Gorillas: Fahrerstreik legt Schnelllieferdienst lahm
Die Entlassung eines Fahrers namens Santiago war es, die letztlich das Fass für die Mitarbeitenden von Gorillas zum Überlaufen brachte. Vorangegangen waren Wochen interner Kritik an den Arbeitsbedingungen.
Gorillas unter Feuer: Arbeitsbedingungen passen nicht
Eine Gruppe namens „Gorillas Workers Collective“, die mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zusammenarbeitet, wirft der Unternehmensführung schon seit längerem ausbeuterisches Verhalten vor. Die Bildung von Betriebsräten, auf die die Mitarbeitenden aufgrund der Größe des Unternehmens einen Anspruch haben, würde gezielt blockiert.
Der Streit und der Streik spalten die Belegschaft. Während etliche arbeiten wollten, blockierten viele am Mittwoch mit ihren Elektrofahrrädern den Zugang zu einem Auslieferungszentrum in Berlin. Der stellvertretende Geschäftsführer Harm-Julian Schumacher zeigte Nerven und räumte die Räder eigenhändig zur Seite, woraufhin die Streikenden den Zugang kurzerhand per Sitzblockade versperrten. Die zwischenzeitlich gerufene Polizei rückte in Mannschaftsstärke an, griff nach Absprache mit der Gorillas-Geschäftsführung aber nicht ein. Letztlich wurde das Zentrum geschlossen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.
Die Streikenden hoffen, mit ihren Aktionen eine Verbesserung der Situation zu erreichen. So gebe es Missstände, um die sich die Geschäftsführung nicht ausreichend kümmere. Überhaupt würde die Unternehmensleitung dem Ziel rascher Expansion jedes andere Problem unterordnen. Kritik werde abgebügelt, berichtet einer der Streikenden dem Tagesspiegel. So soll es bereits reichen, Kritik zu üben, um die Entlassung fürchten zu müssen. Eine offene Unternehmenskultur sieht anders aus.
Proteste setzen sich am Donnerstag fort
Auch am Donnerstag kommt es zu weiteren Protesten. Zur Stunde hat sich eine Gruppe von Mitarbeitenden mit Vertretern des „Gorillas Workers Collective“ vor dem Auslieferungslager Prenzlauer Allee in Berlin versammelt. Auch die Polizei ist wieder vor Ort.
Vertreter des Collective haben ein Transparent mit drei einfachen Forderungen ausgerollt. Demnach verlangen die Protestierenden die Wiedereinstellung des bereits erwähnten Mitarbeiters namens Santiago. Zudem verlangen sie mehr Sicherheit für die Beschäftigten. So sollen Kündigungen erst nach drei Warnungen möglich sein und Probezeiten sollen ganz abgeschafft werden.
Für die Erfüllung der Forderungen hatten die Streikführer dem Management eine Frist bis 15 Uhr gegeben. Die hat sich letztlich als erfolglos erwiesen und wurde bis Mitternacht verlängert. Die von der Geschäftsführung angestrebte Öffnung des Auslieferungslagers Prenzlauer Allee ab 15 Uhr haben die Streikenden verhindert. Sie geben sich entschlossen, den Streik auch in den kommenden Tagen fortzusetzen.
Das Management auf der anderen Seite hat sich nach Angaben des„Gorillas Workers Collective“ nicht wesentlich auf die Positionen der Streikenden zubewegt. Insbesondere die geforderte Wiedereinstellung des geschassten Mitarbeiters ist immer noch nicht erfolgt. Eine Erklärung über die Hintergründe dieses Vorgangs soll das Management ebenfalls verweigert haben. Derzeit scheinen sich die Streikenden auf die Minimalforderung der Wiedereinstellung Santiagos zu fokussieren. Sollte der nicht bis Mitternacht wieder an Bord sein, sollen die Aktionen fortgesetzt werden.
Schnelle Expansion reißt Lücken an vielen Stellen
Der Schnelllieferdienst Gorillas bewegt sich in einem heiß umkämpften Markt, bei dem durch rasche Expansion Marktführerschaft hergestellt werden soll. Dabei bleiben einige wichtige Aspekte ordentlicher Betriebsführung auf der Strecke. Erst kürzlich hatten Sicherheitsexperten aufgedeckt, wie unsicher Gorillas Datenverwaltung ist. 200.000 Kundendaten konnten öffentlich eingesehen werden.
Gorillas wurde von den beiden ehemaligen Rocket-Internet-Mitarbeitern Jörg Kattner und Kagan Sümer gegründet und befindet sich seit einem knappen Jahr am Markt. Das Startup liefert Supermarkt-Artikel innerhalb von zehn Minuten für 1,80 Euro aus. Mittlerweile ist das Unternehmen auch in Hamburg, Köln und einer Reihe weiterer deutscher Großstädte aktiv.