Future Meat: Fleisch ohne Tierleid kann jetzt industriell hergestellt werden

Das israelische Startup Future Meat Technologies bemüht sich in Gesprächen mit US-Behörden darum, eine Genehmigung für den Vertrieb ihres aus Zellkulturen in Bioreaktoren gezüchteten Fleisches an Restaurants zu erhalten. Future Meat züchtet unter anderem Hühnerfleisch und hat jüngst die erste eigene Fleischfabrik im israelischen Rechovot, 20 Kilometer südlich von Tel-Aviv, in Betrieb genommen.
Dabei soll es sich laut Future Meat um die erste industrielle Fertigungsstätte weltweit handeln. Immerhin eine halbe Tonne Fleisch aus Zellkulturen kann dort pro Tag entstehen. Future Meat ist bei Weitem nicht das einzige Unternehmen, das sich mit der Herstellung von Fleisch aus Zellkulturen befasst. Inzwischen beschäftigen sich weltweit mehr als 74 Unternehmen damit, Fleisch aus Zellen von Hühnern, Rindern, Schweinen oder Schafen anzuzüchten. Eat Just war das erste Unternehmen, das zellgezüchtetes Hühnerfleisch in einem Restaurant in Singapur verkaufte. Dafür nutzte das Unternehmen allerdings noch Laborbedingungen. Jetzt führen die Firmen die Produktion langsam in die industrielle Dimension.
Seit der Pilotfertigung im Labor haben die Startups die Kosten bereits um 99 Prozent gesenkt. Dennoch sind die Preise derzeit noch zu hoch, um mit Fleisch aus Massentierhaltung konkurrieren zu können. „Von Anfang an lag unser Hauptaugenmerk auf der Skalierung und Kostenreduzierung, um ein kommerziell nutzbares Produkt zu erhalten“, sagt Future-Meat-Chef Rom Kshuk in einem Bloomberg-Interview. So sei es seinem Unternehmen bereits gelungen, die Kosten auf vier US-Dollar pro 100 Gramm kultiviertes Hühnerfleisch zu senken.
Bis Ende 2022 will Kshuk den Preis auf zwei Dollar halbiert haben. Seine Fertigungsanlagen ließen sich generell weltweit replizieren, aber bis ein Output erreicht werde, der mit den großen Anlagen, die täglich Tausende von Tieren schlachten, vergleichbar sei, würden sicher noch einige Jahre vergehen. Das sei auch der Horizont für das Erreichen einer Preisparität, so Kshuk.
Wenn es gelänge, die Verbraucher von den Produkten zu überzeugen, könnte der Markt bis 2030 ein Volumen von 25 Milliarden Dollar erreichen. Zu diesem Ergebnis kommt die Unternehmensberatungsgesellschaft McKinsey in einem Bericht aus der vergangenen Woche.
Future Meat will jedenfalls zunächst den US-Markt ins Visier nehmen, bevor es nach Europa und China expandiert. Das Unternehmen muss noch entscheiden, welche Art von Fleisch es zuerst anbieten will. Neben Bluenalu, Upside Foods und Eat Just bemüht sich Future Meat nun um die erforderlichen Genehmigungen des US-Landwirtschaftsministeriums und der FDA (Food and Drug Administration).
Future-Meat-Chef Kshuk sieht das Ziel seines Unternehmens nicht darin, ein Premiumprodukt für wohlhabende Konsumenten anzubieten. Vielmehr ginge es ihm und seinem Unternehmen „wirklich darum, einen alternativen Weg zur Fleischproduktion zu finden.“
Das Konzept scheint simpel. An einem Grundgerüst aus Soja lassen sich Fleischzellen zu Fleischstücken heranzüchten. Die essbare Soja dient dabei als Zellträger für die Muskelzellen und zugleich als Eiweißlieferant. Dabei kommt texturierte Soja zum Einsatz. Das ist ein Nebenprodukt der Herstellung von Sojaöl und deshalb sehr preisgünstig. Außerdem ist es überaus porös. So bietet es den Muskelzellen eine sehr große Oberfläche, um darauf zu siedeln.
Unter Zugabe des insulinähnlichen Wachstumsfaktors 1 und weiterer Proteine bilden sich nach einiger Zeit Myotuben, die Vorläufer von Muskelfaserzellen, sehr gleichmäßig um das Sojagerüst aus. Das hatte eine Studie des israelischen Technologieinstituts Technion im Sommer vergangenen Jahres belegt. Im Februar 2021 hatten die Forscher dann das weltweit erste Ribeye-Steak aus Zellkultur vorgestellt.
Dabei könnte das Zellfleisch viele Probleme der konventionellen Fleischproduktion wie den übermäßigen Einsatz von Antibiotika und schlechte Tierhaltungsbedingungen lösen. Ebenso stellen sich Fragen nach Lebensmittel- und Wassersicherheit und dem ökologischen Fußabdruck bei Zellfleisch nicht in gleichem Maße.
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