Anzeige
Anzeige
Ratgeber

Das Kaufrecht wird digital: Was Händler:innen und Hersteller:innen jetzt wissen müssen

Das Kaufrecht wird digital: Unsere Gastautor:innen zeigen die wichtigsten Änderungen auf und erläutern, welcher Handlungsbedarf für Hersteller:innen und Händler:innen jetzt besteht.

4 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige

(Foto: Shutterstock / Maxx-Studio)

Mit der Warenkaufrichtlinie und der Richtlinie zur Bereitstellung digitaler Inhalte sind durch die Europäische Union zwei Vorgaben auf den Weg gebracht worden, die den Handel mit digitalen Waren stärken und den Verbraucherschutz in diesem Bereich verbessern sollen. Da Richtlinien keine unmittelbare Wirkung für Händler:innen und Käufer:innen entfalten, müssen sie durch die Mitgliedstaaten der EU in das jeweilige nationale Recht umgesetzt werden. Die entsprechenden Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) wurden am 25. Juni 2021 mit Wirkung zum 1. Januar 2022 beschlossen.

Mit den neuen Bestimmungen soll das deutsche Kaufrecht an die Digitalisierung, speziell an den elektronischen Handel, angepasst werden. So wird ein besonderes Vertragsrecht für die Bereitstellung digitaler Inhalte und Dienstleistungen geschaffen, zu dem neu gefasste Gewährleistungsrechte, Haftungsregeln und Vorgaben für die Änderungen von Verträgen gehören.

Neue Vertragstypen: Verbrauchervertrag über digitale Produkte

Anzeige
Anzeige

Mit den Änderungen des BGB ist ein neuer Vertragstyp in das deutsche Recht aufgenommen worden: der Verbrauchervertrag über digitale Produkte. Er greift immer dann, wenn Verbraucher:innen digitale Inhalte oder Dienstleistungen gegen Entgelt erwerben. Dazu gehören Streaming-Angebote, Social-Media-, Cloud- oder SaaS-Dienste. Das Produkt muss allerdings nicht online gekauft werden, auch der Erwerb auf einem physischen Datenträger wie DVD oder USB-Stick ist erfasst.

Davon abzugrenzen sind Verträge über Waren mit digitalen Elementen, für die viele der Neuregelungen nicht gelten. Das sind zum Beispiel Digitalkameras mit Software, Smart TVs, Autos mit Navigationsgerät und andere Produkte, bei denen die Software ein wichtiger Bestandteil ist. Eine weitere wichtige Neuerung: Unter Entgelt versteht das Gesetz nun auch ausdrücklich die Gegenleistung mit Kryptowährungen wie Bitcoin oder in Form personenbezogener Daten. Letzteres betrifft also auch viele Dienste im Bereich sozialer Medien, die von ihren Nutzer:innen kein Geld verlangen.

Anzeige
Anzeige

Ein neuer Mangelbegriff

Die Bestimmungen darüber, wann eine Sache mangelhaft ist, sind mit den neuen Regelungen wesentlich umgearbeitet worden. Während zuvor die jeweilige Vereinbarung zwischen Verkäufer:in und Käufer:in dafür maßgeblich war, ob eine Sache mangelfrei und damit vertragsgemäß ist, müssen nun verschiedene subjektive und objektive Anforderungen erfüllt sein. Die subjektiven Anforderungen sind im Grundsatz dann gegeben, wenn das Produkt so beschaffen ist wie vereinbart, für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung geeignet und mit Zubehör, Anleitung und Kundendienst übergeben worden ist. Die objektiven Anforderungen sind erfüllt, wenn das Produkt sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und die übliche Beschaffenheit aufweist. Verkäufer:innen müssen also aufpassen: Da die subjektiven und objektiven Anforderungen zugleich gegeben sein müssen, kann ein Produkt selbst dann mangelhaft sein, wenn es der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit entspricht.

Anzeige
Anzeige

Für Verkäufer:innen besonders wichtig: Um den Sachmangelbegriff einheitlich zu halten und nicht unterschiedliche Mängeldefinitionen für Verbraucher- und Unternehmerverträge zu schaffen, gelten die neuen Anforderungen auch für B2B-Verträge. Trotz vielfacher Kritik und des Umstands, dass die zugrundeliegenden Richtlinien nur für Verbraucherverträge gedacht sind, müssen Verkäufer:innen die genannten Voraussetzungen auch dann umsetzen, wenn die Käufer:in ebenfalls Unternehmer:in ist.

