IT-Freelancer aufgepasst: Diese Fallstricke solltet ihr kennen

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Gerd Schorn, Geschäftsführer der IT-Personalvermittlung provativ.
Gerd Schorn: Anfragen nach Projektunterstützung werden von größeren Unternehmen heutzutage oft zeitgleich an eine Vielzahl von Agenturen verschickt. Da diese alle mehr oder weniger im gleichen Datenpool an Freiberuflern „fischen“, kommt es immer wieder vor, dass ein Freelancer von mehreren Agenturen auf das gleiche Kundenprojekt angesprochen wird.
Hier gilt es für den Freiberufler aufzupassen: Bemerkt er nicht, dass es sich um das gleiche Projekt handelt – oft verschweigen die Agenturen den Kundennamen bewusst – kann es passieren, dass sein Lebenslauf mehrfach beim Kunden präsentiert wird. Viele Kunden haben mit diesen „Doppelangeboten“ schon schlechte Erfahrungen gemacht. So müssen dann beispielsweise Diskussionen mit den Agenturen geführt werden, wer den Freelancer denn nun als erstes angesprochen hat. Daher streichen viele Kunden die Namen dieser Kandidaten von Ihrer Liste, die damit keine Chance haben, den Projektauftrag zu bekommen.
Als Freelancer ist es darüber hinaus natürlich sehr wichtig, sich einen guten Ruf zu erarbeiten und zu wahren. Ein gut qualifizierter Freelancer erhält schon mal zwei oder mehr Projektangebote gleichzeitig und hat damit die Qual der Wahl. Hat er sich jedoch entschieden, welches Projekt ihm am attraktivsten erscheint und dem Projektvermittler oder Endkunden seine Zusage gegeben, sollte er sich unbedingt daran halten und die weitere Suche einstellen. Natürlich kann dies im Einzelfall dazu führen, dass ihm ein noch interessanteres oder lukrativeres Projekt entgeht. Dafür bewahrt er sich aber seinen guten Ruf in der Branche als zuverlässiger Geschäftspartner, der zu seinem Wort steht. Verlässlichkeit bringt dem Freelancer weitere Projekteinsätze ein und macht ihn gleichzeitig für andere potenzielle Kunden interessant.
Auch das Thema Honorar kann ein kritischer Faktor sein. Bei Vertragsabschluss werden Projektlaufzeit und Stunden- oder Tagessatz einvernehmlich festgelegt. Damit ist das Honorar zumindest bis zur Beendigung des jeweiligen Auftrags fix – darauf verlassen sich sowohl die Agentur als auch der Endkunde bei ihren Kalkulationen.
Dies sollten freiberufliche Experten berücksichtigen, wenn sie über eine Erhöhung Ihres Honorarsatzes nachdenken. Nachverhandlungen sollten sie frühestens nach Fertigstellung eines Projektteils, in der Regel aber nicht vor Ablauf eines Jahres führen. Ein Tabu ist in diesem Zusammenhang die Ausnutzung einer Notsituation beim Endkunden – daran würde sich dieser mit Sicherheit lange erinnern.
t3n: In welchen Fällen kann man als Freelancer rechtliche Probleme bekommen?
Schorn: Die Verschwiegenheitspflicht ist ein elementarer Aspekt des Vertrags zwischen einem Freelancer und dem Kunden. Wer sich nicht daran hält, dem drohen juristische Konsequenzen. Diese Pflicht reicht bis in den privaten Bereich hinein. Wer in seiner Freizeit in Chats oder Themenforen unterwegs ist, muss unbedingt beachten, seinen Kollegen nicht zu viel zu erzählen. Auch ohne böse Absicht sehen es die Kunden nicht gern, wenn plötzlich interne Informationen über Entwicklungsprojekte im Web auftauchen. Das kann zu einer sofortigen Entlassung aus dem Projekteinsatz führen, im schlimmsten Fall flattert dem Freiberufler eine Schadenersatzforderung ins Haus.

Vorsicht im Gespräch mit Kollegen: Die Verschwiegenheitspflicht ist ein elementarer Aspekt des Vertrags zwischen einem Freelancer und dem Kunden. (Foto: Shutterstock)
Besonders IT-Freelancer müssen zudem genau darauf achten, welche Software-Tools sie einsetzen. Im privaten Umfeld werden sie sicherlich einige Tools nutzen, die ihnen die Arbeit erleichtern sollen und können. Viele Unternehmen sind hier allerdings wenig tolerant, was den Einsatz von nicht genehmigter Software angeht. In einer großen Frankfurter Bank wurde dadurch schon Alarm im Rechenzentrum ausgelöst, da ein von einem Freelancer genutztes Hacker-Tool gemeldet wurde. Der IT-Freelancer wollte sich damit lediglich ohne Hintergedanken die Arbeit erleichtern, musste jedoch sofort Gebäude und Projekt verlassen. Je nachdem, wie stark die Auswirkungen in so einem Fall sind, kann der Kunde auch hier Schadenersatz verlangen.
t3n: Die Verschwiegenheitspflicht kann doch sicher auch bei der Gestaltung des Lebenslaufs ein Problem darstellen?
Schorn: Klar, besonders da. Natürlich ist es wichtig, dass Freelancer Angaben zu ihren bereits abgeschlossenen Projekten machen, um ihre Qualifikation zu untermauern. Der Name des Unternehmens, das ihn beauftragt hat, und auch die groben Schwerpunkte des Projekts sind hier absolut an der richtigen Stelle. Ab einer gewissen Detailgenauigkeit müssen sich Freelancer allerdings in Acht nehmen. Der genaue Projektinhalt mit internen Projektbezeichnungen hat im Lebenslauf nichts verloren. Versierte Leser könnten mit diesen Informationen Rückschlüsse auf Produktentwicklungen bei Wettbewerbern ziehen. In diesem Fall würde der Freiberufler wieder gegen seine vertragliche Verpflichtung zur Verschwiegenheit verstoßen.
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