Der französische Gesetzgeber hat eine neue Regelung verabschiedet, die Werbetreibende dazu verpflichtet, umweltfreundlichere Verkehrsmittel zu empfehlen. Bei Zuwiderhandlungen drohen hohe Geldbußen.
Gehen, Fahrradfahren, ÖPNV oder gemeinsame Autonutzung – das müssen Hersteller empfehlen
Es erinnert ein wenig an die Werbung für Tabakprodukte oder den Slogan „Zu Risiken und Nebenwirkungen“ bei der Arzneimittelwerbung. Ab dem 1. März müssen alle Werbespots für motorisierte Fahrzeuge mit Slogans versehen werden, die die Menschen dazu auffordern, wenigstens für kürzere Fahrten andere Verkehrsmittel oder die ursprünglichste Alternative, das Gehen, in Betracht zu ziehen.
Dabei geht der Gesetzgeber selbst und zwar so weit, sogar konkrete Formulierungen vorzugeben. Danach muss Werbung für Motorfahrzeuge (frei übersetzt) künftig eine der folgenden Botschaften enthalten:
- „Gehen Sie kurze Strecken zu Fuß oder fahren Sie mit dem Fahrrad“
- „Ziehen Sie Sharing-Möglichkeiten in Betracht“
- „Nutzen Sie im Alltag öffentliche Verkehrsmittel“
Die Regelung gilt für jede Art von Werbung, egal oben es sich um einen Spot in Radio, Fernsehen oder Kino oder um eine Werbung auf Plakatwänden, in Printmedien oder dem Internet handelt.
„Die Dekarbonisierung des Verkehrs bedeutet nicht nur den Umstieg auf einen Elektromotor. Es bedeutet auch, wenn möglich, öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad zu benutzen“, twitterte Barbara Pompili, die französische Umweltministerin, am Mittwoch. Pompilis Ministerium hatte den Gesetzentwurf erarbeitet, um „einen klimafreundlichen Verkehr zu fördern und die Auswirkungen des Individualverkehrs auf die Kohlenstoff- und Treibhausgasemissionen zu verringern“.
Autoindustrie reagiert verhalten auf Regelung
Werbetreibende, die die neue Vorschrift missachten, riskieren Geldbußen von bis zu 50.000 Euro pro Vorfall – im Falle etwa von Fernsehwerbung pro Ausstrahlung. Bei wiederholter Zuwiderhandlung klettert das Strafmaß auf 100.000 Euro.
Im Jahr 2019 entfielen nach Daten des französischen Umweltministeriums 31 Prozent der nationalen Treibhausgasemissionen auf den Verkehr, 50 Prozent davon auf den Individualverkehr. Damit wäre der Bereich noch vor der Landwirtschaft und dem Energiesektor jener mit dem größten Klimapotenzial. Deshalb müssen Autohersteller in Frankreich künftig auch die Kohlendioxid-Emissionsklasse der von ihnen angebotenen Fahrzeuge angeben.
„Ich nehme zur Kenntnis, dass wir uns anpassen müssen. Emissionsfreie Mobilitätslösungen sind der Lauf der Geschichte“, sagte Lionel French Keogh, Vorstandsvorsitzender von Hyundai Frankreich, gegenüber der französischen Nachrichtenagentur AFP und fügte hinzu:
„Das bedeutet, dass wir insgesamt Alternativen zum Auto finden müssen. Dies ist das erste Mal, dass wir eine ziemlich direkte Botschaft von der Regierung erhalten. Aber wenn ich eine kurze Fahrt über eine Nationalstraße machen muss, werde ich das nicht zu Fuß oder mit dem Fahrrad tun“.
In Frankreich kennt man diese Art von Werbezusätzen bereits
Die neue Verpflichtung gilt als schwächere Alternative zu einem generellen Werbeverbot für Autos, wie es Nichtregierungsorganisationen aus dem Umweltbereich seit Jahren fordern. Die Offenlegung von Kraftstoffverbrauch und CO₂-Emission ist bereits seit 2001 in der EU verpflichtend. Die Einsortierung in Emissionsklassen ist neu.
