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MIT Technology Review Kommentar

„Frauen im gebärfähigen Alter“: Warum der Begriff eine falsche Botschaft sendet

Der Wert von Frauen wird in der Gesundheitsforschung und -politik auf Jugend und Fruchtbarkeit beschränkt. Diese Vorstellung lädt eine unfair verteilte Verantwortung auf die Schultern der Frauen, findet unsere Autorin.

Von MIT Technology Review Online
4 Min.
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Die Wissenschaft schließt Frauen oft pauschal aus, nur weil sie potentiell schwanger werden können.

(Foto © AleksandarNakic - iStock.com)

„Hey, wusstest du, dass die Fruchtbarkeit einer Frau ab dem 25. Lebensjahr nachlässt?“, fragt eine starke männliche Figur zu Beginn des neuen Films „The Substance“. „Mit 50 hört sie einfach auf“, fügt er später hinzu. Er erklärt nie, was genau aufhört, aber für Zuschauer:innen ist die Botschaft ziemlich klar: Wenn du eine Frau bist, ist dein Wert an deine Fruchtbarkeit gebunden. Sobald dein fruchtbares Zeitfenster vorbei ist, bist du es auch.

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Um den Inhalt des Films nicht komplett zu verraten, sei an dieser Stelle nur so viel gesagt: Er handelt vom Versuch einer Frau mittleren Alters, ihre Jugend neu zu erleben und eine zentrale Prämisse ist die schädliche Einstellung zum weiblichen Altern. Vielleicht sollte noch ergänzt werden, dass er nichts für Zartbesaitete ist, oder für Menschen, die eine Abneigung gegen unnötige Nahaufnahmen von Hintern und Brustwarzen haben.

„Frauen im gebärfähigen Alter“ als Forschungsprojekt

Alana Cattapan sieht auch jenseits von Filmen wie „The Substance“ Probleme mit dem Konzept „Frauen im gebärfähigen Alter“, einer Bezeichnung, die in der Gesundheitsforschung und -politik allgegenwärtig ist. Die Idee zu diesem Forschungsprojekt kam der Politikwissenschaftlerin von der Universität von Waterloo im kanadischen Bundesstaat Ontario vor etwa acht Jahren, als das Zika-Virus Schlagzeilen machte. „Ich plante eine Reise in die Karibik, die mit der Forschung meines Partners zusammenhing, und bekam immer wieder den Rat, dass Frauen im reproduktiven Alter nicht reisen sollten“, erzählte sie mir.

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Zu dieser Zeit wurde Zika mit Mikrozephalie – ungewöhnlich kleinen Köpfen bei Neugeborenen – in Verbindung gebracht. Die Wissenschaft ging davon aus, dass das Virus wichtige Phasen der fötalen Entwicklung beeinträchtigt. Cattapan war nicht schwanger und hatte zu diesem Zeitpunkt auch nicht vor, schwanger zu werden. Warum also wurde ihr geraten, sich von Gebieten mit dem Virus fernzuhalten?

Die heimtückische Vorstellung, dass der Körper der Frau vor allem ein Gefäß für das Heranwachsen des Kindes ist, hat viele negative Folgen für uns alle. Aber sie hat auch die wissenschaftliche Forschung und die Gesundheitspolitik zurückgeworfen. Die Reisewarnung brachte Cattapan dazu, darüber nachzudenken, wie die Einstellung zu unserem Körper von der Vorstellung einer möglichen Schwangerschaft bestimmt wird.

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Gesundheit der Frauen steht weniger im Mittelpunkt

Da ist zum Beispiel die biomedizinische Forschung über die Ursachen und die Behandlung von Krankheiten. Die Gesundheit von Frauen steht aus mehreren Gründen weniger im Mittelpunkt dieser Arbeit als die von Männern. Der männliche Körper wurde lange Zeit als die „Standardform“ des Menschen angesehen. Klinische Studien wurden in der Vergangenheit so konzipiert, dass sie für Frauen weniger zugänglich waren.

