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Ratgeber

So findest du den richtigen Chef

Der Beste ist eine Runde weiter. Was beim Sport super funktioniert, ist für Unternehmen jedoch eine echte Katastrophe. Denn Beförderung nach dem Turnierprinzip schwächt die Organisation.

Von Alexandra Vollmer
5 Min.
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(Foto: Septian Intizom Armedi / Shutterstock)

Bernd ist ein Ass im Vertrieb. Kunden scheinen ihn geradezu zu umschwärmen – und seine Zahlen sind Bombe. Dass Bernd so gut performed, bleibt auch seinem Chef nicht verborgen. Und als der Vertriebsleiter in den Ruhestand geht, hievt er Bernd in die Führungsebene. Nun ist Bernd raus, und – da in der Regel zuerst befördert und dann rekrutiert wird – es klafft in seiner Abteilung eine Riesenlücke. So steht Bernd immer noch mit einem Bein im Vertrieb. Und wenn er ehrlich ist, kann er das auch viel besser…

Turnierbeförderung schwächt die Organisation

Gerade KMU seien richtig gut darin, jeweils den besten aus der Fachabteilung zum Vorgesetzten zu machen, so Olaf Kapinski, IT-Führungskräfte-Coach und Herausgeber des „Leben Führen Podcast“. Dann beginne das große Jammern. „Der Neue ist in einer Position, von der er keine Ahnung hat. Und dessen Chef hat oft auch keine Ahnung“, so Kapinski. „Und in der Abteilung klafft eine Riesenlücke, denn der Beste ist ja weg.“ In der Management-Literatur ist diese Praxis als das Peters-Prinzip bekannt – nach dem kanadischen Lehrer Laurence Peter. Es besagt, dass Mitarbeiter, die sich in ihrem Job bewähren, ohne Rücksicht darauf befördert werden, ob sie ihre bewiesenen Fähigkeiten auf der nächsthöheren Ebene auch brauchen können. „In einer Hierarchie gibt es die Tendenz, dass jeder Beschäftigte bis zu der Ebene aufsteigt, auf der er inkompetent ist“, so Peter. Spiele man das durch, seien irgendwann sämtliche Management-Ebenen mit inkompetenten Mitarbeitern bevölkert. Peters These basiert auf Beobachtungen im öffentlichen Schuldienst. Dort sind die Bedingungen für das Prinzip sehr günstig. Der Staat muss nach objektiven Maßstäben befördern, um den Anschein von Nepotismus zu vermeiden. Dazu bietet sich die Leistung in der ausgeübten Funktion an. Ein extrovertierter Lehrer, der seine Schüler mitreißen kann und sich in seinem Fach gut auskennt, sei aber nicht unbedingt besser als Schulleiter geeignet als eine organisationsstarke Kollegin, die ihre Schüler langweilt, kritisiert das Handelsblatt die gängige Beförderungspraxis.

Im Militär gibt’s den Offizier. Und in der Wirtschaft?

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Eine Beförderung nach dem Peters-Prinzip schwächt nicht nur die Organisation. Sie setzt auch fragwürdige Signale in puncto Führungspraxis. Denn hier bahne sich eine Art Vergeltung den Weg, nach dem Motto: „Ich bin 3 Jahre angeschrien worden, jetzt darf ich schreien“, so Kapinski. Als Gegenbeispiel führt er die Beförderungspraxis im Militär ins Feld. Hier gäbe es irgendwann den Begriff des „Offiziers“. Der Offizier sei eben nicht derjenige, der am lautesten brüllt. „Der muss noch etwas Licht am Fahrrad haben“, so der Führungskräfte-Coach. Einfach nur der beste Reiter auf dem Hof zu sein, reiche nicht aus. Damit ließe sich keine Schlacht gewinnen. „Diesen Aspekt – nämlich, dass Führung eine besondere Qualifikation braucht – haben wir in der Wirtschaft links liegen lassen“, so Kapinski. Warum? „Weil wir zu sehr über die Tätigkeiten sprechen – nicht über das, was damit erreicht werden soll.“

Lasst Ziele entscheiden!

