Der bevorstehende Rauswurf der neuen E-Mail-App Hey des Unternehmens Basecamp aus Apples App-Store schlägt hohe Wellen. Basecamp-Gründer und CTO David Heinemeier Hansson hatte Apples Vorgehen auf Twitter mit Mafiamethoden verglichen und mit aggressiver Rhetorik sicherlich nicht zur Deeskalation beigetragen.
Apple will Hey-App aus App-Store werfen, Entwickler reagieren wütend
Hintergrund des drohenden Rauswurfs der Hey-App ist nach Aussage von Heinemeier Hanson das Fehlen der Möglichkeit, innerhalb der App ein zahlungspflichtiges Abo für den E-Mail-Dienst abzuschließen. Basecamp hatte darauf verzichtet, um Apple nicht 30 Prozent der über die App potenziell zu akquirierenden Abo-Gebühren abtreten zu müssen. So habe Basecamp, wie es in der Vergangenheit schon viele andere Unternehmen – darunter Amazon, Spotify oder Netflix – aus dem gleichen Grund getan hatten, in der App komplett auf die Erwähnung des kostenpflichtigen Abos verzichtet.
„Wir haben mit der iOS-App alles getan, was wir tun sollten. Ihr könnt kein Konto eröffnen, weil Apple dazu Nein sagt. Wir erwähnen keine Abonnements. Ihr könnt nicht upgraden. Ihr könnt nicht auf die Rechnung zugreifen. Wir haben das alles getan! Das war nicht genug“, äußert der offenbar frustrierte Heinemeier Hansson auf Twitter. Was ihn dabei besonders zu irritieren scheint, ist, dass Basecamp schon seit Jahren unter Einhaltung derselben Regeln im App-Store erhältlich ist, die gleiche Vorgehensweise nun aber bei Hey offenbar nicht ausreiche.
Apples Phil Schiller steht hinter Rauswurf
Techcrunch hat nun Apple-Manager Phil Schiller zu seiner Sicht der Dinge befragt. Der bestätigt im Großen und Ganzen die Fakten, ergänzt aber einige wichtige Aspekte. So geht es Apple laut Schiller nicht vorrangig um die entgehende Provision. Apple habe in der Vergangenheit immer wieder Ausnahmen von dieser generellen Regelung zugelassen.
Im Fall der Hey-App bestünde das Problem vielmehr darin, dass die App ohne ein Abo absolut nichts tue. Die Nutzer installierten eine App, starteten sie und es passiere nichts. Erst wenn die Nutzer dann ein kostenpflichtiges Abo auf der Hey-Website abgeschlossen hätten, erwache die iOS-App zum Leben. Solche Apps wolle Apple nicht im App-Store haben, bekräftigt Schiller.
Ausnahmen möglich, aber eher für Reader- oder Player-Apps
Bei Apps, für die bislang schon Ausnahmen zugelassen worden waren, hätte es sich durchweg um solche gehandelt, die auch ohne eine zahlungspflichtige Handlung funktionieren. Immerhin hätten sie noch als Lesegeräte wie bei der Kindle-App oder als Medienplayer wie bei der Spotify-App verwendet werden können. Die Hey-App hingegen sei vollkommen nutzlos.
Er verstehe zwar, dass vor allem die initiale Aufnahme der App mit dem nun drohenden Rauswurf die Stimmung angeheizt habe, verweist jedoch darauf, dass schon die Erstaufnahme gar nicht hätte erfolgen dürfen. Laut Schiller sei die Hey-App ein Musterbeispiel.
In ihr zeige sich der Grund, warum Apple von Entwicklern verlangt, dass sie die gleichen Zahlungsmöglichkeiten, die sie ansonsten anbieten, auch in der App zur Verfügung stellen. Nur so könne Verwendern eine positive Nutzererfahrung garantiert werden. Immerhin erwarte wohl niemand, dass eine installierte App nach dem Start nichts tut.
Schiller schlägt Basecamp alternative Vorgehensweisen vor
Den Vorwurf der Provisionsorientiertheit der eigenen Vorgehensweise weist Schiller ausdrücklich zurück. Immerhin habe Basecamp verschiedene Möglichkeiten, kreativ mit dem Erfordernis umzugehen. So könnte das Unternehmen etwa mit unterschiedlichen Preisen in der App und auf der Website arbeiten, um Nutzer vom Abschluss an einem bestimmten Ort zu überzeugen.
Auch denkbar wäre die Bereitstellung einer kostenlosen Version mit eingeschränkter Funktionalität. Wer aber nur einen Bezahlservice ohne weitere Optionen biete, müsse sich eben an die strikten Regeln des App-Stores mit letzter Konsequenz auch halten. Daran will Schiller nicht rütteln.
Für die Hey-App gibt es also nur dann Hoffnung, wenn sich deren Entwickler kreativer im Umgang mit den App-Store-Regeln zeigen. Immerhin ist damit ein Verbleib der App im Store durchaus möglich, was auch Schiller gegenüber Techcrunch ausdrücklich betont.
App-Store-Regeln: EU-Kommission leitet Untersuchungsverfahren ein
Anbieter kostenpflichtiger Abonnements kritisieren Apple seit geraumer Zeit dafür, dass sie Apple für Abo-Abschlüsse 30 Prozent der Einnahmen abgeben müssen. Spotify hatte deswegen bereits im März 2019 Beschwerde bei der EU eingereicht und dem kalifornischen Unternehmen Wettbewerbsverzerrung vorgeworfen. Während der schwedische Anbieter 30 Prozent der Einnahmen an den iPhone-Konzern abgeben müsse, fielen diese Kosten für dessen Konkurrenzdienst Apple Music nicht an, so Spotify.
Am Dienstag, den 17. Juni 2020, hat nun die EU-Kommission reagiert und eine kartellrechtliche Untersuchung eingeleitet. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager will jetzt prüfen, ob die App-Store-Regelung mit dem europäischen Kartellrecht vereinbar ist. Darüber hinaus prüft die EU in einem zweiten Verfahren, ob Apple zusätzlich mit seinen restriktiven Vorgaben zum mobilen Bezahlen gegen das europäische Wettbewerbsrecht verstößt.
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