Fundstück
#gerneperdu: Wie ein Hashtag dein berufliches Zusammenarbeiten verändern könnte

Es ist ein typisch deutsches Problem: Wen spricht man mit Sie an, wen darf oder kann man duzen? Und noch viel wichtiger: Wer kann und sollte es dem anderen anbieten? Die Dame eher dem Herrn, der oder die Ältere, der Ranghöhere (wer das im jeweiligen Kontext ist, ist nicht immer eindeutig)?
All das führt dazu, dass sich Menschen auch und gerade im beruflichen Umfeld entweder ungehemmt und locker duzen oder aber vorsichtig um die Frage herumschleichen und deswegen jahrelang auf einer formellen Ebene bleiben.
Doch wann ist das Du für alle Beteiligten passend, wann wirkt es eher distanzlos und unangebracht? Klar ist: Das unkompliziertere Du ist auf dem Vormarsch – branchenübergreifend, auch wenn als locker geltende Branchen wie die Digitalwirtschaft, die IT oder die Kreativbranche hier Vorreiter sind.
Laut einer Studie von Kienbaum und Stepstone duzen hier beispielsweise sieben von zehn Befragte alle Kolleg:innen im eigenen Unternehmen inklusive der Vorgesetzten. Und nur in drei Prozent der befragten Unternehmen wird ausnahmslos gesiezt.
Mal abgesehen von der Frage, wie man das mit dem Du und dem Sie sinnvoll im beruflichen Umfeld handhabt, findet sich seit einigen Monaten in Signaturen, in Telefonverzeichnissen von Unternehmen oder Profilen von beruflich genutzten sozialen Medien wie Linkedin, Xing oder Slack immer häufiger ein Hashtag, der zumindest die Tür zum Du aufstößt: #gerneperdu.
Wer diesen Hashtag in sein Profil packt, signalisiert damit, dass er oder sie auf das Siezen keinen gesteigerten Wert legt und insbesondere im Zweifelsfall das weniger formelle Du bevorzugt. Die Initiative und Gepflogenheit gibt es in den Vereinigten Staaten bereits deutlich länger: Hier heißt der Hashtag #callmebymyfirstname – „sprich mich mit dem Vornamen an“. Nun ist das in den USA ja mit Vornamen nochmal deutlich verbreiteter, daher macht es gerade in Deutschland Sinn, einen solchen Hashtag zu nutzen.
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Gleichzeitig wird es auch in immer mehr Unternehmen üblich, auf das nivellierende Du qua Standard zu setzen, auch wenn das nicht von allen gewünscht wird. Ikea hat das vorgemacht und die Otto Group hatte hier ebenfalls eine Top-Down-Strategie, sodass die Führungskräfte urteilten, dass man auf diese Weise zu einem stärkeren Wir-Gefühl kommen könne.
„Der Weg zum ‚Wir‘ geht einfacher über das Du“, begründete der damalige Otto-Chef Hans-Otto Schrader seine Entscheidung, den mehr als 50.000 Otto-Mitarbeitenden bereits 2016 das Du anzubieten.
Der Hashtag #gerneperdu ist dagegen die dezentere Bottom-Up-Lösung. Sie lässt die Entscheidung dem Gegenüber – eine gute Lösung insbesondere für sehr (alters-) diverse Teams und konservative Unternehmen.
Unterm Strich kommt es aber auch hier auf das Gesamtumfeld und die Unternehmenskultur an – ein Patentrezepte gibt es nicht. Dennoch dürfte das Du immer häufiger die Standardanrede im beruflichen Kontext sein.
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