„Viele Tätigkeiten erscheinen in einem anderen Licht, wenn wir über den Auftrag dahinter sprechen“, ist Kapinski überzeugt. Er erinnert sich noch gut an ein Erlebnis aus seiner Maschinenbaulehre. „Strahl das Ding mal ab“, lautete damals die Ansage. Und so strahlte er Sand – und zwar komplett. „Hätte mir damals jemand gesagt, wozu das Teil gebraucht wird, wäre mir klar gewesen, warum das ein Fehler war“, ärgert er sich rückblickend. Mit konkreten Erwartungen müsse auch die Beförderung arbeiten, nach dem Motto: „Wir haben eine Stelle frei. Das sind Ziele und Kennzahlen für diese Position. Und es gibt das Gehalt X. Wer bewirbt sich?“ Wichtig sei es, den Schritt in die nächste Organisationsebene zu versachlichen. „Wenn wir den Positionswechsel mit der Ansage verbinden, was wir damit erreichen wollen, sind wir ganz flott raus aus der Nummer, dass jeder Mitarbeiter hier schreit“, ist Kapinski überzeugt. Durch die Verknüpfung mit Zielen kämen zwangsläufig Mitarbeiter in die Position, die sich die Aufgabe nicht nur selbst zutrauen, sondern bei denen auch der Vorgesetzte der Meinung ist, der Mitarbeiter könne das. Damit hätte sich die drohende Inkompetenz auf der höheren Managementebene in der Regel erledigt, so Kapinski. Und die Mitarbeiter, die nicht befördert werden? Sind die demotiviert? Das käme darauf an, wie man es spiele…

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Statussymbole und geschlossene Türen

„Wenn heute jemand befördert wird, dann hat das in der Regel den Charakter einer Auszeichnung für bisher geleistete Arbeit“, so Kapinski. „Und so äußert es sich insbesondere durch Statussymbole wie beispielsweise eine höhere Dienstwagenklasse oder ein Einzelbüro.“ Diese Symbole seien auch das, was für Kollegen sichtbar sei. „Wenn Beförderung nach Belohnung und mehr Prestige aussieht, dann heben plötzlich auch Mitarbeiter den Finger, die mit einer neuen Aufgabe gar nichts am Hut haben“, beobachtet Kapinski immer wieder. Beförderung sei jedoch keine klassische Belohnung, sondern vielmehr das Eingeständnis, dass der Mitarbeiter wertvoller für das Unternehmen geworden sei – und daraufhin neue Aufgaben mit anderen Zielen wahrnehmen sollte. Doch genau diese neuen Ziele würden im Unternehmen nicht kommuniziert und die Beförderung vollzieht sich hinter geschlossenen Türen. Warum spricht denn keiner über die konkrete neue Rolle? „Das wird gehandhabt, wie der Blick unter den Rock“, erklärt Kapinski. „Wenn ich als Chef meinem Team sage, was meine Job-Deskription ist, woran ich gemessen werde, dann kann mein Team mir den Spiegel vorhalten.“ Und so behalte jeder dieses Wissen für sich. Dabei würde genau dieses Offenlegen so manche falsche Begehrlichkeit im Keim ersticken, weiß Kapinski: „Ach das macht ihr da oben? Hau mir ab!“ Wenn die neue Position klar umrissen ist, können Mitarbeiter erwachsenere Entscheidungen treffen.

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Sauber aufbauen

Weil Beförderung nicht vergangenheits-, sondern zukunftsorientiert arbeite, brauche sie eine gründliche Vorbereitung. So sollte nicht nur der Chef sein Team systematisch beobachten. Auch der Mitarbeiter müsse gründlich reflektieren, was er in seinem Leben erreichen will – aktuell und auch perspektivisch. Viele Mitarbeiter hätten ihr Leben auf die Zeit vor 9 Uhr und nach 17 Uhr ausgerichtet – und seien damit sehr zufrieden, beobachtet Kapinski. „Mach dir deine Werte klar. Ansonsten brauchen wir über den nächsten Karriereschritt nicht zu sprechen“, so der Coach. Wichtig sei die Frage nach dem Warum: „Wenn du mit Leuten zusammenarbeiten willst, damit sie dich mögen, dann mach nicht in Führung“, rät Kapinski. Die meisten Menschen, die zu ihm ins Coaching kommen, könnten ihr Argument für eine Beförderung entweder nicht artikulieren oder hielten Beförderung für eine Art Tradition, nach dem Motto: „Ich bin jetzt schließlich schon fünf Jahre dabei.“ Nur ein Viertel etwa verfolgt den Ansatz, etwas für das Unternehmen erschaffen zu wollen: „Ich hab Ideen, die müssen ins Unternehmen. Das klappt aber nicht, weil mir der ‚Rums‘ am Arm fehlt“, hört Kapinski in solchen Fällen. Mit diesen Mitarbeitern könne man gut ins Gestalten kommen. Gründe für Geheimabsprachen sieht Kapinski nicht. Im Gegenteil. „Die Entscheidungen, die wir in puncto Beförderung treffen, sind in der Regel gut erklärbar.“ In den meisten Fällen fehle schlicht der Mumm, Wahrheiten auszusprechen und Entscheidungen zu begründen.

Mehr zum Thema: So kannst du deine besten Mitarbeiter halten

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