Nein, der Iran umgeht keine Sanktionen mit Bitcoin

(Foto: Millenius / shutterstock)
Aus Öl mach (digitales) Gold
Die US-Sanktionen haben das Ölgeschäft des Irans und damit den wichtigsten Wirtschaftszweig des Landes in der zurückliegenden Dekade in arge Bedrängnis gebracht. Die Rohölexporte waren massiv eingebrochen und weil der Iran auf seinem Öl sitzen blieb, wurde die Produktion stark gedrosselt. Doch die iranische Regierung habe laut Elliptic-Studie mittlerweile einen neuen Weg – oder vielmehr Umweg – gefunden, die reichen Ölvorkommen des Landes zu monetarisieren: Bitcoin.
Der Iran verfeuere derzeit im Jahr rund zehn Millionen Barrel Rohöl für das „Schürfen“ des digitalen Goldes, schätzt Elliptic Co-Founder Tom Robinson in einem Blogbeitrag. Das entspreche vier Prozent der iranischen Ölexporte, die seit dem zweiten Halbjahr von 2020 wieder zunehmen. Die Schätzung stützt sich auf Angaben der iranischen Regierung aus April 2020, nach denen der Stromverbrauch für das Bitcoin-Mining im Land zu diesem Zeitpunkt zwischen 500 und 600 Megawatt betrug. Daraus leitet Robinson einen Anteil von 4,5 Prozent an der Gesamt-Hashrate des Bitcoin-Netzwerks ab. Das Bitcoin-Mining bringe dem Iran schätzungsweise eine Milliarde US-Dollar ein, berechnet der Blockchain-Analyst.
Wachsender Einfluss von China
Dabei scheint es einen wachsenden Einfluss von chinesischen Unternehmen im iranischen Mining-Sektor zu geben. Wie das in London ansässige Iran-Nachrichtenportal Iran International berichtet, machen vor allem chinesische Mining-Farmen im Südwesten des Landes Profit, weil diese ihre eigenen ASIC importieren können.
„Bitcoin-Mining ist ein Geschäft mit hohem Energieverbrauch, aber die Regierung berechnet den Bitcoin-Minern die gleiche Rate, mit der sie Energie in andere Länder exportiert. Das ist für niemanden wirtschaftlich, außer für die chinesischen Bitcoin-Miner, die ihre eigenen Maschinen importieren“, zitiert Iran International einen Miner. Darüber hinaus soll Berichten zufolge im Süden des Landes eine 175 Megawatt starke chinesische Mining-Farm stehen, die in Kollaboration mit „einer Militärorganisation“ betrieben werde. Dadurch zahle diese Farm niedrigere Strompreise.
Irans Regierung legt Bitcoin-Mining die Zügel an
Weitere Berichte widersprechen dem Narrativ, dass die iranische Regierung das Bitcoin-Mining aktiv einsetzt, um US-Sanktionen zu umschiffen. So wird ein Großteil der Bitcoin im Iran „schwarz“ gemint. Ein Regierungssprecher beziffert den Anteil der illegalen Mining-Operationen auf 87 Prozent. Nur 200 Megawatt der mittlerweile 1.500 Megawatt, die der Iran für das Mining aufwendet, werden demnach in lizenzierten Mining-Farmen verfeuert. Anderen Schätzungen zufolge liegen die Werte bei 300 Megawatt respektive 2.000 Megawatt. Illegale Mining-Operationen sollen im Land schon für landesweite Stromausfälle gesorgt haben.
Daher fährt die iranische Regierung einen harten Kurs gegen illegale Mining-Operationen. Zudem verhält sich die Regierung bei Lizenzvergabe alles andere als großzügig. Zwischen November 2019 und Januar 2021 haben von 1.870 Anträgen lediglich 16 eine Zusage erhalten, berichtet Iran International. Auch die lizenzierten Unternehmen müssen nun mit Konsequenzen rechnen. Wie die iranische Nachrichtenagentur ISNA berichtet, soll ihnen bei Auslastungsspitzen im iranischen Elektrizitätsnetz der Strom abgestellt werden. Die Ansicht, dass vor allem die iranische Regierung hinter dem Mining-Boom im Iran steht, lässt sich somit kaum aufrechterhalten.
Autor des Artikels ist Christopher Klee.