Falsche Buchungen in Milliardenhöhe: So sorgte Panne von Oracle-Software für Chaos in Birmingham
Der Wechsel von einer Finanzsoftware von SAP zu einer aus dem Hause Oracle hat bei der Stadt Birmingham ein gigantisches Loch in den Haushalt gerissen. Anstatt der ursprünglich geplanten 20 Millionen Pfund (etwa 24 Mio. Euro) sind die Kosten für die Migration auf 131 Millionen Pfund gestiegen. Bis 2026 könnten es über 200 Millionen Pfund sein.
Mitarbeiter:innen mussten Buchungsfehler von Hand korrigieren
Ein neuer Bericht hat nun enthüllt, was durch eine Panne der cloudbasierten Oracle-Software Fusion unter anderem schiefgelaufen ist. Das System hat einen Betrag von zwei Milliarden Pfund einem falschen Geschäftsjahr zugeordnet. Mitarbeiter:innen der Stadtverwaltung mussten den Fehler von Hand korrigieren. Dies berichtet das Magazin The Register.
Der Stadtrat von Birmingham hatte die Ablösung des Programms von SAP, das seit 1999 im Einsatz war, für das Jahr 2022 beschlossen. Und das, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Schwächen von Oracle Fusion bekannt waren.
Ein Problem war laut dem neuen Report ebenfalls, dass bei der Stadt sich nur wenige Mitarbeiter:innen mit Oracle auskannten. „Seit dem Start des Programms hat es eine erhebliche Personalfluktuation gegeben“, heißt es in dem Bericht. „Von den derzeitigen Mitarbeitern war keiner an der ursprünglichen Umsetzung beteiligt.“
Finanzsystem war 18 Monate nicht vor Manipulationen geschützt
Während der Stadtrat für die Betreuung von SAP viel Personal eingesetzt hatte, schwankt die Größe des für Oracle zuständigen Teams ständig. Die Stadtverwaltung sei sich nicht sicher, „wie eine stabile Oracle-Lösung aussieht und welche Art von Unterstützung sie daher benötigen würde“. Die alte Software von SAP läuft parallel weiter, um ein sicheres Reporting zu garantieren.
Schon bei der Etablierung des neuen Systems kam es zu Problemen. So hatten die Verantwortlichen anfangs die Sicherheitsfunktionen nicht implementiert. So war das Programm 18 Monate lang ungeschützt vor Manipulation von außen. Ob es in der Zeit zu Missbrauch kam, kann deshalb keiner sagen.
Mitverantwortlich für Bankrott von Birmingham?
Die Pannen rund um die Einführung von Oracle Fusion haben dazu beigetragen, dass sich Birmingham im September 2023 für „effektiv bankrott“ erklärt hatte. Die zweitgrößte Stadt Englands ist bereits seit 2010 in finanzieller Schieflage. Eine Gruppe von über 500 Mitarbeiterinnen hatte die Stadt erfolgreich verklagt, da sie schlechter bezahlt wurden als ihre männlichen Kollegen.
1,1 Milliarden Pfund hatte die Stadtverwaltung im Rahmen dieser Klage bereits an Mitarbeiterinnen bezahlt, als im Herbst 2023 eine weitere Rechnung von 760 Millionen Pfund anstand. Die Stadt sah sich nicht in der Lage, zu bezahlen.
Birmingham hält übrigens weiter an der Oracle-Lösung fest. Bis 2026 ist ein Neustart geplant. Dafür muss die Stadt weitere 100 Millionen Pfund in die Hand nehmen.