„Ach, hätte ich doch bloß!“ – 11 Karriere-Tipps an das frühere Ich

Karriere-Tipps für Berufseinsteiger. (Foto: Porsche Lab)
Hinterher ist man immer schlauer: Warum hatte ich nie den Mut? Wieso hab ich damals so blöd reagiert? Wo hatte ich bloß meine Gedanken? Wer seine Karriere in jungen Jahren startet, kann in vielen Situationen nicht auf Erfahrungen zurückgreifen, die manche Entscheidung hätten beeinflussen können. Was würden Menschen im Nachhinein anders machen, wenn sie ihrem früheren Ich einen bestimmten Tipp geben können? Diese Frage haben wir unserer t3n-Community auf Twitter gestellt.
Einigen Kommentaren wollten wir eine Bühne geben. Wir haben deshalb die Menschen dahinter, die heute mit beiden Beinen im Berufsleben stehen, darum gebeten, ihre Ratschläge für diesen Artikel etwas auszuführen. Heraus kamen spannende Geschichten, die sowohl Berufseinsteiger als auch alte Hasen zum Nachdenken bringen dürften. Es geht viel um Selbstbewusstsein und Vertrauen, um Aktionismus und die Fähigkeit, auch mal eine Pause einzulegen. Also um Themen, die auch heute noch brandaktuell sind.

Nach 20 Jahren als Frau in der Digital-Branche hat Anja Hendel einige Karriere-Tipps für Berufseinsteiger. (Foto: Porsche Lab)
Von Anja Hendel
Ich hatte oft den Anspruch an mich, Probleme selbst zu lösen und Herausforderungen allein zu meistern. Heute weiß ich: Das macht es nur unnötig schwer. Im allerbesten Fall hat man genau dafür eine Mentorin oder einen Mentor – eine Person in einer ähnlichen Branche, die die Fallstricke kennt und mit Rat und Tat zur Seite steht. Wenn ich die Zeit noch einmal zurückdrehen könnte, hätte ich mir diese Person schon so früh wie möglich gesucht. Nach 20 Jahren als Frau in der Digital-Branche habe ich inzwischen auch so einige Erfahrungen gesammelt, die ich gerne weitergeben will. Das gilt auch beim Thema Scheitern: Natürlich ist es wichtig, aus jedem Fehler zu lernen. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, diese Erkenntnisse nicht für sich zu behalten. Sprich mit anderen darüber, teile deine Erfahrungen, die positiven wie die negativen. So kannst du einen positiveren Umgang mit Erfolgen und Misserfolgen vorleben.
Von Ole Reuss
Ich erinnere mich an eine Nachrichten-Sendung, in der unser Bildmischer die falsche Kamera geschnitten hatte. Als Regisseur und Team-Leiter, der ich damals war, stand ich dafür gerade, keine Frage. Der Chefredakteur aber reagierte sehr wütend. Er schrie mich an und machte ein Riesending aus dem verunglückten Bildschnitt. Das hat mich zunächst verunsichert. Heute würde ich dem damaligen Ole sagen: Du hast richtig reagiert. Menschen machen nun mal Fehler. Und dazu sollte man auch stehen, weil man aus ihnen lernt. Ein Umfeld zu schaffen, in dem Fehler toleriert werden und wo unterschieden wird, ob sie gefährlich sind oder sogar hilfreich sein können, sollte Teil jeder Unternehmenskultur sein. Wo das nicht so ist, werden sie verschwiegen oder abgewälzt. Ein Umfeld, in dem jeder Fehler extrem negativ sanktioniert wird, provoziert dieses Verhalten nur noch. Mein Ratschlag: Sei bei Patzern reflektiert und nimm Abstand von Leuten, die es nicht sind!
Von Maike Küper
Ich bin Geisteswissenschaftlerin durch und durch. Der Disziplin sagt man jedoch nicht immer die besten Arbeitsplatzchancen voraus. Ich habe mich bei der Studienwahl deshalb für eine Kombination entschieden: 2/3 Leidenschaft und 1/3 vermeintlich Nützliches – im Ergebnis als Hauptfach Anglistik und Romanistik, und Wirtschaftswissenschaften im Nebenfach. Letzteres würde ich heute nicht noch einmal wählen. Nebenbei habe ich immer Jobs gemacht, die ich spannend fand: E-Learning-Zentrum, IBM, Europaparlament, Fraunhofer. Für meinen Start in einer Beratung war am Ende zwar wichtig, dass ich unabhängig vom Fach einen guten Masterabschluss hatte und analytisch denken konnte. Viel wichtiger waren aber die Praxiserfahrungen und die Freude, innovative Themen aktiv zu gestalten. Deshalb mein Rat an mein jüngeres Ich: Mach allein das, was du mit Leidenschaft tust und finde deine Begabungen!