Auch die Angst vor den möglichen Auswirkungen von Arzneimitteln auf Föten hat eine wichtige Rolle dabei gespielt, dass Menschen, die schwanger werden könnten, von Studien ausgeschlossen wurden. „Die wissenschaftliche Forschung hat Frauen im ‚gebärfähigen Alter‘ oder Frauen, die potenziell schwanger werden könnten, pauschal ausgeschlossen“, sagt Cattapan. „Die Forschung, die wir zu vielen, vielen Medikamenten haben, schließt Frauen nicht ein und schon gar nicht in der Schwangerschaft.“

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Dieser Mangel an Forschungsergebnissen erklärt zum Teil, warum Frauen sehr viel häufiger von Nebenwirkungen von Arzneimitteln betroffen sind, von denen einige tödlich sind. In den letzten Jahrzehnten wurden größere Anstrengungen unternommen, um Frauen in die klinische Forschung einzubeziehen. Aber da ist noch sehr viel mehr zu tun.

Botschaft: Frauen sollen an die Gesundheit eines möglichen Fötus denken

Außerdem bekommen Frauen häufig medizinische Ratschläge dafür, ihre potenziellen Föten zu schützen, ob sie nun tatsächlich schwanger sind oder nicht. Offizielle Richtlinien darüber, wie viel quecksilberhaltiger Fisch verzehrt werden darf, können für „Frauen im gebärfähigen Alter“ unterschiedlich ausfallen, sagt zum Beispiel die US-Umweltschutzbehörde EPA. 2021 verwendete die Weltgesundheitsorganisation dieselbe Formulierung für Menschen, die sie in den Mittelpunkt von Maßnahmen zur Reduzierung des Alkoholkonsums stellen wollte.

Die Botschaft ist, dass es die Frauen sind, die an die Gesundheit des Fötus denken sollten, sagt Cattapan. Nicht die Industrie, die diese Chemikalien produziert, oder die Behörden, die sie regulieren. Nicht einmal die Männer, die zu einer Schwangerschaft beitragen. Sondern nur die Frauen, die potenziell schwanger werden können, ob sie es wollen oder nicht. „Damit wird die Verantwortung für die Gesundheit künftiger Generationen direkt auf die Schultern der Frauen gelegt“, sagt sie.

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Ein weiteres Problem ist die Sprache selbst. Der Begriff „Frauen im gebärfähigen Alter“ umfasst in der Regel Frauen zwischen 15 und 44 Jahren. Frauen am einen Ende dieses Spektrums haben einen ganz anderen Körper und ein ganz anderes Gesundheitsrisiko als Frauen am anderen Ende. Außerdem berücksichtigt der Begriff nicht die Menschen, die zwar schwanger werden können, sich aber nicht unbedingt als Frauen identifizieren.

Gesundheitsempfehlungen: „Hier ist Präzision gefragt“

In anderen Fällen ist sie zu weit gefasst. Im Zusammenhang mit dem Zika-Virus hätten beispielsweise nicht alle Frauen zwischen 15 und 44 Jahren Vorsichtsmaßnahmen ergreifen müssen. Die Reisehinweise galten zum Beispiel nicht für Menschen, die eine Hysterektomie hinter sich hatten oder keinen Sex mit Männern hatten, sagt Cattapan. „Hier ist Präzision gefragt“, sagt sie.

In Fällen wie diesen wären differenziertere Gesundheitsempfehlungen hilfreich. Leitlinien lesen sich oft so, als seien sie für Menschen geschrieben, die als dumm gelten, fügt sie hinzu. „Ich glaube nicht, dass das der Fall sein muss.

Dieser Artikel stammt von Jessica Hamzelou. Sie ist Senior Reporter bei der US-amerikanischen Ausgabe von MIT Technology Review und schreibt über Biomedizin und Biotechnologie.
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