In Frankreich gilt eine ganz ähnliche Regelung bereits seit 2007 für die Werbung für verarbeitete Lebensmittel. Hier müssen die Werbetreibenden Slogans wie „Essen Sie für Ihre Gesundheit mindestens fünf Früchte und Gemüse pro Tag“ oder „Essen Sie für Ihre Gesundheit nicht zu fett, zu süß, zu salzig“ folgen lassen.
Dieser Artikel hat bisher leider das französische Gesetz in dem entscheidenden Teil
„Pensez à covoiturer“ falsch übersetzt. Richtig muss es heißen:
„Denken Sie an Fahrgemeinschaften !“ Ich bitte um diese wichtige Korrektur!
Denn (private) Fahrgemeinschaften sind der Schlüssel zur Verkehrswende – lange bevor autonome Fahrzeuge verfügbar werden.
Link zum Originaltext des französischen Gesetzes:
https://www.legifrance.gouv.fr/jorf/id/JORFTEXT000044590170
Carsharing ist eine Form der Fahrgemeinschaft. Ich habe absichtlich die erweiterte Form gewählt. Ich glaube nicht, dass nur das Fahren mit Bekannten und Kollegen gemeint sein soll.
Danke für die Rückmeldung!
Ich bin recht sicher, dass hier speziell Fahrgemeinschaften (gemeinsames Miteinanderfahren) gemeint ist.
Übersetzen Sie gerne den französischen Gesetzestext: „Pensez à covoiturer“
„Ziehe Fahrgemeinschaften in Erwägung“ oder „Denken Sie daran, Fahrgemeinschaften zu bilden“
Im Englischen: „Consider carpooling“
Im Beitrag hier ist auch ein Twitter Foto aus Frankreich zu sehen mit dem Hinweis auf der Autobahn: „Pensez covoiturage“, was ich als „Denke an Fahrgemeinschaften“ verstehe.
Fahrgemeinschaften haben auch direkt einen positiven Effekt auf den Verkehr, weil der Besetzungsgrad steigt (= paralleles Teilen); statt nur Car-Sharing (sequentielles Teilen). Beides zusammen, wäre natürlich noch besser. (Das Konzept verfolgt Sono Motors von Anfang an.)
Und Fahrgemeinschaften werden heute schon in Frankreich staatlich finanziell gefördert; das wäre der nächste konsequente Schritt auch in DE, AT und CH. Der neue Mitfahrverband.org setzt sich dafür ein.
Sharing-Dienste für Autos gibt es in der Ausprägung, dass sich mehrere Nutzende das Auto zur individuellen Nutzung teilen und in der Ausprägung, dass sich mehrere Personen das Auto in der Weise teilen, dass sie zeitgleich gemeinsam von A nach B fahren – gegebenenfalls über C und weiter nach D. Diese erweiterten Formen von Gemeinschaften sollten nicht unterschlagen werden, denn sie sind sicher für die Verkehrswende bedeutender, als wenn sich Müller und Maier, die zufällig beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt sind, gegenseitig mitnehmen.
Hallo Dieter Petereit !
sehr gute Erkenntnis und Beschreibung:
„zeitgleich gemeinsam von A nach B fahren – gegebenenfalls über C und weiter nach D. Diese erweiterten Formen von Gemeinschaften sollten nicht unterschlagen werden, denn sie sind sicher für die Verkehrswende bedeutender, als wenn sich Müller und Maier, die zufällig beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt sind, gegenseitig mitnehmen.“
Das ist genau das Szenario, was ich als eMIT Konzeptidee vorgestellt habe: https://www.o21.de/optimierung.html
Gerne mal in einem persönlichen Austausch mehr dazu.
Sie sind der erste Reporter, der diesen Vorschlag selber so macht.
Gruß, Martin H