders im Netz können sich schnell Diskussionen entfachen; daher gilt es für Unternehmen, schnell, professionell und lösungsorientiert zu reagieren. Bei Hasskommentaren oder unangebrachten Beiträgen sind jedoch klare Grenzen zu setzen und an einen sachlichen und respektvollen Umgangston zu erinnern.