Von Stefanie Dadson
Meinem früheren Ich würde ich raten: Beobachte die Menschen um dich herum und mach eine tolle Person zu deinem Mentor beziehungsweise deiner Mentorin! Du kannst nach vielen wichtigen Eigenschaften und Fähigkeiten Ausschau halten. Das kann fachliches Know-how sein oder die Arbeitsweise der Person. Das kann der Umgang mit Kollegen, Kunden und Vorgesetzten sein. Oder der Umgang mit heiklen Situationen. Du kannst nach jemandem schauen, der motiviert, mitreißt, inspiriert – einfach eine tolle Art hat. Wir lernen die ganze Zeit voneinander und miteinander. Wie alt ich bin oder wie lange ich etwas tue, spielt dabei eigentlich gar keine Rolle. Und darum geht es beim Mentoring auch: lernen, helfen, weitergeben. Und wieder aufs Neue. Unbewusst hatte ich solche Vorbilder zwar, aber im Nachhinein wünschte ich mir, ich hätte sie noch bewusster in meinen Berufsstart einbezogen und vor allem: sie direkt auf ihre Vorbildrolle angesprochen!
Von Doreen Neuendorf
In meinen ersten Berufsjahren war ich oft ungeduldig und habe meinen Berufsweg mit Zielvorstellungen für meine Karriere abgeglichen. Eigentlich wäre ich immer gern einen Schritt weiter gewesen und hatte Angst, den nicht schnell genug zu erreichen. Dieses Messen am Job-Ich der Zukunft führte zu Druck, zu Selbstzweifel und zu Unzufriedenheit. Ich konnte Erfolge auch nicht richtig schätzen – manchmal habe ich sie gar nicht gesehen. Es hilft nicht, mit Planungsraster und Stoppuhr durch die eigene Karriere zu rennen. Jede Position hat ihre Zeit, jeder Aufstieg, jeder Wechsel, jede Entscheidung, sogar jeder Rückschlag. Gelassenheit heißt nicht Stagnation. Ganz im Gegenteil. Wer mit Leidenschaft neue Dinge und Themen entdeckt, nutzt Chancen oft automatisch. Ohne Raserei, dafür aber mit Spaß und positiver Energie. Davon profitieren dann auch die Kollegen. Mein Tipp an meine früheres Ich: Dream big – aber bleib gelassen. Karriere ist kein Wettkampf mit dir selbst!

Panos Meyer hatte schon einige Chefs in seinem Arbeitsleben. Berufseinsteigern würde er raten, sich ein Umfeld zu suchen, das sie voranbringt. (Foto: Cellular)
Von Panos Meyer
Ich habe meine ganze Karriere über in Unternehmen gearbeitet, die mit teils technisch sehr komplexen Produkten zu tun hatten. Selbst bei meinem letzten Arbeitgeber, Twitter, mag das Produkt oberflächlich relativ trivial aussehen, im Hintergrund laufen jedoch sehr komplexe Zusammenhänge ab. Leider habe ich immer wieder Vorgesetzte erlebt, die keine Ahnung vom Produkt oder von generellen, technischen Zusammenhängen hatten. In so einem Arbeitsumfeld führt das zu Problemen. Wenn dazu noch die Unfähigkeit von moderner Führung kommt, wird es heikel. In der heutigen Zeit erwartet sicher niemand von seinem Vorgesetzten das tiefe, fachliche Know-how eines Experten, aber Vorgesetzte müssen Personen sein, von denen man lernen und durch die man wachsen kann. Leider habe ich mich oft mit dem Gegenteil abgefunden. Das würde ich heute nicht mehr so machen. Mein Rat an mein früheres Ich: Fuck the Bozos – such dir ein Umfeld, das dich voranbringt!
Von Anna-Lena Müller
Wenn ich meinem früheren Ich einen Tipp geben könnte, dann, dass Netzwerken keine Frage der Position und des Titels ist. Als Praktikantin, etwa in der deutschen Botschaft in Rom, gab es unzählige Möglichkeiten, an Veranstaltungen teilzunehmen, Kontakte zu knüpfen sowie persönliche und berufliche Beziehungen aufzubauen. Anstatt diese Chance zu nutzen, dachte ich: „Ach, netzwerken ist doch nur für Botschafter, Diplomaten und Business-Menschen. Wer soll sich denn für mich als Praktikantin interessieren?“. Heute weiß ich: weit gefehlt! Denn beim Netzwerken geht es nicht um Position und Titel, sondern um den Menschen, seine Interessen und seine Fähigkeiten kennenzulernen! Es geht darum, Gemeinsamkeiten zu finden. Und darum, daraus etwas Spannendes zu erschaffen. Also: Mach dir keinen Stress, dass du erst was erreicht haben musst. Und nutze alle zur Verfügung stehenden Kanäle, um neue Leute kennenzulernen. Es lohnt sich!
