Anzeige
Anzeige
MIT Technology Review News

Zeichen von Intelligenz? Holzfressender Pilz soll Informationen verarbeiten können

Können Pilze eine Art Intelligenz entwickeln? Darauf weisen Ergebnisse eines japanischen Forschungsteams hin. Es gibt aber auch andere Erklärungen.

3 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige
Für seine Studie ordnete der Forscher Yu Fukasawa mit einem Pilz besiedelte Holzblöcke im Kreis und in Kreuzform an. (Bild: Yu Fukasawa et al.)

„Sie haben Erinnerungen, sie lernen, und sie können Entscheidungen treffen. Wie sie Probleme im Vergleich zu Menschen lösen, ist wirklich atemberaubend.“ Es sind große Worte, mit denen Yu Fukasawa von der japanischen Tohoku University ein kleines Lebewesen preist: einen Pilz namens Phanerochaete velutina. Er lebt im Wald, ernährt sich von totem Holz und knüpft dabei ein dichtes Geflecht aus Pilzfäden („Mycelium“). Und jetzt soll er auch noch Informationen verarbeiten können.

Anzeige
Anzeige

Um das nachzuweisen, haben die japanischen Forschenden neun kleine, bereits mit dem Pilz besiedelte Holzklötze auf einem Waldboden ausgelegt – einmal in Kreuzform und einmal in Kreisform. Normalerweise sollte man vermuten, dass die Pilze ihre Fäden gleichmäßig in alle Richtungen ausbreiten. Tatsächlich aber zeigte sich nach 116 Tagen: Sobald sich die Fäden der einzelnen Kolonien miteinander verbunden haben, änderte sich ihr Wachstumsmuster.

Pilz-Netzwerk

Zum Vergleich: Mit dem Pilz besiedelte Holzblöcke sind im Kreis und in Kreuzform aufgestellt. (Bild: Yu Fukasawa et al.)

  • Beim Kreuzmuster waren die äußeren Klötzchen am stärksten vernetzt, die inneren dienten nur noch als „Durchgangstationen“. Sie hatten die Verbindungen zu den benachbarten Klötzchen gestärkt, aber ihre eigenen Tentakel in die Umgebung abgebaut.
  • Beim Kreismuster wurden die Verbindungen zwischen den einzelnen Klötzchen ebenfalls gestärkt. Von dort aus wuchsen die Fäden allerdings ausschließlich nach außen. Alle Tentakel ins Innere des Kreises wurden abgebaut.

Wie sich Pilze miteinander vernetzen

Über welche Mechanismen sich einzelne Pilzkolonien miteinander vernetzen, war schon vorher bekannt: Durch ihre Fäden laufen Wellen mit wechselnden Calcium-Ionen-Konzentrationen – ähnlich wie bei Nervenzellen. Treffen zwei Kolonien aufeinander, synchronisieren sie ihre Wellen und verschmelzen dadurch zu einem Organismus.

Anzeige
Anzeige

Doch das erklärt noch nicht das beobachtete Phänomen: Kolonien, die jeweils mit nur zwei Nachbarn verbunden sind, zeigen völlig unterschiedliche Wachstumsmuster – je nachdem, ob sie Teil einer kreuz- oder kreisförmigen Struktur sind. Denn woher genau sollen die Pilze wissen, welche Form die gesamte Kolonie hat?

„Es ist unklar, wie das fusionierte Mycelium sein neues ,Zentrum‘ nach der Fusion identifiziert hat“, schreiben die Forschenden in ihrem Paper. Sie sehen darin Hinweise, dass Mycelien in der Lage sein könnten, „Informationen über räumliche Anordnungen innerhalb ihres Netzwerkes auszutauschen und ihr Verhalten entsprechend anzupassen“.

Anzeige
Anzeige

Profane Erklärung für Mycelien-Wachstum

Allerdings bieten sie selbst noch eine andere, viel profanere Erklärung an: „Möglicherweise hat eine höhere Dichte an Pilzfäden in der Mitte des Kreises ihr Wachstum negativ beeinflusst.“ Die Logik dahinter: Wo sich bereits andere Kolonien befinden – also im Inneren des Kreuzes beziehungsweise des Kreises – lohnt es sich kaum, die Fühler nach weiteren Nahrungsquellen auszustrecken.

Dieser Mechanismus könnte die Unterschiede zwischen den kreuz- und kreisförmigen Kolonien tatsächlich erklären: Im Kreis haben die äußeren Kolonien zwei direkt verbundene Nachbarn und einen indirekten auf der gegenüberliegenden Seite. In der vierten Richtung hingegen haben sie freies Feld, in das sie sich ausbreiten können. Im Kreuz hingegen haben die mittleren Klötzchen zu beiden Seiten indirekte Nachbarn, nämlich auf den anderen Armen des Kreuzes. Diese Erklärung käme ohne die Annahme einer mysteriösen Informationsübertragung quer durch das Mycel aus. Jeder Pilz würde schlicht auf seine individuelle Umgebung reagieren. Es handelt sich also allenfalls um eine Art Schwarmintelligenz, aber immerhin.

Anzeige
Anzeige

„Diese Forschung wird uns helfen, besser zu verstehen, wie biotische Ökosysteme funktionieren und wie sich verschiedene Arten der Kognition evolutionär entwickelt haben“, schreiben die Forschenden. Ähnliche Phänomene hat man schon an Schleimpilzen (Physarum polycephalum) beobachtet: Sie wurden bereits zum Steuern von Robotern, Glücksspielautomaten oder Tamagotchis eingesetzt.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Kommentare

Community-Richtlinien

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Kommentar abgeben

Melde dich an, um Kommentare schreiben und mit anderen Leser:innen und unseren Autor:innen diskutieren zu können.

Anmelden und kommentieren

Du hast noch keinen t3n-Account? Hier registrieren

Anzeige
Anzeige