Forscher verblüfft: Diese winzige Pflanze beherbergt das größte sequenzierte Genom
Es ist nicht klar, wieso das internationale Team von Wissenschaftler:innen ausgerechnet auf die Idee kam, das Genom des winzigen Pazifikfarns Tmesipteris oblanceolata zu sequenzieren. Aufgespürt hatten sie das kleine Pflänzchen, das nicht einmal über ein Wurzelsystem verfügt, in der Wildnis von Grande Terre. Dabei handelt es sich um die Hauptinsel des etwa 1.210 Kilometer östlich von Australien und 1.500 Kilometer nordwestlich von Neuseeland gelegenen französischen Überseegebiets namens Neukaledonien.
Klitzekleiner Farn offenbart gigantisches Genom
„Er fällt nicht ins Auge“, wird der Botaniker Jaume Pellicer, der zu dem Team gehörte, das das Genom sequenzierte, von der New York Times zitiert: „Man würde wahrscheinlich darauf treten und es nicht einmal bemerken.“
Jedenfalls entschieden sich die Forscher:innen, den Farn im Labor zu untersuchen. Dabei stellten sie mit größter Überraschung fest, dass das Genom des unscheinbaren Farns mit rund 160 Milliarden Basenpaaren DNA vollgepackt war.
Das menschliche Genom kann da nicht mithalten. Die kleine Pflanze weist ein mehr als 50 Mal so großes Genom wie das unsrige auf. In ihrer jüngst in der Fachzeitschrift iScience erschienenen Studie zum Thema beschreiben die Wissenschaftler:innen, dass es sich um das größte Genom handelt, das der Wissenschaft derzeit bekannt ist.
Rekordgenom fordert derzeitiges Wissenschaftsverständnis heraus
Dieses „rekordverdächtige Genom stellt das derzeitige Verständnis infrage“, heißt es darin. Das eröffne „neue Wege zur Erforschung der evolutionären Dynamik des genomischen Gigantismus“.
Laut Nature enthält das neue Rekordgenom etwa 11 Milliarden DNA-Paare mehr als das nächstgrößere bekannte Pflanzengenom (der Blütenpflanze Paris Japonica), und 30 Milliarden mehr als das größte bekannte Tiergenom. Letzteres weist der marmorierte Lungenfisch auf, der in den afrikanischen Seen heimisch ist und sowohl über Kiemen wie über eine Lunge verfügt.
Wie CBS errechnet hat, ist das Genom des Neukaledonischen Farns so lang, dass eine Zelle des Farns, würde man sie ausrollen, größer als die Freiheitsstatue wäre. Eine Frage bleibt indes unbeantwortet.
Verwaltung riesiger Genome an sich unwirtschaftlich
Wieso hat der klitzekleine Farn ein so riesiges Genom? Wissenschaftler:innen vermuten, dass das weniger mit der Pflanze selbst als mit ihrer Umgebung zu tun habe.
Da die Verwaltung so vieler genetischer Informationen unüberschaubar werden kann, und eine Menge Ressource verbraucht, müsse man sich näher ansehen, wieso es dieser Pflanze dennoch gelingt, ihr gigantisches Genom zu unterhalten.
Immerhin gehe es nicht nur um die einfache Frage, ob genügend Platz vorhanden ist, um den genetischen Code unterzubringen. Zusätzlich würden Ressourcen wie wichtige Mineralien zur Zellteilung benötigt.
Kann die Umgebung die Komplexität des Genoms beeinflussen?
So halten es die Forscher:innen für möglich, dass das Riesengenom des winzigen Farns eher ein Hinweis auf die Stabilität der Umgebung ist, in der er gedeiht, und sich nicht an den Bedürfnissen der Pflanze selbst orientiert.
Jedenfalls bedarf es weiterer Forschung, um diesem Rätsel auf die Spur zu kommen. Einstweilen freut sich Botaniker Peciller über seinen Fund: „Die Schönheit der Pflanze liegt im Inneren“.
Ein Alien-Datenspeicher! :-)
Ich habe kein Wort über Polyploidie gelesen. Einen wievielfachen Chromosomensatz besitzt das Färnchen? Vielleicht einen ca. hundertfachen?
Dass Farne einen vielfachen Chromosomensatz besitzen, ist seit vielen Jahrzehnten bekannt. Sooo überraschend ist der vorgestellte Befund also nur für vollkommen uninteressierte Laien. (Auch ich bin kein Botaniker.)
Mit freundlichen Grüßen
H. Karmann