Die Updatepflicht: Verbraucherschutz mit Unklarheiten

In diesem Zusammenhang eine besondere Rolle nimmt die neu eingeführte Update- beziehungsweise Aktualisierungspflicht für digitale Produkte ein, die auch für die digitalen Komponenten von Waren mit digitalen Elementen gilt. Die Verkäufer:in muss während eines „maßgeblichen Zeitraums“ Aktualisierungen bereitstellen, die für den Erhalt der vertragsgemäßen Beschaffenheit des Produkts notwendig sind. Das bedeutet, dass insbesondere Updates zur Funktion, zur Sicherheit und zur Kompatibilität, etwa bei neuen Versionen eines Betriebssystems, angeboten werden müssen.

Anzeige
Anzeige

Unternehmer:innen sollten hier vor allem zwei Punkte beachten: Zum einen trifft die Updatepflicht die Verkäufer:in, und zwar unabhängig davon, ob sie dazu (im Gegensatz zu Hersteller:innen) in der Lage ist. Das Verhältnis zwischen Verkäufer:in und Hersteller:in ist insoweit nicht geregelt worden – es empfiehlt sich daher sowohl für Verkäufer:innen als auch für Hersteller:innen, vertragliche Vereinbarungen zur Absicherung der Updatepflicht zu treffen, etwa indem die Hersteller:innen sich gegenüber den Käufer:innen im Rahmen von Nutzungsverträgen zugleich zur Bereitstellung von Sicherheitsupdates verpflichten. Zum anderen ist nicht geregelt, was das Gesetz unter dem „maßgeblichen Zeitraum“ versteht, in dem die Updates bereitgestellt werden müssen. Der Gesetzgeber berief sich darauf, dass eine Konkretisierung, also beispielsweise eine Updateverpflichtung für die Lebensdauer eines Produkts, nicht von der Richtlinie gedeckt gewesen sei. Daher ist zu erwarten, dass Gerichte diese Konkretisierung im Einzelfall vornehmen werden.

Unklar ist in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob Käufer:innen beziehungsweise Nutzer:innen von der Hersteller:in zur Installation oder Duldung von (automatischen) Updates verpflichtet werden können (im Sinne eines Zwangsupdates). Zwar sollen die Nutzer:innen nach der neuen Gesetzeslage die Wahl haben, ob sie ein von Hersteller:innnen angebotenes Update installieren. Da das Unterlassen der Installation von Updates aber auch mit erheblichen Risiken verbunden sein kann (Beispiel: Brandgefahr durch Batterien mit fehlerhafter Wärmemanagement-Software), erscheint es jedenfalls in diesen Fällen sachgerecht, eine Updatepflicht der Nutzer:in vereinbaren zu dürfen.

Fazit

Mit den Gesetzesänderungen ist, wie in den Richtlinien vorgesehen, ein „digitales Kaufrecht“ geschaffen und der Verbraucherschutz in diesen Bereichen gestärkt worden. Für Händler:innen, die digitale Produkte und Waren mit digitalen Elementen verkaufen, besteht aus verschiedenen Gründen Handlungsbedarf.
Aufgrund der neuen Updatepflicht sollten sich Verkäufer:innen diesbezüglich so weit wie möglich durch eigene vertragliche Regelungen mit den Herstellern absichern. Überdies sollten aktuell verwendete AGB und Vertragsmuster mit Blick auf die neuen Regelungen überprüft und angepasst werden. Zuletzt kann es sich in besonderen Fällen lohnen zu prüfen, ob die angebotenen Produkte auch nach dem neuen Mangelbegriff weiterhin als vertragsgemäß anzusehen sind, gerade auch im B2B-Bereich.
Da zukünftig zudem die Klärung offener Fragen durch die Rechtsprechung zu erwarten ist, beispielsweise zu der Frage was im Einzelfall der „maßgebliche Zeitraum“ für die Updatepflicht sein wird, empfiehlt es sich für betroffene Unternehmen, die weiteren Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Schreib den ersten Kommentar!
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige