Angeblich ist Infinidash – der neue AWS-Service, um den sich der Entwicklerdiskurs auf Twitter seit einer Woche dreht – die wichtigste AWS-Technologie seit AWS Lambda. Aber auch nur angeblich. Den Service gibt es nämlich gar nicht. Joe Nash, ein Entwickler, hat einen Tweet abgesetzt: „Ich wette, dass es ausreichen würde, wenn eine ausgewählte Gruppe Entwickler Hot Takes über ein komplett erfundenes AWS-Produkt tweeten würde – AWS Infinidash oder so – um es innerhalb einer Woche in Job-Anzeigen als Anforderung gelistet zu sehen.“
Einige große Accounts sprangen auf den Zug auf – und binnen weniger Tage gab es ein Lehrbuch, ein zumindest auf den ersten Blick sehr überzeugendes Erklärvideo, ein Awesome-List-Repository auf GitHub, zahllose Tweets und Tutorials über die neue Must-Know-Technologie. Auch Jeff Barr, laut New York Times AWS’ bekanntester Blogger, stieg ein: „Überraschenderweise gab es bisher keine einzige Support-Anfrage zu Infinidash in Cloudformation. Teilt eure Use-Cases hier im Thread, ich leite sie dann an das Team weiter.“
Signal veröffentlicht Job-Ad
Am 3. Juli war es dann soweit: Die Firma hinter dem populären Messenger Signal veröffentlichte ein Job-Angebot. Gesucht werde ein Server-Engineer mit Erfahrung im Umgang mit Infinidash. Man habe schon immer besonders viel Wert auf Developer-Productivity gelegt, Infinidash-Lifecycle-Management sei daher integraler Bestandteil von allem, was bei Signal getan werde, lautet der Text der scherzhaft verfassten Anzeige.
Entwickler mit Erfahrung im Umgang mit einem der beiden um die Gunst der Anwender konkurrierenden Forks dürften sich allerdings ausdrücklich auch angesprochen fühlen. Eine weitere Anforderung an potenzielle Bewerber: Sie sollten bestenfalls bereits geraumer Zeit mit Infinidash gearbeitet haben. Gut möglich, dass das als nicht ganz so versteckter Seitenhieb auf eine berühmt-berüchtigte Stellenanzeige von IBM gemeint ist, die zwölf Jahre Erfahrung mit Kubernetes forderte – zu einem Zeitpunkt, als die Technologie selbst erst sechs Jahre alt war.
Nicht als Seitenhieb auf Recruiter gemeint
Joe Nash, der Entwickler hinter dem Tweet, hat mittlerweile noch einmal nachgefasst. Es sei ihm bei der Aktion nicht darum gegangen, sich über Recruiter lustig zu machen, sondern vielmehr darum, dass wohl viele Entwickler das Gefühl kennen dürften, nicht mit den neuesten Tools und Must-Know-Technologien Schritt halten zu können. Vor allem die zahllosen Tweets über GitHubs Copilot hätten ihn auf den Gedanken gebracht, dass es sich dabei eigentlich vor allem um eine nicht besonders präzise benannte Blackbox-Technologie handele, die bisher ohnehin nur einer sehr begrenzten Anzahl an Nutzern und zudem in einer limitierten Fassung zur Verfügung stehe. Alle anderen würden das Tool in der näheren Zukunft wohl ohnehin nur via Content von Entwicklern erfahren können, die bereits Zugang haben. „Es könnte auch aus der Luft gegriffen sein – das ist es, was ich ausdrücken wollte. AWS-Produktmarken fand ich schon immer undurchschaubar, weshalb es nahelag, sich einen AWS-Service auszudenken“, sagte Nash gegenüber The Register.