Fuck the Bubble: So bringst du deine Filterblase zum Platzen
Hätte die Filterblase ein Gesicht, sie würde wohl aussehen wie Donald Trump. Kaum jemand steht so sinnbildlich für den Begriff wie der kürzlich gewählte, designierte US-Präsident. Vorher hatten die wenigsten wirklich an einen Wahlsieg des Milliardärs geglaubt. Im Gegenteil: In den sozialen Netzwerken ergoss sich monatelang Hohn und Spott über Trump, Skandal folgte auf Skandal, vermeintlich repräsentative Wählerumfragen räumten dem Republikaner bestenfalls Außenseiterchancen ein. Am Ende schließlich der Paukenschlag: Trump gewann. Wie konnte das passieren?
Die Antwort schwebt in der Filterblase
Die Antwort hat vor allem mit der Filterblase zu tun, darin waren sich Medien wie etwa die WAZ oder Süddeutsche Zeitung in den Tagen nach der Wahl schnell einig. Erdacht wurde der Begriff der Filterblase ursprünglich von dem US-Amerikaner Eli Pariser. In seinem 2011 veröffentlichten Buch „Filter Bubble: Wie wir im Internet entmündigt werden“ warnt der Internetaktivist vor der Einengung vorhandener Informationsspektren durch die von Webseiten und sozialen Netzwerken genutzten Suchalgorithmen, Sortiermöglichkeiten und Personalisierungen. Konträre Meinungen von anderen Medien oder Freunden fallen so – und entgegen der Logik des freien Internets – häufig unter den Tisch. Filterblasen, also virtuelle Blasen von Gleichgesinnten, entstehen. Einflüsse auf die Meinungsbildung, die verstärkende Spaltung politischer Lager und zuvor nicht geglaubte Wahlergebnisse sind die Folge.
Vergleich verschiedener Facebook-Feeds zeigt, den das Wall Street Journal vorgenommen hat.
„Auch Parteien liken, die man selbst nicht wählt“
Auch Saskia Sell, Kommunikationswissenschaftlerin an der Freien Universität Berlin, sieht die politische Meinungsbildung durch Netzkonzerne zunehmend beeinflusst. „Das stimmt insofern, als dass sie Netzinhalte zugänglich machen und strukturieren (Google als Suchmaschine) und Plattformen für jene zur Verfügung stellen, die sich politisch äußern und mit Gleichgesinnten vernetzen (Facebook oder Youtube)“, sagt Sell im Gespräch mit t3n.de. Sell sieht aber vor allem die Nutzer in der Pflicht: „Wenn per Brief zu einem Bankraub aufgerufen wird, wird nicht der Postbote für den Briefinhalt verantwortlich gemacht“. In erster Linie seien daher die Nutzer selbst für die „inhaltliche Ausgestaltung der Kommunikationsräume“ verantwortlich. Sie rät dazu, Inhalte auch innerhalb der Filterblase stets zu hinterfragen und gegebenenfalls nachzurecherchieren. Doch was lässt sich sonst noch tun?
Nutze andere Suchmaschinen als Google
Keine Google-Suche ist gleich. Abhängig von den Algorithmen und den Personalisierungseinstellungen bekommen Nutzer immer Suchergebnisse angezeigt, die zu ihren vorherigen Eingaben oder angelegten Profilen passen. Natürlich lässt sich diese Praxis in den Einstellungen teilweise einschränken, empfehlenswerter ist aber die Nutzung alternative Suchmaschinen. Anbieter wie Duckduckgo oder Cliqz aus Deutschland versprechen ein vollständig anonymisiertes Suchverhalten.
Suche und finde neutrale Inhalte mit Unbubble
Die Metasuchmaschine von Unbubble geht sogar noch einen Schritt weiter. Wie der Name schon andeutet, durchsucht Unbubble als Mittel gegen den Filterblasen-Effekt viele andere Suchmaschinen auf einen Schlag, um daraus nach eigenen Angaben neutrale Informationen zu extrahieren. Unbubble-Nutzer sollen so besser informiert und vor Manipulation bewahrt werden. Ideal für eine Gelegenheitssuche.
Verhindere Tracking durch Add-Ons wie Ghostery
Nicht nur in Suchmaschinen wird getrackt. Auch auf Webseiten sorgen im Hintergrund werkelnde Tracking-Mechanismen dafür, dass beständig Daten über das Surfverhalten des Nutzers gesammelt werden. Das beeinflusst vielerorts auch die Inhalte, die Nutzer zu sehen bekommen. Verhindern lässt sich dies durch Add-ons wie Ghostery, das unter anderem auch das Tracking bei Facebook stark einschränkt. Ohnehin sollten Nutzer darauf achten, regelmäßig ihre Browserhistorie sowie die Cookies zu löschen.
