Als die Beatles in den 1960ern weltweit Erfolge feierten, sprach die hiesige Presse gerne vom Beatles-Fieber. Der Begeisterung der Fans für die britische Popband wurden damit krankhafte Züge angedichtet. Tatsächlich breiten sich neue Songs aber durchaus auf eine Art und Weise aus, die an ansteckende Krankheiten erinnert. Das ergab jetzt eine Studie der Mathematikerin Dora Rosati, in der sie die Ausbreitung von Musik-Downloads mit den statistischen Mitteln der Epidemiologie verglichen hat.
Als Grundlage für ihre Untersuchung nutzten Rosati und ihre Co-Autoren Daten des mittlerweile eingestellten MP3-Anbieters Mixradio. Konkret werteten sie die Download-Zahlen aus Großbritannien aus der Zeit von 2007 bis 2014 aus. Anschließend überprüften sie, wie gut das statistische Standardmodell für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten zur Erfassung von Musik-Trends zu gebrauchen ist.
Und tatsächlich ließ sich das sogenannte SIR-Modell auch dafür hervorragend nutzen. „Das deutet darauf hin, dass die sozialen Prozesse, die der Popularität von Liedern zugrunde liegen, denen ähneln, die für die Übertragung von Infektionskrankheiten verantwortlich sind“, heißt es dazu in in dem Paper, das in der Fachzeitschrift „Proceedings of the Royal Society A“ veröffentlicht wurde.
Der R0-Wert populärer Musikrichtungen
Im Rahmen ihrer Untersuchung hat Rosati auch die Basisreproduktionszahl unterschiedlicher Musikrichtungen errechnet. Diese als R0-Wert bezeichnete Kennzahl dürfte seit Beginn der Coronapandemie auch außerhalb der Gesundheitsforschung bekannt sein. Dance und Metal haben laut dieser Berechnung mit 2,8 beziehungsweise 3,7 den niedrigsten R0-Wert. Popmusik wiederum erreicht zwar einen R0-Wert von 35, liegt damit aber immer noch deutlich hinter anderen Genres.
Rockmusik erreicht laut den Berechnungen einen R0-Wert von 129. Rap/Hip-Hop wiederum verbreitet sich mit einem R0-Wert von 310 deutlich schneller. An der Spitze liegt allerdings Electronica. Das Musikgenre erreicht eine Basisreproduktionszahl von 3.430. Damit ist elektronische Musik etwa 190 Mal so „ansteckend“ wie die Masern.
Das sich ausgerechnet elektronische Genresongs schneller verbreiten als Popmusik, erklärt sich die Forscherin damit, dass die Musikgattung möglicherweise schneller auf dafür anfällige Personengruppen trifft. Popmusik wiederum muss sich in einem breiteren Publikum bewähren, das tendenziell Musik aus mehreren Genres hört.