Kosmisches Duell: Quasar-Attacke legt Sternenfabrik lahm

Ein internationales Forschungsteam hat mithilfe von Teleskopen in der chilenischen Atacama-Wüste einen seltenen kosmischen Zweikampf beobachtet. Wie die Europäische Südsternwarte (ESO) berichtet, durchbohrt dabei eine Galaxie eine benachbarte mit der intensiven Strahlung ihres zentralen Quasars.
Dieses Ereignis spielte sich vor über elf Milliarden Jahren ab. Das Universum war damals selbst erst etwa zweieinhalb Milliarden Jahre alt – also noch in seiner kosmischen Jugend – und als Folge dieses „kosmischen Beschusses“ konnte die getroffene Galaxie danach deutlich weniger neue Sterne bilden. Die Studie dazu wurde kürzlich im Wissenschaftsjournal Nature veröffentlicht.
Die entscheidenden Beobachtungen kombinieren Daten des Very Large Telescope (VLT) der ESO und des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), einem internationalen Observatorium in der chilenischen Wüste, an dem die ESO als Partner beteiligt ist. Während ALMA die beiden interagierenden Galaxien klar voneinander trennen konnte, ermöglichte das X-Shooter-Instrument am VLT die Analyse des Lichts des Quasars, also dem extrem hellen Kern der angreifenden Galaxie, angetrieben von einem supermassereichen Schwarzen Loch. Diese energiereiche Strahlung trifft auf das Gas in der Nachbargalaxie und scheint dessen Fähigkeit, sich zu verdichten und so zu neuen Sternen zusammenzufallen, massiv zu behindern.
Einzigartiger Einblick ins frühe Universum
Solche direkten Beobachtungen, wie die Aktivität eines Quasars die Sternentstehung in einer anderen Galaxie unterdrücken kann, sind extrem selten. Sie liefern wertvolle Hinweise darauf, wie sich Galaxien im frühen Universum gegenseitig beeinflusst haben, einer Zeit, in der sowohl Galaxienkollisionen als auch aktive Quasare wesentlich häufiger auftraten als heute. Laut der Mitteilung der ESO wird die Sternentstehung in der getroffenen Galaxie durch diesen Beschuss „um das 10- bis 50-fache unterdrückt“.
Die beteiligten Astronom:innen bezeichnen dieses galaktische Sperrfeuer als „Cosmic Joust“ (kosmisches Turnier), bei dem der Strahlungskegel des Quasars wie eine Lanze auf die Nachbargalaxie zielt. Dieses Szenario könnte eine Erklärung dafür liefern, warum manche Galaxien im jungen Kosmos ihre Sternentstehungstätigkeit offenbar früher einstellten, als Modelle bisher vorhersagten.
Hightech-Blick in kosmische Kinderstuben
Die Entdeckung unterstreicht die Leistungsfähigkeit moderner astronomischer Observatorien. Die Kombination der hochauflösenden Fähigkeiten von ALMA im Millimeter/Submillimeterbereich und der Lichtanalyse-Instrumente des VLT war entscheidend für das Verständnis dieses komplexen Prozesses.
Galaxienkollisionen sind im Universum keine Seltenheit und gelten oft als treibende Kraft für die Entstehung neuer Sterne. Der nun von einem Team um Annagrazia Puglisi, Forscherin am Kapteyn Astronomical Institute der Universität Groningen in den Niederlanden, entdeckte Fall zeigt jedoch eine komplexere Dynamik, wie ScienceDaily berichtet.
Er demonstriert, dass die immense Energie eines Quasars auch einen stark negativen Effekt auf einen kosmischen Nachbarn haben kann. Zukünftige Teleskope, wie das Extremely Large Telescope (ELT) der ESO, das derzeit in Chile gebaut wird, versprechen noch detailliertere Einblicke in solche faszinierenden Wechselwirkungen im Universum.