Richte dir Newstral als Startseite ein
Warum nur dem Online-Auftritt einer einzigen Tageszeitung einen Besuch abstatten? Kommunikationswissenschaftlerin Sell empfiehlt, sich als Mittel gegen den Filterblasen-Effekt die Website newstral.com als Startseite einzurichten. „Sie gibt einen Überblick über alle Schlagzeilen quer durch alle politischen Ausrichtungen journalistischer Medien und seit einiger Zeit ergänzend auch Verlinkungen zu Beiträgen aus der Blogosphäre, die die Perspektive nochmal erweitern.“
Folge auch Parteien, die du nicht wählst
Die auch in Deutschland zu beobachtende Spaltung der Gesellschaft hat auch mit der stark gewachsenen Präsenz politischer Parteien wie beispielsweise der AfD auf Facebook zu tun. Sell rät Nutzern zur Diversifizierung: „Alle Parteien sind heute auf Facebook vertreten – warum nur den Feed von der einen Partei durch ein Like abonnieren, die ich eh immer wähle? Warum nicht allen zuhören und ihre Haltungen mal gegenüberstellen?“
Lösche die Interessen, die Facebook über dich gespeichert hat
Den Filterblasen-Effekt kann auch mindern, wer in den Privatsphäre-Einstellungen von Facebook aufräumt. So lassen sich beispielsweise diverse Informationen wie gespeicherte Interessen und Aktivitäten, die die Anzeige von Werbung und des Newsfeeds beeinflussen, mit wenigen Klicks löschen.
Folge Facebook-Freunden, die du längst vergessen hast
Über die Jahre dürfte wohl jeder Nutzer zahlreichen Facebook-Freunden aus Desinteresse das Abonnement gekündigt haben. Tja, Willkommen in der Filterblase. Besonders vor dem Hintergrund diversifizierter Meinungen kann es sich jedoch lohnen, die Kündigungen gelegentlich zu überdenken. Über die Newsfeed-Einstellungen bei Facebook lassen sich alle Kontakte manuell über den Reiter „Verbinde dich erneut mit Personen, die du nicht mehr abonniert hast“ verwalten.
Mehr zum Thema Filterblase: Trump-Wähler scheren sich nicht um die Wahrheit? Du doch auch nicht!
Der wichtigste Tipp fehlt: Einfach nicht mehr in „Fratzenbuch“ einloggen ;-)
Die Filterblase ist die Summe von Argumenten. Die werden von den Bots verteilt. Und wer die zu sehen bekommt, bestimmen die Algorithmen. Ich halte es für wichtig, dass wir zumindest ab und zu mal irgendwas anders machen. Und das betrifft nicht nur Facebook, sondern eigentlich alles im Internet.
http://www.henning-uhle.eu/informatik/bot-und-bubble-das-leben-mit-den-algorithmen
„Wenn per Brief zu einem Bankraub aufgerufen wird, wird nicht der Postbote für den Briefinhalt verantwortlich gemacht.“
Dieser Satz geht vollkommen am Problem vorbei. Diese Pseudoanalogie ist hochgefährlich und es erschreckt mich, so einen Satz von einer Professorin für Kommunikationswissenschaften zu lesen.
Facebook manipuliert die Daten, indem es die angeblich für mich interessanten Inhalte auswählt. Dazu kommt, dass dies keine willentliche Optionist, sondern ein mir, nach undurchschaubaren Kriterien, auferlegter Zwang.
Ich frage mich, was mit dem Postboten passieren würde, der mir nur noch Briefe mit Aufrufen zu Gewalttaten zustellen würde und andere, friedliche Briefe in den Altpapiercontainer beförderte.
In dem Moment übernimmt nämlich der Postbote eine Verantwortung und da nützt es ihm nichts, zu behaupten, er sei nur der Postbote.
Zuckerbergs Logik und Trumps Lügen scheinen näher, als man denkt.
Ich habe zwei Facebook-„Freunde“, denen ich lange gefolgt bin – für ihre (nicht politischen) guten Beiträge. Einer, ein Franzose, ist politisch ein Marine Le Pen Bewunderer und ätzt gegen Einwanderer, der Andere ein Grieche, ist ein Trump-Fan und postet Anti-Obama Polemik. Heute habe ich mich gefragt, ob ich mir das echt antun muss.
Heute habe auf einen Beitrag des Franzosen reagiert, der das Herunterstoßen einer Frau auf einer Treppe eines U-Bahnhofs in Berlin gleich den Einwanderern anlastete, obwohl die Polizei noch immer nach dem Täter sucht, dessen Identität noch nicht feststeht. Mein Kommentar wurde prompt gelöscht.
Sitze ich darum jetzt in einer Blase, weil ich die Beiden in die Wüste geschickt habe? Hier geht es schließlich nicht um Argumente, die ich evtl. verpasse, sondern nur um verletzende Polemik.
Meine ‚politische Bildung‘ beziehe ich größtenteils aus Debatten und Interviews im Deutschlandfunk. Brauche ich da noch die Scheiße, die „Freunde“ auf Facebook posten?
Sehr spannender Artikel über das schwierige Thema Filterblase. Ich habe vor kurzem ein Bericht über ein Startup Unternehmen gelesen, dass wohl genau dieses Problem entgegenwirken will, indem sie für ein bestimmtes Thema immer die Pro und Kontra Perspektiven gegenüberstellen. Ich finde die Idee dahinter echt gut.
Hier auch mal der Link zu deren Seite: https://thebuzzard.org/themen/
Ich frag mich gerade, ob man auf einen Beitrag, der mehr als drai Jahre alt its, überhaupt antworten „darf“.Aber , wenn die Kommentarfunktion noch offen ist…