Von Maex Ament
Berufsanfänger haben häufig die Eigenschaft, Vollgas im Job zu geben und dabei ohne Pause ein Projekt nacheinander durchzupeitschen. Genauso war ich auch, weshalb ich heute meinem früheren Ich zu „Slow down“ raten würde. Wenn man immer 120 Prozent gibt und zwischendurch nicht den Fuß vom Gas nimmt, hat man keine Zeit, strategisch über Dinge nachzudenken und neue Ideen zu entwickeln, die einfach etwas Freiraum und Abstand zum Business brauchen. Dabei bleiben viele Dinge auf der Strecke, weil keine Zeit bleibt. Als Gründer habe ich die Erfahrung gemacht, dass es total hilft und sich positiv auf das Geschäft auswirkt, wenn man zwischendrin mal einen Gang runterschaltet. Dann entwickelt man die kreativsten Ideen und fasst die besten Entscheidungen. Bis ich das für mich erkannt und auch umgesetzt habe, hat es ganze 15 Arbeitsjahre gedauert. Wer weiß, was heute wäre, wenn man sich etwas mehr Zeit zum Reflektieren genommen hätte.
Ich würde meinem jüngeren Ich und jedem sonst, der keinen Spaß mehr in seinem aktuellen Job hat, sofort dazu raten, schnellstmöglich zu wechseln. Früher habe ich Jobs, die mir keinen Spaß gemacht haben, viel länger als nötig ausgehalten, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Das hat mich langfristig nicht glücklich gemacht, was sich irgendwann auf die Qualität meiner Arbeit und natürlich enorm auf die eigene Lebensqualität ausgewirkt hat. Im Nachhinein kann ich nicht verstehen, warum ich damals mir selbst gegenüber so ignorant war, denn ohne Freude am Job kann niemand – auch ich nicht – durchweg motiviert bleiben. Daher kann ich nur davon abraten, über unnötig lange Zeit eine Tätigkeit auszuüben, auf die man ehrlicherweise keine Lust hat. Natürlich gibt es in jedem Job auch Tage, die weniger Spaß machen als andere, aber grundsätzlich muss die Freude an der Arbeit ganz oben stehen.
Von Andreas Rickmann
Eine Sache musste ich früh lernen: Es geht nicht immer alles auf, was man sich zunächst erträumt hat. Manchmal ist man zur falschen Zeit am richtigen Ort oder zur richtigen Zeit am falschen Ort. Bei meiner ersten Bewerbung an der Journalistenschule von Axel Springer bin ich beispielsweise krachend gescheitert. Für mich fühlte sich das erst wie eine herbe Niederlage an. In Wahrheit war das Scheitern aber wohl lehrreicher, als wenn man mich direkt genommen hätte. Ein Jahr später hat es dann geklappt. Was ich daraus gelernt habe: Du kannst deinen Weg nicht immer zu 100 Prozent planen. Du kannst aber erzwingen, dass der Moment kommt, an dem du zur richtigen Zeit am richtigen Ort bist. Mein Ratschlag deshalb an mein jüngeres Ich, das damals natürlich erst enttäuscht war: Sei aktiv, bring dich ein! Denn: Niemand wartet auf dich! Schlussendlich kann ich sagen, dass ich immer dann vorangekommen bin, wenn ich selbst aktiv meinen Weg gestaltet habe.

Dass Arbeitgeber gerne endgültige Formulierungen nutzen, hat Valerie Krämer als Berufseinsteigerin oft erlebt. (Foto: Opinary)
Von Valerie Krämer
„Valerie, wir freuen uns, dass wir dich nach deinem Studium bei uns halten können. Wir bieten dir für diese Stelle 2.300 Euro im Monat – das ist das Gehalt, das wir allen Absolventen anbieten. Da gibt es keinen Spielraum.“ Wenn ich einen Tipp an mein früheres Ich geben könnte, dann wäre es: „Das erste Angebot ist nie das letzte.“ Arbeitgeber nutzen gerne endgültige Formulierungen, um es besonders Mitarbeitern, die es nicht besser wissen oder jung an Erfahrung sind, so darzustellen, als gebe es keinen Verhandlungsspielraum. Das habe ich bei den ersten zwei Jobs noch so hingenommen. Heute weiß ich es besser, denn: Die wollen dich auch! Und nicht nur anders herum. Du kannst dir also sicher sein: Da geht in jedem Fall mehr. Daher: Geh selbstbewusst rein. Kenne deinen Marktwert – was verdienen andere in vergleichbaren Positionen? Und schlag im ersten Schritt immer mehr drauf als du eigentlich willst. Runter gehandelt wirst du so oder so.
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toller Beitrag. Ich brauchte lange um mein berufliches Ziel zu erreichen. Durch eine Gastronomie Jobbörse bin ich zu meinem Traumberuf gekommen und da konnte ich auch eine Karriere anstreben.